Vorgaben, Infrastruktur, Steuern: Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), appelliert an die Politik, den Unternehmen mithilfe dieser Ansatzpunkte Unterstützung beim Weg aus der aktuell höchst schwierigen wirtschaftlichen Lage zu signalisieren.
Adrian: Wir brauchen eine "Wirtschaft First"-Agenda
Mit drei Sofortmaßnahmen Zeichen gegen die Krise setzen"Die Wachstumsinitiative der Bundesregierung enthält eine ganze Reihe von sehr sinnvollen und längst überfälligen Maßnahmen", sagte Adrian der "Rheinischen Post". Das reiche aber bei Weitem nicht aus, um Deutschland wirtschaftlich wieder richtig voranzubringen.
"Wir erleben gerade Verlagerungen ins Ausland, weniger Industrieproduktion im Inland, Geschäftsaufgaben und steigende Insolvenzzahlen", skizzierte der DIHK-Präsident die Lage. "Außerdem ein sinkendes Interesse an der Gründung oder Übernahme von Unternehmen. Lauter können Weckrufe kaum sein."
Er erinnerte daran, dass es zwei Jahre in Folge mit sinkendem Bruttoinlandsprodukt nur einmal in der deutschen Nachkriegsgeschichte gegeben habe – vor mehr als 20 Jahren. "Die damalige Bundesregierung hatte deshalb die Agenda 2010 aufgesetzt", so Adrian. "Mit einem ähnlichen Anspruch muss die Politik jetzt noch mal ran – 'Wirtschaft First' muss das Motto lauten. Denn eine gut laufende Wirtschaft ist zwar nicht alles, aber ohne sie können wir die vielen Veränderungen in unserem Land nicht schultern."
Runter mit Bürokratie und Strompreisen
Die Bundesregierung spare in ihrer Wachstumsinitiative bislang einen zentralen Aspekt der aktuellen Krise aus: die Sicherheit und die Kosten der Energieversorgung, kritisierte der DIHK-Präsident: "Allein für Strom zahlen deutsche Mittelständler inklusive Steuern, Netzentgelten und Umlagen viermal so viel wie ihre Wettbewerber in anderen Industrieländern. Und auch wenn es viele nicht mehr hören wollen, beim Thema Bürokratie kann es auf absehbare Zeit nur eine Richtung geben: Runter, runter, runter!"
Sein Vorschlag: drei spürbare Sofortsignale, mit denen die Politik hierfür ein Zeichen setzen könnte:
- Abbau von Belastungen – vor allem in der Energiepolitik:
Die Vorgaben des EU Green Deal müssen drastisch reduziert werden. Das Energieeffizienzgesetz und das Gebäudeenergiegesetz dürfen in der bisherigen Form nicht weiterbestehen. Anreize für technologische Innovationen statt Detailregelungen sind der richtige Weg. Umfangreiche Nachhaltigkeitsberichtspflichten und bürokratische Belastungen an den EU-Außengrenzen helfen dem Klima nicht – Hauptziel muss ein internationaler Klimaclub gemeinsam mit den anderen großen Wirtschaftsregionen sein. - Erleichterungen bei Infrastruktur:
Bund und Länder müssen ihren Pakt für Beschleunigung von Genehmigungsverfahren endlich kurzfristig komplett umsetzen. Die längst überfällige Reform des Vergaberechts muss vor allem Infrastrukturleistungen drastisch vereinfachen – statt neue Vorgaben bei öffentlichen Aufträgen zu machen. - Unternehmenssteuerreform jetzt:
Wir brauchen starke wie einfache Anreize für mehr Investitionen. Eine investitionsfreundliche Unternehmenssteuerreform mit einfachen Regeln ist überfällig, um den Nachteil deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb endlich zu reduzieren. Erste schnelle Entlastungsschritte kann der Bund alleine beschließen: die komplette Abschaffung des Soli, den aktuell vor allem die Wirtschaft noch finanziert, und die Übernahme der Netzentgelte, die auf dem Strompreis liegen, durch den Klima- und Technologiefonds (KTF).
Ohne Wirtschaft ist vieles nichts
"Unternehmerinnen und Unternehmer brauchen schnelle Verbesserungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die auch wirklich in den Betrieben ankommen", fasst Adrian zusammen. "Die Politik muss die Wirtschaft wieder ganz oben auf die Prioritätenliste setzen. Egal ob Regierung oder Opposition, Bundestag oder Bundesrat, EU-Kommission oder Europaparlament. Denn ohne Wirtschaft ist auch vieles andere nichts. Ohne Wachstum und Wohlstand erreichen wir weder Klimaneutralität noch eine gute Infrastruktur. Auch können wir mit wirtschaftlicher Stagnation unsere Bildungspolitik und Sozialleistungen nicht finanzieren."
Die Betriebe sähen sich in den vergangenen Jahren immer weiteren Auflagen, Regulierungen und Kosten gegenüber, warnte der DIHK-Präsident. "Das alles hat die Spielräume für Kreativität und unternehmerisches Engagement immer weiter verengt. Wir alle werden uns in den kommenden Jahren mehr anstrengen und mehr arbeiten müssen, um auf einen positiven Pfad für unser Land zu kommen."
Adrian: "Als Wirtschaft stehen wir zu unserer Verantwortung. Wir werden uns mit unseren Belegschaften dafür einsetzen, unserem Wirtschaftsstandort wieder zu neuer Stärke zu verhelfen. Dafür aber brauchen wir Rückenwind aus der Politik statt Gegenwind."