Der recht kurze RL-Entwurf sieht im Wesentlichen zwei Regelungen vor: Den Körperschaftsteuerpflichtigen soll ein steuerlicher Freibetrag bezogen auf den Eigenkapitalzuwachs zugestanden werden. Umgekehrt sollen Zinsausgaben nur zu 85 Prozent steuerlich abzugsfähig sein, also 15 Prozent steuerlich nicht abzugsfähig werden.
Abbau Begünstigung Fremdfinanzierung
Mit dem Richtlinien-Entwurf vom 11. Mai 2022 möchte die EU-Kommission die steuerliche Begünstigung von Fremd- gegenüber Eigenkapitalfinanzierungen reduzieren und die Abzugsfähigkeit von Zinsen für Körperschaftsteuerzwecke begrenzen.
Freibetrag für EK-Zuwachs
Dabei sollen körperschaftsteuerpflichtige Unternehmen einen steuerlichen Freibetrag in Höhe von 1 Prozent (KMU 1,5 Prozent) – zuzüglich des Zinssatzes für risikolose Anlagen – bezogen auf den Eigenkapitalzuwachs eines Jahres für jeweils zehn Jahre von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer abziehen können.
Beispiel
KMU, risikoloser Zinssatz 0,3 Prozent (Annahme), Eigenkapitalzuwachs 100.000 Euro
Freibetrag: (1,5 Prozent + 0,3 Prozent) x 100.000 Euro = 1,8 Prozent x 100.000 Euro = 1.800 Euro
- für 10 Jahre jeweils Freibetrag in Höhe von 1.800 Euro, also insgesamt 18.000 Euro
- Steuerersparnis bei 30 Prozent Steuersatz = 30 Prozent x 18.000 Euro = 5.400 Euro
(entspricht in diesem Fall 5,4 Prozent des EK-Zuwachses)
Beschränkung auf 30 Prozent des EBITDA
Der jährliche Freibetrag ist auf 30 Prozent des Ergebnisses vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation (EBITDA) beschränkt, wobei ein ungenutzter Freibetrag vorgetragen werden können soll.
Negativer Freibetrag bei EK-Rückgang
Die Regelung soll aber auch in die andere Richtung wirken. Wenn ein Unternehmen von dem geschilderten Freibetrag Gebrauch gemacht hat, so bewirkt ein Eigenkapitalrückgang im Freibetragszeitraum (zehn Jahre) einen steuerpflichtigen Ertrag in Höhe eines negativen Freibetrages, der genauso wie der oben beschriebene Freibetrag berechnet werden soll.
Missbrauchsverhinderung
Für verbundene Unternehmen, Sacheinlagen (Gefahr der Überbewertung) und Umstrukturierungen sind Vorschriften zur Missbrauchsverhinderung vorgesehen.
Beschränkung Zinsabzug
In Artikel 6 des Entwurfes ist eine Beschränkung des steuerlichen Zinsabzuges auf 85 Prozent vorgesehen. Das bedeutet, dass 15 Prozent des Zinssaldos (Zinsausgaben ./. Zinseinnahmen) steuerlich nicht abzugsfähig gestellt werden sollen. Dadurch würde sich die Kreditfinanzierung der Unternehmen bei einem gedachten Unternehmenssteuersatz von 30 Prozent um circa 5 Prozent verteuern.
Belastungen durch beschränkten Zinsabzug …
Der Richtlinienvorschlag beinhaltet vor allem Belastungen für die Unternehmen dergestalt, dass sie ihre Finanzierungskosten nicht vollständig steuerlich geltend machen können. Das widerspricht dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus ist es gerade in den aktuellen Krisen (Corona, Russland-Krieg) das falsche Signal. Denn viele Unternehmen sind auf Kredite angewiesen, um diese Krisen zu meistern. Ihnen jetzt den Zinsabzug zu beschneiden, wäre kontraproduktiv.
… werden durch Freibetrag nicht aufgewogen …
Der parallel vorgeschlagene Freibetrag für den Fall, dass das Unternehmen Eigenkapital aufbaut, wiegt die negativen Folgen nicht auf. Grundsätzlich ist es richtig, Anreize für den Aufbau von Eigenkapital zu setzen. Allerdings dürften die Anreize mit einem jährlichen Freibetrag in Höhe von circa 1,3 Prozent (1,8 Prozent für KMU) bezogen auf den Zuwachs an Eigenkapital zu gering sein beziehungsweise sich nicht deutlich auf die Finanzierungsentscheidungen der Unternehmen auswirken.
… Personenunternehmen ausgeschlossen
Weiterhin schließt der Richtlinien-Entwurf alle Personenunternehmen aus, da lediglich körperschaftsteuerpflichtige Unternehmen von der Richtline erfasst werden sollen.