Der weiterhin bedeutende Teil an Unternehmen, die von Liquiditätsengpässen berichten (15 Prozent) ist den anhaltenden und sich verschärfenden Lieferkettenstörungen sowie kräftig steigenden Preisen vor allem für Energie, aber auch für Rohstoffe, Vorprodukte und Logistikleistungen geschuldet. Damit geht auch eine leichte Zunahme der Unternehmen einher, die sich Forderungsausfällen gegenübersehen (acht Prozent). Etwas weniger Unternehmen als zu Jahresbeginn 2022 sehen sich von einer Insolvenz bedroht: Über die Breite der Wirtschaft sind es zwei Prozent der Betriebe. Verschlechtert hat sich für fünf Prozent der Unternehmen der Fremdkapitalzugang. Dabei gilt: Je kleiner das Unternehmen, desto kritischer stellt sich die Finanzlage dar. Finanzierungsprobleme berichten 42 Prozent der kleinen Unternehmen mit bis zu 19 Beschäftigten im Vergleich zu nur 18 Prozent der Großunternehmen ab 1.000 Beschäftigten. Für die kleinen Unternehmen stellen vor allem der Eigenkapitalrückgang (25 Prozent) und Liquiditätsengpässe (17 Prozent) eine Herausforderung dar.
Schwierigkeiten in allen Branchen
Rund ein Viertel der Bauunternehmen schätzt seine Finanzlage als problematisch ein (28 nach zuvor 27 Prozent). Der Anteil der Unternehmen, die sich einem Eigenkapitalrückgang gegenübersehen, stieg von 12 auf 15 Prozent. Über einen erschwerten Zugang zu Fremdkapital und eine insgesamt hohe Fremdkapitalbelastung berichten mehr Bauunternehmen als noch zu Jahresanfang. Besonders unter den Hochbaubetrieben hat sich der Anteil derjenigen, die bereits höhere Zinsen für ihr Fremdkapital zahlen müssen, im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt.
Bei einzelnen Industriebranchen verschärfen sich Probleme
In der Industrie berichtet unverändert ein knappes Drittel der Unternehmen von einer problematischen Finanzlage (31 Prozent). Doch gerade in der Industrie ist das Bild nach Branchen sehr unterschiedlich. Steigende Energiekosten und sich kräftig erhöhende Preise von Rohstoffen und Vorprodukten führen in einzelnen Industriebranchen zu erheblichen Belastungen. Die Differenz zwischen teurer werdender Produktion und fehlenden oder unvollständigen Möglichkeiten, die gestiegenen Preise in der Wertschöpfungskette weiterzugeben, spiegelt sich in den Bilanzen wider.
So sehen sich mehr Unternehmen als zu Jahresbeginn in der Chemischen Industrie (29 Prozent), bei den Gummi- und Kunststoffproduzenten (36 Prozent) sowie in der Metallerzeugung und -bearbeitung (41 Prozent) mit einer problematischen Finanzlage konfrontiert. Während in der Chemischen Industrie vor allem der Eigenkapitalrückgang Probleme bereitet, ist es bei den Gummi- und Kunststoffproduzenten eine Gemengelage aus Eigenkapitalrückgang, Liquiditätsengpässen und zunehmenden Forderungsausfällen. Einen starken Aufwuchs der Unternehmen, die über Liquiditätsengpässe berichten, verzeichnen industrielle Kernbranchen wie der Kraftfahrzeugbau (25 nach 12 Prozent zu Jahresbeginn). Außerdem wird für mehr Unternehmen dieser Branchen der Zugang zu Fremdkapital schwieriger und seine Kosten höher.
Im Handel bereits steigende Zinsen und mehr Forderungen nach Sicherheiten
Im Handel ist der Anteil der Unternehmen mit Schwierigkeiten bei der Finanzierung gegenüber dem Jahresbeginn 2021 mit 35 nach zuvor 36 Prozent fast unverändert hoch. Steigende Einkaufspreise und Kosten für Energie und Logistik auf der einen Seite sowie Arbeitskosten auf der einen Seite in Verbindung mit einer beschränkten sowie zeitlich verzögerten Weitergabe der Mehrkosten an die Kunden hinterlassen ihre Spuren in den Bilanzen. Stärker als andere Branchen ist der Handel bereits von steigenden Zinsen und Forderungen nach einer stärkeren Besicherung seiner Kredite betroffen.
Finanzlage bei den Dienstleistern am schwierigsten, aber Erholung sichtbar
Im Vergleich der Wirtschaftszweige ist die Finanzlage der überwiegend kleinen und mittelgroßen Dienstleister am schwierigsten. Gleichzeitig zeigt sich aber eine Erholung, nachdem nun auch dort weitestgehend Einschränkungen im Geschäftsbetrieb entfallen sind und Coronahilfen ausbezahlt werden. Nunmehr berichten 38 Prozent der Dienstleistungsunternehmen von einer problematischen Finanzlage. Zu Jahresbeginn 2022 waren es noch 43 Prozent. Weiterhin bereiten sowohl der Eigenkapitalrückgang (22 Prozent) als auch Liquiditätsengpässe (15 Prozent) den Unternehmen Sorgen. Bei den Reisevermittlern, den Gastronomiebetrieben und den Betrieben aus den Bereichen Kunst, Kultur, Erholung sind die Einschränkungen erst vor wenigen Wochen ausgelaufen. Dementsprechend kritisch ist weiterhin ihre Finanzlage. In fast jedem zweiten Unternehmen ist das Eigenkapital durch die Einschränkungen der Pandemie zurückgegangen. Risikofaktoren für ihre finanziell nachhaltige Erholung sind jetzt der Fachkräftemangel, steigende Energie- und Arbeitskosten sowie die Inlandsnachfrage, die von der Gastronomie zum Saisonstart kritischer bewertet wird als zu Jahresbeginn.
Verkehr und Logistik haben große Sorgen
Besonders angespannt fällt die Bewertung der Finanzlage im Bereich Verkehr, Logistik und Lagerhaltung aus – nahezu jedes zweite Unternehmen (48 Prozent) meldet hier Finanzierungprobleme. Häufig treffen in dieser Branche fest vereinbarte Leistungspreise auf sprunghaft gestiegene Energiekosten. Dazu kommen die Knappheiten durch Logistikstörungen wie die Überlastung internationaler Häfen sowie die mangelnde Verfügbarkeit von Containern oder schlicht Paletten. Besonders stark geändert hat sich die Finanzierungslage bei den Unternehmen des Straßengüterverkehrs. Jeder zweite Betrieb (52 Prozent) berichtet über Finanzierungsprobleme, das sind zehn Prozent mehr als noch zu Jahresbeginn. Im Fokus steht der Eigenkapitalrückgang (28 Prozent), gefolgt von Liquiditätsengpässen (22 Prozent) und steigenden Forderungsausfällen (15 Prozent). Besonders kritisch ist, dass sich auch die Möglichkeiten, Fremdfinanzierung zur Überbrückung von Engpässen und für notwendige Investitionen zu nutzen, für die Unternehmen des Straßengüterverkehrs im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert haben. Jeweils 10 Prozent der Unternehmen erfahren Finanzierungsbeeinträchtigungen durch steigende Zinsen, höhere Sicherheitsanforderungen und einen geforderten höheren eigenen Finanzierungsanteil.