Im Plenum des Europa-Parlaments in Straßburg fand der Vorschlag, die von der EU-Kommission vorgelegte Erweiterung der EU-Taxonomie um bestimmte Investitionen in Atomenergie und Gasinfrastruktur zu blockieren, keine Mehrheit. Theoretisch könnten die EU-Mitgliedstaaten noch ein Veto einlegen. Das gilt aber wegen der hohen Hürden als unwahrscheinlich. Denn es müssten sich mindestens 20 Länder zusammenschließen, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten.
Pragmatismus an enge Voraussetzungen geknüpft
Aus Sicht der EU-Kommission geht es um einen pragmatischen Vorschlag, der sicherstellen soll, dass private Investitionen in Gas und Atomenergie, die für die Energiewende benötigt würden, strengen Kriterien genügen. Dieser Meinung hat sich nun auch das Europa-Parlament angeschlossen. In der ursprünglichen Fassung der Taxonomie sind Investitionen in erneuerbare Energien bereits priorisiert.
Der delegierte Rechtsakt sieht vor, dass Investitionen in neue Gaskraftwerke bis 2030 als nachhaltig gelten, wenn sie unter anderem Kohlekraftwerke ersetzen und bis 2035 komplett mit klimafreundlicheren Gasen wie Wasserstoff oder Biogas betrieben werden. Bei den Gaskraftwerken gelten zudem strenge CO2-Emissionsvorgaben. Neue Atomkraftwerke sollen bis 2045 als nachhaltig klassifiziert werden, wenn ein konkreter Plan für die Endlagerung radioaktiver Abfälle ab spätestens 2050 vorliegt. Auch der Umbau von alten Atomkraftwerken kann als klimafreundliche Investition gelten.
Wer grüne Anleihen ausgibt oder Ökofonds auflegt, muss zudem offenlegen, wenn darin Finanzierungen für Atomkraft oder Gasinfrastruktur enthalten ist.
Fragile Rechts- und Planungssicherheit
Zunächst ist davon auszugehen, dass die neuen Taxonomie-Regeln für Atomenergie und Gasinfrastruktur für die Finanzmarktakteure ab 2023 greifen.
Bereits vor der Entscheidung des Europa-Parlaments hatten Luxemburg und Österreich angekündigt, gegen den delegierten Rechtsakt klagen zu wollen. Auch Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace wollen vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.