Um die Krisenvorsorge und die Instrumente der Krisenbewältigung zu stärken, soll der Bundestag der Bundesregierung im EnSiG, das aus dem Jahr 1975 stammt, neue Verordnungsermächtigungen einräumen und bestehende präzisieren. Dabei sind auch Regelungen vorgesehen, die mit Blick auf die europäische SoS-Verordnung einen "schnellen und praktikablen Vollzug bei Solidaritätsersuchen an Deutschland gewährleisten".
So will die Ampel-Koalition mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung unter anderem ausschließen, dass unklare Einfluss- und Rechtsverhältnisse die Betreiber kritischer Infrastrukturen an der Ausübung ihrer Versorgungsaufgaben hindern.
Enteignung und sprunghafte Preisanpassungen möglich
Im Gesetzentwurf vorgesehen ist die Möglichkeit einer Treuhandverwaltung über Unternehmen der kritischen Infrastruktur und als "ultima ratio" auch die Möglichkeit einer Enteignung.
Darüber hinaus sollen nach dem Willen des Gesetzgebers Preisanpassungen bei verminderten Gasimporten und großen Preissprüngen möglich sein: Alle Versorger "entlang der Lieferkette" sollen nach Ausrufung der Gas-Alarm- oder Notfallstufe das Recht haben, "ihre Gaspreise gegenüber ihren Kunden auf ein angemessenes Niveau anzupassen".
Öffentliche Anhörung am 9. Mai
Anlässlich einer öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschusses für Klimaschutz und Energie am 9. Mai hat auch der DIHK eine Stellungnahme zu dem Gesetz abgegeben. Als geladener Sachverständiger vor Ort: Sebastian Bolay, DIHK-Bereichsleiter Energie, Umwelt, Industrie.
Vor dem Hintergrund, dass die Unternehmen jederzeit auf eine sichere Energieversorgung angewiesen sind, sieht der DIHK in dem Gesetzentwurf einen "grundsätzlich geeigneten" Weg, um die Versorgungssicherheit auch im Krisenfall so weit wie möglich zu gewährleisten.
DIHK befürchtet "erhebliche Rechtsunsicherheit"
Auf Grundlage der bislang eingegangenen Äußerungen von Industrie- und Handelskammern und seiner wirtschaftspolitischen/europapolitischen Positionen mahnt der DIHK jedoch eindeutigere Regelungen an. Mehrere Bestimmungen des Gesetzentwurfs seien unklar und würden "zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen". Dazu zählt er insbesondere die Verfahren für die treuhänderische Verwaltung und Enteignung.
"Eingriffe in Eigentum sollten immer nur im absoluten Notfall erfolgen, wenn kein milderes Mittel mehr zur Verfügung steht", heißt es in der DIHK-Stellungnahme zum Gesetzentwurf. Entsprechend sei eine Kontrolle durch den Bundestag wünschenswert.
Belange der Unternehmen angemessen berücksichtigen
Auch sollte nach Einschätzung des DIHK der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stärker beachtet werden; insbesondere müssten die Belange der Energie verbrauchenden Unternehmen angemessen berücksichtigt werden. Schließlich sei es im Krisenfall für die Versorgung des Landes existenziell, dass lebensnotwendige Güter weiter hergestellt werden könnten.
Die Weitergabe sprunghaft steigender Gaskosten über die Lieferkette an Letztverbraucher sei zwar verständlich, könne aber in der Konsequenz zu Unternehmensschließungen führen. Der DIHK schlägt daher vor, Gaslieferanten direkt zu stützen oder zumindest über ein Stufenmodell der Kostenweitergabe nachzudenken.
Im Vorfeld der Anhörung hat der DIHK diese Stellungnahme zum Thema abgegeben:
DIHK-Stellungnahme vom 6. Mai zum Gesetzentwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes 1975 und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften (PDF, 148 KB)
Der Gesetzentwurf steht auch zum Download bereit auf der Website des Deutschen Bundestages.