Mithilfe eines Abwehrschirms plant die Bundesregierung, die Folgen des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine abzuschwächen. Teil des Abwehrschirms ist die Ankündigung, "unverhältnismäßige Bürokratie" zu vermeiden – ein aus Sicht der deutschen Wirtschaft richtiger und wichtiger Schritt. Laut einer Studie mit dem Titel "Moderner Staat? – Die öffentliche Verwaltung im Urteil der Wirtschaft", die das Institut für Demoskopie Allensbach für den Gemeinschaftsausschuss der Deutschen Wirtschaft erstellt hat, ist für 65 Prozent der Unternehmen der eigene Aufwand, der im Austausch mit der öffentlichen Verwaltung entsteht, seit 2015 gestiegen – und das, obwohl der Bundestag im Jahr 2015 die als Bürokratiebremse konzipierte "One in one out"-Regelung beschlossen hat. Folglich besteht Handlungsbedarf.
Die Studie, bei der mehr als 500 Unternehmen zu ihrer Zufriedenheit mit der öffentlichen Verwaltung befragt wurden, offenbart Verbesserungspotenziale, die sich in den Verwaltungsprozessen befinden. Auch aus Sicht des DIHK gibt es mehrere Wege, wie die Verwaltungsprozesse vereinfacht werden können.
Durchwachsene Zufriedenheit mit der öffentlichen Verwaltung
Insgesamt ist jedes zweite Unternehmen in Deutschland nicht zufrieden mit der öffentlichen Verwaltung. Die Gründe sind vielseitig. Während der Großteil zufrieden mit der "Qualität der Arbeitsergebnisse" und der "Erreichbarkeit bei Fragen und Anliegen" ist, besteht Kritik bezüglich "der Geschwindigkeit der Verwaltungsprozesse" und "der Flexibilität" der Behörden. Als Ursache hierfür sehen einige Unternehmen die Personalausstattung der Verwaltungen.
Besonders in der aktuellen politischen und konjunkturellen Lage ist jedoch die Geschwindigkeit von Verwaltungsprozessen, insbesondere bei Planungs- und Genehmigungsverfahren, von hoher Bedeutung.
Verwaltungsverfahren dauern oftmals zu lange
Ein aus IHK-Sicht zentrales Ergebnis der Studie sind die Erfahrungen der Betriebe mit der Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren. 69 Prozent der befragten Unternehmen sehen "größere Defizite" bei der Dauer der Verfahren. Weitere 22 Prozent erkennen zumindest kleinere Defizite. Diese Erfahrungsberichte spiegeln sich in den Vorbereitungszeiten im Rahmen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes wider.
Laut den Ergebnissen der Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach beträgt allein die Vorbereitungszeit – das heißt die Zeit, bis die Behörden die Vollständigkeit der Unterlagen bestätigen – bei einem Drittel der Unternehmen bis zu sechs Monate. Bei einem weiteren Drittel bis zu einem beziehungsweise rund ein Jahr. Für ein Fünftel der befragten Unternehmen lief diese sogar noch darüber.
Gerade in Zeiten, in denen der Ausbau von Photovoltaik- oder Windkraftanlagen vorangetrieben oder die Erneuerung der Infrastruktur zu bewältigen und jeder Kubikmeter Gas zum Beispiel durch einen "Fuel Switch" einzusparen ist, sind diese Zeithorizonte nicht mit der Realität vereinbar. Beschleunigte und vereinfachte Verwaltungsprozesse sind das Gebot der Stunde.
Öffentliche Verwaltung muss schneller und digitaler werden
Die Studie des Gemeinschaftsausschusses zeigt eindrucksvoll: Für fast jedes Unternehmen ist die Digitalisierung der Verwaltung "wichtig" oder "sehr wichtig". Derzeit werden allerdings noch große Defizite bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung gesehen. Mehrheitlich machen die befragten Unternehmen daher die Erfahrung, dass sie bei der Verwaltung Unterlagen in digitaler Form einreichen, das weitere Verfahren aber in Papierform weitergeführt wird.
Dabei bietet die Digitalisierung auch Chancen, um die bürokratischen Anforderungen für die Unternehmen zu reduzieren. Ein Beispiel ist das sogenannte "Once only"-Prinzip.
Konkrete Verbesserungsvorschläge liegen vor
Für die meisten in der Studie befragten Unternehmen steht das "Once only"-Prinzip – das heißt, dass die Verknüpfung von Registern mit denen Daten von Unternehmen nicht mehrfach, sondern nur einmal digital erfasst werden – ganz oben auf der Agenda. Außerdem plädieren sie dafür, den Aufwand von Berichts- und Informationspflichten zu verringern sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Verwaltungsvereinfachungen können beispielsweise über eine Lockerung beim Schriftform-Erfordernis erreicht werden.
Ergänzend zum angekündigten Belastungsmoratorium der Bundesregierung fordert der DIHK Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen: Zum Beispiel sollten die Instrumente des vorzeitigen Baubeginns und die Möglichkeit zu Teilgenehmigungen stärker genutzt werden.
Für einfachere Genehmigungsverfahren bei "Fuel Switches" sollte beispielsweise die Installation von Flüssiggastanks über drei Tonnen erleichtert werden, indem der Schwellenwert für die Genehmigung der Tanks auf mindestens zwölf Tonnen angehoben wird. Durch eine Anhebung der Grenze für Sofortabschreibungen bei geringwertigen Wirtschaftsgütern könnte ein Verwaltungsprozess vereinfacht werden, wodurch die Betriebe Liquidität unbürokratisch erhalten, statt Mittel über Jahre zu binden.
Damit bürokratische Prozesse aber gar nicht erst entstehen, sollte die Bundesregierung früh im Gesetzgebungsverfahren sogenannte "Praxis-Checks" durchführen. Mit dieser zeitnahen Einbindung der Wirtschaft würden neue Gesetze und Regelungen vor ihrer detaillierten Ausarbeitung auf ihre Praxistauglichkeit hin geprüft.
Die Studienergebnisse gibt es zum Download auf der Website des Bundesverbandes der Deutschen Industrie.