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Corona-Krise: Massive Steigerung der Strompreise vor der Tür

EEG-Umlage erneut im Zentrum der Debatte
Stromzähler mit dem Stand 84.330 kWh

Derzeit ist der Strom günstig, doch 2021 werden die Zählerstände für deutlich höhere Kosten stehen

© DieterMeyrl / iStock / Getty Images Plus

Es klingt erst einmal wie ein Lichtblick in schwierigen Zeiten. Unternehmen, die jetzt Strom einkaufen müssen, können richtig sparen. Schließlich haben sich die Preise an der Strombörse seit dem Beginn der Corona-Krise von 40 Euro je Megawattstunde auf 20 Euro halbiert. Doch in nicht allzu weiter Ferne ziehen schon wieder dunkle Wolken auf. Die DIHK-Experten Sebastian Bolay und Julian Schorpp erläutern die vielen Faktoren, die einen deutlichen Anstieg der Strompreise befürchten lassen.

Denn die nächste große Welle der Erhöhung von Umlagen und Netzentgelten steht zum Jahreswechsel an und wird die Einsparungen beim Börsenstrompreis deutlich übersteigen. Es sei denn, die Bundesregierung ergreift Gegenmaßnahmen und finanziert beispielsweise die EEG-Umlage in Teilen auch aus dem Bundeshaushalt.

Diese im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegte, von den Stromverbrauchern zu zahlende Umlage wird herangezogen, um Differenzen zwischen den gesetzlichen Vergütungszusagen an die Betreiber von Windrädern oder Solaranlagen und dem Verkaufserlös des Stroms auszugleichen. 

Die EEG-Umlage steht wie so oft im Zentrum der Debatten. Ihr Anstieg zum Jahresbeginn 2021 wird von drei Faktoren getrieben: 

  • der hohen Einspeisung erneuerbarer Stromerzeuger durch das bisher überdurchschnittlich sonnige und gleichzeitig windige Wetter in diesem Jahr, 
  • dem Rückgang der Stromnachfrage durch die Wirtschaft infolge der Coronavirus-Pandemie sowie 
  • den gesunkenen Erlösen beim Verkauf des erzeugten Ökostroms an der Strombörse. 

Sonne und Wind leeren das EEG-Konto 

Der Einfluss des Wetters auf das EEG-Konto wurde besonders im März deutlich, einem erst in den letzten Tagen vom Coronavirus geprägten Monat. War der EEG-Kontostand im März 2019 gegenüber dem Vormonat Februar noch um 300 Millionen Euro gestiegen, sank er im März 2020 binnen Monatsfrist um 500 Millionen Euro.

Grund war die zweithöchste monatliche Auszahlung aller Zeiten an die Anlagenbetreiber – und die erfolgte zu einer Jahreszeit, in der Photovoltaikanlagen in der Regel noch wenig Strom erzeugen. Sollte diese Wetterlage anhalten, wird das EEG-Konto allein dadurch ins Minus rutschen. Dieses Defizit müsste 2021 durch eine höhere EEG-Umlage ausgeglichen werden. 

Stromnachfrage und -preise sinken wegen Covid-19

Eine seriöse Wettervorhersage für ein ganzes Jahr ist nicht leistbar. Zuverlässig abschätzen lässt sich hingegen schon heute, dass die Stromnachfrage in diesem Jahr aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie um einiges niedriger sein wird als prognostiziert. Dadurch gehen dem EEG-Konto erhebliche Einnahmen verloren. 

Hinzu kommt, dass die Verkaufserlöse von Strom aus Windrädern, PV- und Biomasseanlagen aufgrund der niedrigen Strompreise unter den Erwartungen liegen werden. Diese Entwicklung führt im Umkehrschluss zu höheren Ausgaben aus dem EEG-Topf. Nach ersten Schätzungen könnte die EEG-Umlage vor diesem Hintergrund von derzeit 6,8 Cent/Kilowattstunde mindestens über 8 Cent klettern und im Extremfall auf knapp 10 Eurocent explodieren, wenn der Staat nicht gegensteuert. 

Hilft die CO2-Steuer?

Mit der Einführung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) hat die Bundesregierung angekündigt, Teile der Einnahmen aus der nationalen CO2-Bepreisung für die Finanzierung des EEG zu verwenden. Allerdings ist noch unklar, ob die Entlastung tatsächlich bereits 2021 greifen wird und wie hoch sie dann ausfällt. Klar ist: Selbst eine Senkung um 1,5 Cent/Kilowattstunde würde die EEG-Umlage im besten Fall auf dem heutigen Niveau stabilisieren. Eine wirkliche Entlastung für die Unternehmen sieht anders aus. 

Einnahmenausfälle sind im Übrigen auch bei den anderen Umlagen zu erwarten (KWK, Offshore, §19, Abschaltbare Lasten), die dann ebenfalls steigen werden. Auch die Netzentgelte dürften kräftig zulegen, da kalkulierte Einnahmen wegen rückläufiger Stromverbräuche fehlen. Erste Prognosen deuten auf einen Anstieg um 10 bis 15 Prozent hin. Die Ausfälle werden dann auch hier durch höhere Entgelte 2021 kompensiert werden müssen. 

Strompreisschock ist Gift für den Re-Start 

Die Debatte über zu hohe Strompreise wird damit spätestens, wenn im Herbst die Höhe der Umlage und der Netzentgelte bekanntgegeben wird, wieder voll entbrennen. Eines steht fest: Je länger die Coronavirus-Krise mit der Schließung ganzer Branchen dauert, desto heftiger wird der Strompreisschock 2021 ausfallen. Höhere Strompreise werden sich dann als Gift für den bis dahin hoffentlich einsetzenden wirtschaftlichen Aufschwung bei den Unternehmen erweisen. 

© DIHK

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Dr. Sebastian Bolay Bereichsleiter Energie, Umwelt, Industrie

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Porträtfoto Josephine Möslein
Josephine Möslein Referatsleiterin Europäische Energie- und Klimapolitik