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DIHK-Fachtagung zum OECD-Besteuerungsprojekt zeigt deutlichen Nachbesserungsbedarf auf

Komplexe Regelungen in der Praxis kaum umsetzbar
Vo OECD-Fachtagung

© SOPA Images / LightRocket / Getty Images

Der DIHK hat am 14. Juni 2022 eine weitere Online-Fachtagung zum neuen Besteuerungsprojekt der OECD durchgeführt und gemeinsam mit Experten aus BMF, Europäischer Union, Wissenschaft und Unternehmen über die konkreten Details und den sich ergebenden Handlungsbedarf für Unternehmen diskutiert. Dabei wurden die spezifischen Probleme bei der Umsetzung in Unternehmen erörtert und Nachbesserungen angeregt. Bereits im Herbst 2022 wird der DIHK im Rahmen einer nächsten Fachtagung über die dann - voraussichtlich - finalisierten Detailregelungen informieren und Hilfestellung für Unternehmen bei der Durchführung der neuen Besteuerungsprozesse geben.

141 Staaten ordnen die internationale Unternehmensbesteuerung neu

Die Finanzverwaltungen von 141 Staaten setzen sich im Rahmen des OECD/G20-Inclusive Framework (IF) mit den steuerlichen Herausforderungen einer zunehmend digitalisierten Wirtschaft auseinander. Nach einem über fünfjährigen, intensiven Arbeitsprozess hatten sie sich Ende des Jahres 2021 auf neue Besteuerungsprinzipien verständigt und seitdem umfangreiche Detailregelungen veröffentlicht. Diese sollen bereits mit Beginn des Jahres 2023 zur Anwendung kommen. Die Vorschläge sehen eine grundlegende Neuordnung der internationalen Steuerarchitektur und eine Abkehr von bisherigen Besteuerungsprinzipien vor: Mit Pillar 1 werden die Besteuerungsrechte zwischen den Staaten neu verteilt („Welcher Staat darf welche/wieviel Unternehmensgewinne besteuern“) und mit Pillar 2 wird eine weltweit geltende Mindestbesteuerung eingeführt.

Die komplexen Detailbestimmungen und umfangreichen Verfahrensanforderungen werden jedoch Unternehmen vor große Herausforderungen stellen, wenn sie ab 2023 das neue Besteuerungsverfahren anwenden müssen.

DIHK-Fachtagung mit internationalen Experten zeigt dringenden Nachbesserungsbedarf auf

In der Online-Fachtagung berichteten die maßgeblichen Fachleute des Bundesministeriums der Finanzen, wie zum Beispiel der für die internationale Abstimmung zuständige Leiter der Unterabteilung Internationales Steuerrecht, Martin Kreienbaum, sowie Dr. Kunka Petkova und Andreas Benecke, über den aktuellen Stand der Verhandlungen im Inclusive Framework und informierten über die bislang erreichten Arbeitsergebnisse. Mit Blick auf die avisierte Umsetzung der globalen Mindeststeuer (GloBE) durch die Europäische Kommission erläuterte der zuständige Experte der Generaldirektion Steuern und Zollunion (TaxUD), Uwe Ihli, die spezifischen Besonderheiten der kommenden EU-Richtlinie. Professor Dr. Johannes Becker von der Universität Münster bewertete den aktuellen Stand der Reform aus finanzwissenschaftlicher Perspektive und informierte über die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der OECD-Reform auf investitionsrelevante Rahmenbedingungen und das internationale sowie nationale Steueraufkommen.

Komplexe Detailregelungen kaum von Unternehmen umsetzbar

Kirsten Birnbaum (SAP SE) und Sylvia Heckmeier (Merck KGaA) gaben einen ausführlichen Überblick über die erforderlichen Implementierungsmaßnahmen in die bestehenden betrieblichen Tax Management- bzw. ERP-Systeme und wiesen dabei auf die erheblichen Schwierigkeiten sowie den erforderlichen Ressourceneinsatz seitens der Unternehmen hin. Dabei wurde deutlich, dass die bislang geforderte Detailtiefe der komplexen OECD-Regelungen nicht durch die betrieblichen Datensysteme abgebildet werden kann. Für die Unternehmen sind deshalb dringend Vereinfachungen erforderlich. Darüber hinaus kann das avisierte Anwendungsdatum 1. Januar 2023 kaum gewährleistet werden, da die finalen Detailbestimmungen noch gar nicht vollständig ausgearbeitet sind. Deshalb wurde auch der nationale Gesetzgebungsprozess (beziehungsweise die Feinabstimmung durch BMF-Schreiben) noch nicht eingeleitet.

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Guido Vogt Referatsleiter Internationales Steuerrecht, Verfahrensrecht