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Globale Mindeststeuer sollte erheblich vereinfacht werden

DIHK benennt vor dem Start Anfang 2024 notwendige gesetzliche Änderungen
Manager-Meeting am Tisch

Das neue Besteuerungssystem stellt die Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen

© Mlenny / E+ / Getty Images

Die globale Mindeststeuer, die zum 1. Januar 2024 in Deutschland in Kraft treten soll, wird die Komplexität der Unternehmensbesteuerung deutlich erhöhen. Die DIHK fordert konkrete Vereinfachungen, damit die betroffenen Unternehmen das neue Besteuerungssystem rechtssicher und mit vertretbarem Verwaltungsaufwand handhaben können.

Mit dem aktuell im Bundestag diskutierten Gesetzentwurf wird eine im Dezember 2022 verabschiedeten EU-Richtlinie umgesetzt. Es geht dabei um eine globale effektive Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union. Zuvor hatten sich im "OECD/Inclusive Framework" 143 Staaten darauf verständigt, sicherzustellen, dass große Unternehmen (Geschäftseinheiten von Gruppen mit Jahresumsätzen ab 750 Millionen Euro) weltweit mit effektiv mindestens 15 Prozent besteuert werden.

Eingeführt wird ein zusätzliches Besteuerungssystem, das mit unterschiedlichen Ergänzungssteuern die Mindestbesteuerung sicherstellen soll. Mit den neuen Regelungen geht eine Reihe von neuen Zuständigkeiten, neuen Verfahrensschritten und neuen Befolgungspflichten einher. Damit erhöht sich die Komplexität der Unternehmensbesteuerung ganz erheblich, insbesondere deshalb, weil die zusätzlichen Steuerpflichten auf der Basis handelsrechtlicher Rechnungslegungsstandards wie beispielsweise IFRS und US-Gaap definiert werden.  

Unternehmensbesteuerung wird noch komplizierter

Die für Höhe und Struktur der Mindeststeuer maßgeblichen Szenarien hängen vom Sitz der Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe ab. Dem Gesetzentwurf zufolge müssen in der Praxis etwa 450 deutsche Muttergesellschaften jeweils rund 250 neue Datenpunkte ermitteln und hierfür neue komplexe innerbetriebliche Informations- und Controlling-Prozesse sowie separate Buchführungssysteme aufbauen. Das bedeutet einen immensen zusätzlichen Ressourceneinsatz, wobei die erforderlichen Accounting- und IT-Experten auf dem Arbeitsmarkt kaum mehr zur Verfügung stehen.

Der Gesetzentwurf beziffert die Implementierungskosten der Unternehmen auf insgesamt rund 750.000 Euro – etwa für Lizenzen, konzernweite Datenmanagementsysteme, Monitoring von Rechtsänderungen in allen Staaten, Steuerberechnungen und Erklärungspflichten. Dies liegt damit nach Einschätzung der DIHK noch im unteren Spektrum. Zudem dürften die gesamten volkswirtschaftlichen Kosten des Gesetzes um Vielfaches höher sein, weil in den kommenden Jahren erhebliche Compliance- und hohe Opportunitätskosten entstehen.

Übergangsregelungen dringend erforderlich

Unternehmen müssen die neuen Regeln bereits zum 1. Januar 2024 umsetzen und befolgen – die verbindlichen Vorschriften werden jedoch erst im November feststehen. Darum dringt die DIHK auf Übergangsfristen; zudem sollten alle Möglichkeiten, das Gesetz zu vereinfachen, genutzt werden.

Details erläuterte Rainer Kambeck, DIHK-Bereichsleiter Wirtschafts- und Finanzpolitik, Mittelstand, bei der Sachverständigenanhörung im Deutschen Bundestag Mitte Oktober. Er stellte die fünf wichtigsten Ansatzpunkte aus Sicht der DIHK vor:

5 DIHK-Forderungen für Anpassungen des Gesetzentwurfs

Wieder in das Gesetz aufgenommen werden sollte eine Formulierung aus § 92 des Referentenentwurfs (Bußgeldvorschriften): Dort wird festgehalten, dass eine nicht rechtzeitige, formal fehlerhafte, nicht richtige oder nicht vollständige Übermittlung des Mindeststeuer-Berichts für die Übergangszeit 2024 bis 2027 nicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden soll, wenn nachweislich angemessene Maßnahmen ergriffen wurden, um solche Fehler zu vermeiden.

Begründung: Ein solcher Passus ist für Unternehmen wichtig, weil sie vollständig neue Prozesse ohne Erprobungsphase durchführen müssen. Dabei können Fehler trotz aller Sicherheitsvorkehrungen nicht ausgeschlossen werden. Zudem bestehen Rechtsunsicherheiten, da neue Rechtsbegriffe ausgelegt werden müssen, ohne dass sich hierzu schon eine Verwaltungspraxis herausgebildet hat. Die EU-Richtlinie lässt einen derartigen Handlungsspielraum zu, da Artikel 46 EU-Richtlinie nur verlangt, dass Sanktionen "wirksam, verhältnismäßig und abschreckend" sein müssen.

In § 77 des Gesetzentwurfs sollte umfassend geregelt werden, dass die Primärergänzungssteuer (PES) dann auf null reduziert wird, wenn eine im Ausland gelegene Einheit zwar dort gegebenenfalls einer Körperschaftsteuer unterhalb von 15 Prozent unterliegt, jedoch vom Ansässigkeitsstaat eine anerkannte nationalen Ergänzungssteuer erhoben wird. In diesen Fällen ist sichergestellt, dass keine Niedrigbesteuerung unterhalb 15 Prozent eintritt.

Begründung: Anforderungen an die Unternehmen sollten konsequent reduziert werden, wenn sichergestellt ist, dass – in welchem Staat und durch welche Maßnahme auch immer – die effektive Besteuerung nicht niedriger als 15 Prozent ist. Hierzu hatte die OECD mit ihrem "July Package" (Administrative Guidance on the Global AntiBase Erosion Model Rules, Pillar Two) Möglichkeiten unterbreitet.

Aufgenommen werden sollte die Formulierung, dass im Staat einer Tochtergesellschaft die Ergänzungssteuer auf null herabgesetzt wird, wenn der Staat der Muttergesellschaft eine Körperschaftsteuer von mindestens 20 Prozent erhebt.

Begründung: Die OECD hatte mit der Vorlage ihres "July Package" explizit eine übergangsweise bis 2026 geltende Safe Harbour-Regelung für Zwecke der Sekundärergänzungssteuer (SES) vorgesehen.

In § 8 AStG sollte eine Regelung dahingehend aufgenommen werden, dass Zwischengesellschaften in einem Staat mit anerkannter Ergänzungssteuer aus der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung ausgenommen sind.

Begründung: Im bestehenden Steuerrecht werden bestimmte Zwischengesellschaften der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung (HZB) unterworfen, wenn diese im Sitzstaat unterhalb der sogenannten Niedrigbesteuerungsgrenze von (jetzt) 15 Prozent besteuert werden (§ 8 Absatz 5 AStG). Erhebt jedoch ein ausländischer Staat im Rahmen der Mindestbesteuerung eine anerkannte nationale Ergänzungssteuer, werden Gewinne ohnehin auf 15 Prozent heraufgeschleust.

In den §§ 194 AO ff. sollte geregelt werden, dass es bei einer "Mindeststeuer-Außenprüfung" ausreichend ist, wenn ein geprüfter handelsrechtlicher Abschluss vorgelegt wird und ein hinreichendes Mindeststeuer-TaxCMS im Unternehmen implementiert wurde. In diesem Fall sollte nur eine entsprechende Systemprüfung vorgenommen werden.

Begründung: Für die Mindestbesteuerung wird ein neues, eigenständiges Prüfungsverfahren erforderlich. Dieses umfasst ein komplett neues, weiteres Prüfungsgebiet, da nun nicht mehr Steuerdaten, sondern Financial Accounting-Daten (HGB/IFRS/ Local GAP) und -berechnungen überprüft werden. Von der gegenwärtigen (steuerlichen) Betriebsprüfung wäre dieses schwer zu bewältigen, da zusätzliche Expertise kaum vorhanden ist.


Rainer Kambeck am Mikro

Rainer Kambeck

© DIHK / Jens Schicke

Kambeck verweist auf den Vorschlag der EU-Kommission, einige Vereinfachungen übergangsweise bis 2026 einzuführen: "Zumindest diese Vorschläge sollte man aus Sicht der Unternehmen unbedingt im laufenden Gesetzgebungsverfahren berücksichtigen. Noch besser wäre, die sinnvollen Vorschläge dauerhaft im Gesetz zu verankern."

Als Beispiel nannte er die Fälle mit Auslandsaktivitäten unter zehn Millionen Euro Umsatz und einer Million Euro Gewinn, bei denen vereinfachte Daten aus den CbCR-Reports genutzt werden könnten. Hier könne eine zusätzliche "Mindestbesteuerung" unterbleiben, so Kambeck. 

Zudem mahnt er, die Bundesregierung solle sich bei den derzeit auf OECD/IF-Ebene stattfindenden Arbeiten dafür einsetzen, dass die Mindestbesteuerung in allen beteiligten Staaten möglichst einheitlich angewandt werde und dass verpflichtende Streitbeilegungsverfahren etabliert würden.

Mehr Einzelheiten hat die DIHK auch gemeinsam mit anderen Spitzenverbänden in einer Stellungnahme an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages formuliert:

Stellungnahme Verbände Mindestbesteuerung (PDF, 538 KB)

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Guido Vogt Referatsleiter Internationales Steuerrecht, Verfahrensrecht

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Porträtbild Petra Blum, Pressesprecherin
Petra Blum Pressesprecherin