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Humanitäre Hilfslieferungen in die Türkei

Informationen und Hinweise für IHKs und Unternehmen
Brennende und umgeworfene Container im Hafen von Hatay

Angesichts der durch das Erdbeben verursachten Schäden ist – wie hier im Hafen von Hatay – auch die Logistik in der Türkei empfindlich beeinträchtigt

© Anadolu Agency / Getty Images

Die Tragödie im Erdbebengebiet in der Türkei und Syrien hat in der gesamten Welt Erschütterung ausgelöst. Rund 43.000 Opfer hat das Erdbeben bislang gefordert, die Zahl wird stetig nach oben korrigiert. Umso dringlicher ist die Unterstützung der Überlebenden und der Helfer, die unter erschwerten Bedingungen arbeiten. Die Hilfsbereitschaft auch unter deutschen Unternehmen ist enorm. Wenn auch Sie sich engagieren möchten, finden Sie im Folgenden zahlreiche Informationen.

Kooperationsprojekte

Bei einem Austausch zwischen der DIHK, der AHK Türkei, den IHKs und dem türkischen Botschafter Ahmet Başar Şen am 2. März wurden zahlreiche Möglichkeiten besprochen, wie sich IHKs und Mitgliedsunternehmen im Rahmen von Kooperationsprojekten zur Unterstützung der Türkei engagieren können. Die Bandbreite einer möglichen Zusammenarbeit reicht vom Wiederaufbau von Kitas, Schulen und Krankenhäusern bis hin zu gemeinsamen Bildungskooperationen. Interessierte Unternehmen und IHKs werden gebeten, sich zwecks Koordinierung mit der AHK Türkei in Verbindung zu setzen.

Geldspenden

Grundsätzlich sind Geldspenden bei humanitären Katastrophen am sinnvollsten, da die vor Ort tätigen Hilfsorganisationen am besten abschätzen können, was in welcher Menge benötigt wird. Dies hat der türkischer Botschafter bei dem Austausch mit DIHK, AHK und IHKs noch einmal bekräftigt.

Die AHK Türkei informiert umfassend über die Möglichkeiten, für die Erdbebenopfer in der Türkei zu spenden. Sie hat zahlreiche Informationen darüber zusammengetragen, was bei Spendenaktionen zu beachten ist. Auch das Deutsche Zentralinstituts für Soziale Fragen (DZI), das das Spendensiegel vergibt, liefert Hinweise auf besonders förderungswürdige Hilfswerke und Tipps zum sicheren Spenden.

Sachspenden

Mit Unterstützung der DIHK und der Außenhandelsvereinigung des Deutschen Einzelhandels (AVE) hat zudem der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) folgende Informationen hinsichtlich der praktischen Durchführung von Hilfslieferungen in die Türkei zusammengestellt:

1. Koordination durch das türkische Generalkonsulat

Laut Botschaftsangaben vom 2. März werden inzwischen vor allem provisorische Unterkünfte, Medikamente, medizinische Geräte sowie Anlagen zur Wasseraufbereitung benötigt. Informationen darüber, welche materielle Hilfe genau gebraucht wird und wie Unternehmen gezielt helfen können, erteilen das türkische Generalkonsulat und die türkische Botschaft in Berlin. Beide Institutionen bitten um schriftliche Anfragen an konsulat.berlin@mfa.gov.tr beziehungsweise botschaft.berlin@mfa.gov.tr. Telefonische Rückfragen sind unter +49 30 27898034 möglich.

Eine Liste aller türkischen Generalkonsulate in Deutschland finden Sie auf der Website des Auswärtigen Amtes.

2.  Genehmigungspflicht für Straßengütertransporte in die Türkei (bilateral, CEMT)

Unternehmen, die auf eigene Rechnung einen Hilfstransport in die Krisenregion organisieren wollen, müssen eigentlich (auch wenn es sich um Hilfsgüter handelt) das CEMT-Genehmigungsverfahren beachten. CEMT-Genehmigungen für Hilfstransporte in die Türkei sind nach § 2 Abs. 1 GüKKostV kostenfrei (vergleiche GüKKostV 1998 – Kostenverordnung für den Güterkraftverkehr).

Aufgrund einer Ausnahmeregelung von türkischer Seite sind für Hilfssendungen aus der EU jedoch aktuell keine türkischen Transportgenehmigungen oder CEMT-Genehmigungen erforderlich. Unternehmen können sich bei der Einreise in die Türkei auf den "Code 10" berufen, der die "Beförderung von Medikamenten, medizinischer Ausrüstung und anderen Hilfsgütern in Notfällen, insbesondere bei Naturkatastrophen" von der Genehmigungspflicht befreit. Es sollte dringend ein Nachweis mitgeführt werden, mit dem belegt werden kann, dass Hilfsgüter befördert werden.

3. LKW-Maut

In Deutschland besteht grundsätzlich eine Ausnahme von der Mautpflicht für Hilfsgütertransporte für Fahrzeuge, die von gemeinnützigen oder mildtätigen Organisationen zur Beförderung von humanitären Hilfsgütern, die der Linderung einer Notlage dienen, eingesetzt werden (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Bundesfernstraßenmautgesetz).

Nach Auslegung des Bundesamtes für Logistik und Mobilität (BALM, früher Bundesamt für Güterverkehr, BAG) kann diese Ausnahme auch auf private Initiativen zur Versorgung der Bevölkerung im Zusammenhang mit einer akuten humanitären Katastrophe angewendet werden, wenn folgende zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Hilfsorganisationen, Vereine, Städte, Gemeinden, Kirchen et cetera haben zu Lebensmittel- und Sachspenden für die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten aufgerufen.
  • Die Lebensmittel- und Sachspenden werden an Sammel- und Verteilungsstellen geliefert, die diese im Rahmen gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke an die notleidende Bevölkerung verteilen.

Vor diesem Hintergrund wird dringend empfohlen, die Sendungen in der Türkei an die genannten Koordinierungsstellen zu übergeben und nicht selbst in die Katastrophengebiete zu reisen.

4. Versicherung

Es wird empfohlen, mit dem Versicherer oder Versicherungsmakler zu klären, ob für die jeweilige Situation ein ausreichender Versicherungsschutz besteht.

5. Zollrechtliche Formalitäten

Bei der Beförderung von Hilfsgütern in die Türkei sind sowohl für die Ausfuhr aus der EU als auch für die Einfuhr in die Türkei Zollformalitäten zu beachten:

Das türkische Zoll- und Handelsministerium hat am 7. Februar 2023 Hinweise zum Import von Hilfsgütern in die Türkei veröffentlicht:

Güter des täglichen Bedarfs und andere Güter, die in die Türkei eingeführt werden, um kostenlos an die durch das Erdbeben geschädigten Personen verteilt zu werden, unterliegen keinen Zöllen und formalen Anmeldungen, wenn die Empfänger öffentliche gemeinnützige Einrichtungen und Organisationen sind. Hierunter fallen unter anderem:

  • AFAD
  • Ankara Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Şanlıurfa Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Kahramanmaraş Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Adıyaman Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Adana Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Hatay Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Diyarbakır Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı

Die Eröffnung eines Carnet-TIR- oder T2-Verfahrens ist nur dann erforderlich, wenn der Transport über ein Drittland wie beispielsweise Serbien erfolgt. Ansonsten genügt bei der Einfuhr in die Türkei die Vorlage des beigefügten Formulars bei der zuständigen Zollbehörde. Dieses Formular muss in Deutschland vor Transportbeginn vom türkischen Generalkonsulat oder den örtlichen Wohlfahrtsverbänden (Rotes Kreuz oder Caritas) genehmigt und mit einem Stempel versehen werden.

INFORMATIONEN ZUM   
VERKEHRSMITTEL/BEFÖRDERUNG

INFORMATIONEN ÜBER EINGEHENDE LADUNG

Landverkehr: Herkunftsland des Lkw,   
Nummernschild;
Seeverkehr: Name des Schiffs und der   
Reederei
Luftverkehr: Flugnummer

Informationen zur Ware:
 

Warenbezeichnung

Menge

Gewicht

Quelle: ticaret.gov.tr

Bitte informieren Sie sich auch über die Bekanntmachung zu den Zollverfahren von Hilfsgütern, die aus dem Ausland versandt werden

Vor der Durchführung von Hilfslieferungen mit Unionswaren in Drittländer ist zu prüfen, ob es sich bei den Hilfsgütern um genehmigungsfreie oder ausfuhrgenehmigungspflichtige Waren handelt.

1. Waren sind nicht genehmigungspflichtig

Nichtkommerzielle Hilfslieferungen und auch Sendungen von kommerziellen Gütern einschließlich solcher mit hoher humanitärer Priorität (beispielsweise zum Verkauf bestimmte Medikamente) bis 1.000 Euro beziehungsweise bis 1.000 Kilo können grundsätzlich auch im einstufigen Ausfuhrverfahren direkt an der Ausgangszollstelle, mündlich zur Ausfuhr angemeldet und gestellt werden.

Damit die mündliche Ausfuhranmeldung an den Ausgangszollstellen der EU-Grenzen möglichst reibungslos abgewickelt werden kann, ist eine Aufstellung der in der Hilfslieferung enthaltenen Waren vorzulegen. Dabei ist zu beachten, dass Güter, die Verboten und Beschränkungen unterliegen, von der mündlichen Zollanmeldung ausgenommen sind.

Vereinfachung durch Sammelnummern

Zudem gilt: Hilfslieferungen umfassen in der Regel unterschiedlichste Warenarten, für die normalerweise die jeweiligen Zolltarifnummern in die Zollanmeldungen einzutragen sind. Um diesen Prozess zu vereinfachen, können Unternehmen in der Zollanmeldung verschiedene Güter (etwa Nahrungsmittel, Hygieneartikel, Medikamente) unter der gemeinsamen Zolltarif-Sammelnummer 9919 0000 als "für Organisationen der Wohlfahrtspflege bestimmte Waren und für Katastrophenopfer bestimmte Waren" zusammenfassen. Güter, die Verboten und Beschränkungen unterliegen, sind hiervon natürlich ausgenommen.

2. Waren sind genehmigungspflichtig

Soweit die Waren oder Teile der Sendung genehmigungspflichtig sind, ist zwingend das zweistufige Ausfuhrverfahren in Deutschland zu nutzen.

Erläuterungen zur Ausfuhr in einen Nicht-EU-Staat

Es bedarf daher stets einer elektronischen Ausfuhranmeldung und der Beteiligung einer im Binnenland gelegenen Ausfuhr- und einer an der EU-Außengrenze gelegenen Ausgangszollstelle. Nach Überführung in das zollrechtliche Ausfuhrverfahren bei der örtlich zuständigen Ausfuhrzollstelle in Deutschland (erste Stufe) ist die Sendung an der Ausgangszollstelle erneut zu gestellen und die Ausfuhrdokumente (zum Beispiel das Ausfuhrbegleitdokument) beziehungsweise die Registriernummer (MRN = Movement Reference Number) sind vorzulegen (zweite Stufe).

Bei Abgabe einer elektronischen Zollanmeldung ist grundsätzlich eine EORI-Nummer erforderlich. Diese dient der Registrierung und Identifizierung von Wirtschaftsbeteiligten. Eine EORI-Nummer ist bei genehmigungspflichtigen Ausfuhren stets erforderlich, sofern eine Ausfuhrgenehmigung beim BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) beantragt beziehungsweise in Anspruch genommen wird. Bereits ab Antragstellung auf Erteilung einer EORI-Nummer ist die Abfertigung möglich.

Unter www.zoll.de gibt es Fragen und Antworten zur EORI-Nummer
sowie detaillierte Informationen für die Abgabe einer elektronischen Ausfuhranmeldung: ATLAS-Ausfuhr

Hilfestellung leisten die örtlich zuständigen Ausfuhrzollstellen, in deren Bezirk der Transport beginnt. Die zuständige Zollstelle kann hier gesucht werden: Zollstellensuche (in englischer Sprache)

Sofern Unternehmen nicht selbst über die Möglichkeit verfügen, eine elektronische Anmeldung in ATLAS abzugeben, können sie damit zum Beispiel auch eine im Außenhandel tätige Person (etwa einen Spediteur oder Zolldeklarant) beauftragen. Diese kennt die Verfahrensregelungen zum zollrechtlichen Ausfuhrverfahren und die technischen Voraussetzungen für das Senden und Empfangen von Nachrichten im IT-System ATLAS-Ausfuhr.

Alternativ kann die Ausfuhranmeldung auch über die Internetanwendung IAA-Plus abgegeben werden.

Internetzollanmeldung (IAA-Plus)

Mit der IAA-Plus besteht in Deutschland die Möglichkeit, Ausfuhranmeldungen online im Internet auszufüllen und mit einem elektronischen Zertifikat abzugeben. Mit der IAA-Plus müssen dieselben Datenelemente übermittelt werden wie mit der elektronischen Ausfuhranmeldung mittels zertifizierter Software. Weitere Informationen zu IAA-Plus: Internetzollanmeldungen

6. Praktische Abwicklung

So werden Hilfslieferungen in die Türkei beziehungsweise an den türkischen Zollstellen in der Praxis abgewickelt:

  1. Die LKW/PKW (Firmen/private Personen) kommen an die türkische Grenze.
  2. Der Fahrer informiert die türkische Zollstelle, dass es sich bei der Lieferung um Spenden/Hilfsgüter handelt. Die schriftliche Hilfsgüterliste muss an die türkische Zollverwaltung übergeben werden.
  3. Die türkische Zollverwaltung begleitet die Lkw/Pkw zur Einheit der Katastrophenschutzbehörde AFAD, die an den türkischen Zollstellen platziert sind.
  4. Das AFAD-Team kontrolliert die Hilfsgüter und Spenden anhand der Liste und nimmt sie an. Die Hilfspakete werden auf die AFAD-Transportfahrzeuge geladen und anschließend in die Katastrophengebiete transportiert. Der Weitertransport in die Katastrophengebiete mit EU-Fahrzeugen oder lokalen Fahrzeugen ist auch möglich, doch sind nur Lkw zur Weiterfahrt zugelassen. Das muss vor Ort mit AFAD abgesprochen beziehungsweise koordiniert werden.

Diese Informationen gelten für alle türkischen Zollstellen.

(Quelle: IHK zu Köln)

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Steffen Behm Referatsleiter Zoll

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Frau im Haus der deutschen Wirtschaft
Maxi Hülsen Referatsleiterin Türkei

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Porträtbild Daphne Grathwohl, Referatsleiterin Strategische Themenplanung und Qualitätssicherung
Daphne Grathwohl Referatsleiterin Mitgliederkommunikation und Interne Kommunikation | Pressesprecherin
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DZI-Spendeninfos

Besonders förderungswürdige Hilfswerke und Tipps zum sicheren Spenden gibt das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) auf einer Sonderseite zur Erdbebenhilfe im türkisch-syrischen Erdbebengebiet.

Türkische Generalkonsulate in Deutschland

Nach dem verheerenden Erdbeben haben im Südosten der Türkei zahlreiche Menschen ihr Obdach verloren. Benötigt werden jetzt etwa Winterzelte und Container, Decken und Schlafsäcke, Stromgeneratoren oder mobile Sanitäreinrichtungen. Unternehmen, die entsprechende Güter in großen Mengen liefern können, können sich an die türkischen Generalkonsulate wenden, die die Koordinierung übernommen haben. Eine Liste der Einrichtungen gibt es auf der Website des Auswärtigen Amtes.