Angesichts alarmierender Wirtschaftsdaten hat Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), spürbare Entlastungen der Betriebe von unnötiger Bürokratie gefordert. "Hier gibt es einen großen Ballast, von dem die Politik die Unternehmen sehr schnell befreien könnte."
"Die Politik sollte jetzt etwas Ruhe einkehren lassen", sagte der DIHK-Präsident in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Wir haben im Moment die Situation, dass eine Firma ständig aus Brüssel, aus Berlin oder auch aus den Bundesländern mit neuen Verordnungen, Rechtsvorschriften, Maßnahmen, Gesetzen konfrontiert wird."
Die aktuelle Wirtschaftslage beschrieb Adrian so: "Deutschland ist in einer Rezession. Wir sind eines der wenigen Länder in Europa, die wieder unter dem Vor-Corona-Niveau bei der Wirtschaftsleistung sind. Das ist ein Alarmsignal."
Verunsicherung bewirkt Investitionszurückhaltung
Vor allem bei mittelständischen Unternehmen sei die Stimmung teilweise sehr schlecht. "Es gibt eine große Investitionszurückhaltung. Wir liegen im Moment noch ganz deutlich mit den Ausrüstungsinvestitionen auf dem Stand vor Corona 2019. Eigentlich müssten wir einen deutlichen Impuls erfahren, weil Corona vorbei ist. Dass dieser Effekt bislang ausbleibt, ist bedenklich."
Als Beispiel für die Verunsicherung der Unternehmen führte der Präsident die Energiewende an: Welche Rolle Gas noch als Übergangstechnologie spiele, bis es zu einer CO2-freien Energieversorgung komme, sei unklar: "Wir haben bisher keinen grünen Wasserstoff. Wir haben auch keinen grünen Strom in der Weise, dass sich Firmen damit verlässlich und günstig versorgen können." Vieles in den derzeit in Berlin und Brüssel auf den Weg gebrachten Klima- und Energiegesetzen sei überflüssig, kritisierte Adrian. "Komplexe Vorgaben behindern meist sogar erforderliche Fortschritte, weil sie kreative Konzepte durch zu viel staatliche Planung einschränken."
Unternehmen zieht es ins Ausland
Gleichzeitig stelle die DIHK über die Auslandshandelskammern eine große Nachfrage nach außereuropäischen Standorten in Nord- und Südamerika sowie Asien fest, berichtete er. Grundsätzlich sei es gut, Standbeine in mehreren Märkten zu haben und deshalb auch dort zu investieren. "Was die Politik in Berlin und Brüssel aber umtreiben sollte: Deutlich mehr deutsche Unternehmen investieren inzwischen hauptsächlich aus Kostengründen in anderen Regionen, in anderen Ländern. Auf Dauer führt das zu einer schleichenden Verlagerung. Das hat natürlich Auswirkungen auf Jobs in Deutschland. Denn hier können wir auch Branchen dauerhaft verlieren."
"Es geht erst einmal bergab mit der Konjunktur"
Anzeichen für einen breiten Aufschwung in Deutschland fehlten weiterhin, resümierte Adrian. "Wir werden im zweiten Halbjahr wohl einen massiven Einbruch in der Bauwirtschaft erfahren." Das werde negative Folgen für die gesamte Wirtschaft haben. "Es geht erst einmal bergab mit der Konjunktur. Wir brauchen aber enorme Fortschritte, um unseren Wohlstand zu sichern."
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Benjamin BaykalReferatsleiter Wirtschaftspolitische Positionen, Bürokratieabbau