Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat die Energiepreise in ungeahnte Höhen steigen lassen. Die geplante Gasbeschaffungsumlage hätte zu einer weiteren Verteuerung von Gaslieferungen über das Erdgasnetz geführt. Um die Bürger insbesondere von diesen zusätzlichen Kosten zu entlasten, wurde mit dem "Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz" rückwirkend zum 1. Oktober 2022 die Laufzeit der Umlage auf entsprechende Gaslieferungen die Mehrwertsteuer gesenkt werden. Dabei bleibt es auch, obwohl die Gasumlage nach dem Willen der Bundesregierung nun doch nicht erhoben wird. Vielmehr wurde die Steuersatzsenkung in letzter Minute auch auf die Lieferung von Fernwärme ausgedehnt.
Ablesezeitpunkt maßgebend
Gas, Strom, Wärme, Wasser et cetera werden in der Regel auf Basis festgelegter Ablesezeiträume abgerechnet. Fällt also der Ablesezeitraum für Gas- beziehungsweise Fernwärmelieferungen in die Zeit vom 1. Oktober 2022 bis zum 31. März 2024, ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Wendet der Versorger das sogenannte Stichtagsmodell an, gilt das für den gesamten Abrechnungszeitraum. Für viele Kunden wird sich die Steuersatzsenkung also bereits auf das gesamte Jahr 2022 auswirken, da Ablesezeitraum in der Regel der 31. Dezember 2022 sein wird.
Im Jahr 2024 würde dieser Ablesezeitpunkt beim Stichtagsmodell allerdings dazu führen, dass – sofern keine Verlängerung der Regelung erfolgt – auch für Gaslieferungen des ersten Quartals der Regelsteuersatz gelten würde. Das Bundesfinanzministerium sieht im Entwurf eines Anwendungsschreibens aber vor, dass Zwischenablesungen durch den Energieversorger möglich sind. Erfolgt also eine solche Ablesung noch am 31. März 2024, könnte auch für das erste Quartal 2024 der ermäßigte Steuersatz gerettet werden.
Allerdings können Energieversorger der Abrechnung auch das sogenannte Zeitscheibenmodell zugrunde legen. Auch eine Kombination der beiden Abrechnungsmethoden ist zulässig (Hybrid-Modell). Beim Zeitscheibenmodell erfolgt die Umsatzbesteuerung zeitanteilig mit 19 Prozent Umsatzsteuer oder 7 Prozent bezogen auf die in den abzurechnenden Leistungszeiträumen enthaltenen Monate.
Vorsteuerabzugsberechtige Unternehmen gehen leer aus
Unternehmen, die die von ihnen gezahlte Mehrwertsteuer als Vorsteuer geltend machen können, werden durch die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes nicht entlastet. Sie müssen jedoch die Änderung beim Vorsteuerabzug berücksichtigen und auf die Ausstellung korrekter Rechnungen achten. Anderenfalls können Nachforderungen des Finanzamtes drohen, wenn beispielsweise aufgrund einer Rechnung mit "altem" Steuersatz ein zu hoher Vorsteuerbetrag geltend gemacht wird.
Einmonatige Nichtbeanstandungsregelung beim Vorsteuerabzug
Lediglich für Rechnungen über Lieferungen, die im Monat Oktober 2022 erfolgt sind, enthält der Entwurf des BMF-Schreibens eine sogenannte Nichtbeanstandungsregelung: Wenn das Unternehmen diese noch mit 19 Prozent in Rechnung stellt und die Mehrwertsteuer in entsprechender Höhe an das Finanzamt abführt, kann der unternehmerische Leistungsempfänger die Vorsteuer ebenfalls in dieser Höhe geltend machen.