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Für Indien ergibt sich "kein absolut ermutigendes Gesamtbild"

DIHK attestiert dem Markt aber großes Potenzial
Frachter mit der Aufschrift "made in India" wird beladen

Der Subkontinent ist ein zunehmend wichtiger Handelspartner

© Jiraroj Praditcharoenkul / iStock / Getty Images Plus

Die Indien-Reise von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vom 20. bis zum 22. Juli führt in einen gewaltigen Markt, der für Deutschland immer wichtiger wird. Die Wirtschaft verfolgt den ersten Indien-Besuch eines Bundeswirtschaftsministers seit 2012 mit gemischten Erwartungen.

Volker Treier sitzend gestikulierend 2022

Volker Treier

© DIHK / Werner Schuering

Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), schreibt Indien "beträchtliche Potenziale" zu. Dennoch ergebe sich "kein absolut ermutigendes Gesamtbild", sagte er auf Medienanfrage.

"Zu erwarten, dass Indien innerhalb weniger Jahre China als Wirtschaftspartner Europas ersetzen könnte, wäre überzogen." Denn trotz der Versuche der Modi-Regierung, durch Liberalisierung Wachstumskräfte zu entfalten, weise Indien noch immer Tendenzen zu einer protektionistischen Politik auf: "Alles in allem sind die Resultate gemischt. In letzter Konsequenz fehlt es häufig an Entschlossenheit."

Hohe Hürden etwa beim Zoll

Die indischen Zoll- und Fiskalbehörden bauten "immer wieder Hürden auf", kritisierte Treier. Indien erhebe Zölle von durchschnittlich 13 Prozent, im Einzelfall sogar von bis zu 150 Prozent. Und: "Es ist derzeit wenig Bereitschaft erkennbar, daran grundsätzlich etwas zu ändern." Insbesondere Zölle auf elektronischen Datentransfer seien "Gift", so der DIHK-Außenwirtschaftschef. Zuletzt habe sich Indien in dieser Frage geöffnet, "allerdings gilt diese Festlegung zunächst nur bis Februar 2024. Man wird sehen müssen, ob das ein echter Kurswechsel ist."

Darüber hinaus gestalteten sich Nachweisprozesse etwa für Ursprungszeugnisse oder Lizenzen schwierig. "Die Unternehmen verlieren viel Zeit, der Kostenaufwand ist beträchtlich. Alles in allem steckt noch viel Sand im Getriebe einer überbordenden Bürokratie."

Handelsabkommen wäre "absolut wichtig"

Ein Freihandelsabkommen Europas mit Indien sei aus Sicht der deutschen Wirtschaft "ein absolut wichtiges Projekt", stellte Treier klar. "Allerdings ist es aus unserer Sicht eher illusorisch, dass sich das bis Ende 2023 hinbekommen lässt." Ein starkes Signal wäre zunächst ein Investitionsschutzabkommen der EU mit Indien. "Das Mobilitäts- und Integrationsabkommen, das Bundesaußenministerin Annalena Baerbock Ende vergangenen Jahres mit ihrem indischen Amtskollegen vereinbart hat, ist ein Beleg dafür, dass es in der deutsch-indischen Zusammenarbeit durchaus Fortschritte gibt."

Schoder-Steinmüller: "einzigartige Kombination"

Kirsten Schoder-Steinmueller

Kirsten Schoder-Steinmueller

© DIHK / Nils Hasenau

Begleitet wird Minister Habeck auf seiner Reise von einer Wirtschaftsdelegation, der unter anderem DIHK-Vizepräsidentin Kirsten Schoder-Steinmüller angehört. Nach ihrer Einschätzung bietet Indien "eine einzigartige Kombination aus Marktgröße, Marktpotenzial und Talentpool".

Deutsche Unternehmen vor Ort bewerteten Geschäftslage und -erwartungen überdurchschnittlich gut, berichtete sie in einem Interview, und auch hierzulande werde Indien zunehmend als Eckpfeiler globaler De-Risking-Strategien gesehen.

"Allerdings stehen Investoren in Indien immer noch vor großen Herausforderungen", räumte Schoder-Steinmüller ein. Allen voran nannte sie Bürokratie und ein komplexes regulatorisches Umfeld. "Hier hat Indien weiterhin große Nachteile gegenüber einem wirtschaftlichen Engagement in China."

Unternehmen erwarten Signale

Von der Indien-Reise des Ministers erhofften die deutschen Unternehmen "insbesondere Signale in Richtung Freihandels-Verhandlungen zwischen Indien und der EU", berichtete die DIHK-Vizepräsidentin. "Wichtiger Inhalt der Gespräche mit der indischen Regierung sollten Wege zu einem ehrgeizigen Abkommen sein, das Zölle abschafft, den Beschaffungsmarkt im Lande sowie den Dienstleistungshandel in relevanten Branchen öffnet. Ein solches Abkommen sollte ebenfalls geistiges Eigentum schützen und unbürokratische Zoll- wie Ursprungsregeln vorsehen."

Die deutsche Wirtschaft erwarte zudem eine Intensivierung der Zusammenarbeit bei erneuerbaren Energien sowie grünem Wasserstoff. "Auch spielt die Fachkräftemigration eine wichtige Rolle. Hier müssen vor allem die Einreise für indische Fachkräfte nach Deutschland erleichtert und die Wartezeiten für die Erteilung der Visa erheblich verkürzt werden", forderte Schoder-Steinmüller.

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Katharina Wittke Referatsleiterin Süd- und Südostasien, Pazifik | APA: Australien und Asien-Pazifik-Konferenz der Deutschen Wirtschaft (APK)

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