Das wettbewerbliche Umfeld eines Unternehmens unterliegt dem steten Wandel. Unternehmen müssen sich fortwährend anpassen, um weiterhin erfolgreich zu sein. Um für die zukünftigen Azubis attraktiv zu sein, wird auch die Ausbildung in den Betrieben vor Ort kontinuierlich angepasst. Mit einer als attraktiv wahrgenommenen Ausbildung versuchen Unternehmen, sich erfolgreicher bei ihren potenziellen Azubis zu bewerben.
Die Ausbildungsordnung eines Berufes umfasst Mindeststandards, die ein Azubi während seiner Ausbildung lernen muss, um diese erfolgreich abschließen zu können. Die Gestaltung von Ausbildung ist den Betrieben überlassen.
Somit bietet die Ausbildungsordnung ein hohes Maß an Flexibilität, um die betrieblichen Bedarfe aufnehmen zu können. Diese Flexibilität bei der Durchführung von Ausbildung kommt in den meisten Fällen auch den Auszubildenden zugute. Für sie bietet sich etwa die Möglichkeit der Individualisierung ihrer Ausbildung beziehungsweise der Profilbildung.
Lesetipp: Zu den Wünschen junger Menschen an ihre Ausbildung hat die Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" des Deutschen Bundestages eine Studie beauftragt. Sie zeigt einige Überschneidungen mit den Auswertungen dieser Umfrage und ist online abrufbar unter www.mitmischen.de.
Erstmalig wurden die Ausbildungsbetriebe im Rahmen der Untersuchung zu ihren Aktivitäten zur modernen und attraktiven Gestaltung von Ausbildung befragt. Dabei zeigte sich das Engagement der Unternehmen, ihre Ausbildung für Jugendliche attraktiv zu gestalten und die Wünsche der Generation Z so weit wie möglich aufzunehmen.
Flache Hierarchien und moderne IT
Fast sechs von zehn Unternehmen (58 Prozent) haben ihre Hierarchien für Azubis flacher gestaltet. Die Antworten zeigen eine Verschiebung vom einstigen "Lehrling" hin zum "Team-Mitglied" ab dem ersten Tag. Jedes zweite Unternehmen (51 Prozent) hat die IT-Ausstattung ihrer Azubis verbessert. Aus anderen Befragungen ist bekannt, dass dies für Jugendliche ein wichtiger Faktor bei der Auswahl ihres Ausbildungsbetriebes ist. Aus Sicht der Unternehmen sind Änderungen an der Ausstattung mit moderner IT-Technik im Vergleich zu anderen Ansatzpunkten relativ schnell umsetzbar. Noch dazu profitieren alle Seiten.
Mehr als jedes dritte Unternehmen (37 Prozent) hat seine Einstellungsverfahren aus Bewerbersicht attraktiver gestaltet. Durch die Neugestaltung eines Bewerbungsprozesses kann beispielsweise häufig schnelleres Feedback und zugleich eine intensivere Bindung ans Unternehmen erfolgen.
Ähnlich viele Unternehmen berichten von finanziellen Anreizen zur positiven Ausgestaltung ihrer Ausbildung. Dabei dürfte eine übertarifliche Ausbildungsvergütung eine eher untergeordnete Rolle spielen. Die Ausbildungsvergütungen im IHK-Bereich liegen mit durchschnittlich 1.039 Euro ohnehin über dem Durchschnitt von 987 Euro über alle Branchen hinweg. Hinter "finanziellen Anreizen" können sich auch Anreize für gute Lernergebnisse, Beihilfen zur Mobilität beziehungsweise Wohnen oder andere "Goodies" verbergen.
Neue Konzepte, Mentorenprogramme, Wohlfühl-Angebote
Die Einführung neuer "Lehr- und Lernkonzepte" hat schon rund jeder vierte Ausbildungsbetrieb (27 Prozent) angestoßen. Viele dieser Betriebe nehmen die Überarbeitungen der Lernsituation als stetigen Veränderungsprozess an. Derzeit werden insbesondere Konzepte weg von reiner Wissensvermittlung und Frontalunterricht hin zu Lernbegleitung durch eigene Erfahrungen angepasst.
Thematisch dazu passend bieten 26 Prozent der Ausbildungsbetriebe Azubi-Projekte an, bei denen Azubis die Verantwortung für ein Projekt von A bis Z übernehmen und zudem häufig in interdisziplinären Teams arbeiten.
18 Prozent der Ausbildungsbetriebe haben Mentorenprogramme eingeführt. Bei den Großbetrieben mit über 1.000 Mitarbeitenden waren es noch deutlich mehr. Hier bieten fast drei von zehn Unternehmen (27 Prozent) diese Möglichkeit an.
Mobile, Teilzeit- und Auslandsangebote
Die Angebote von "mobilem Ausbilden" (12 Prozent), die Integration von Auslandsaufenthalten während der Ausbildung (11 Prozent) oder das Absolvieren der Ausbildung in Teilzeit (7 Prozent) folgen auf den weiteren Positionen des Rankings. In den offenen Antworten wurden häufig Ansatzpunkte genannt, die das Wohlfühlen der Azubis im Betrieb positiv fördern können, wie Azubi-Ausflüge, Azubi-Meetings, Onboarding-Wochen, aber auch Seminare.
Neue Möglichkeiten der Ausbildungsgestaltung oder Innovationen von Unternehmen/Branchen führen zu den Erfahrungen, durch die sich Ausbildung am Wirtschaftsstandort Deutschland weiterentwickelt. Nur durch diese Erfahrungswerte und den Mut zur Veränderung kann gemeinsame Entwicklung stattfinden.
Viele Branchen nutzen ihre Chance zur Image-Verbesserung
Die Angaben der Branchen zur Weiterentwicklung der Ausbildung im jeweiligen Umfeld weisen interessante Unterschiede auf. Denn Arbeitsorte und Anforderungen an die Arbeit unterscheiden sich. So zeichnet sich der Bereich Industrie (ohne Bau) beispielsweise dadurch aus, dass 30 Prozent der Betriebe an neuen Lehr-Lernkonzepten gearbeitet haben, ebenfalls 30 Prozent Azubi-Projekte und 17 Prozent Auslandsaufenthalte anbieten.
Die Ausbildungsbetriebe im Baugewerbe haben ihren Fokus auf finanzielle Anreize gesetzt (42 Prozent); genau wie im Gastgewerbe (48 Prozent). In beiden Branchen ist klar, dass physische Anwesenheit notwendig ist. Im Gastgewerbe sind flache Hierarchien (68 Prozent) und Teilzeitberufsausbildung (10 Prozent) etwas weiter verbreitet als im Branchen-Durchschnitt. Das Angebot von "mobilem Ausbilden" findet sich überdurchschnittlich häufig in den Betrieben der IT-Branche (26 Prozent), der Medienbranche (25 Prozent) sowie bei den Banken (21 Prozent).
Die Aufwertung ihrer Ausbildung durch moderne IT-Technik haben 78 Prozent der Betriebe der IT-Branche angegeben sowie jeweils 68 Prozent der Betriebe der Bereiche Medien, Banken/Versicherungen und unternehmensorientierten Dienstleistungen.
Attraktive Ausbildungsinhalte garantiert
Die Zukunftssicherheit von Berufen und der Anspruch auf aktuelle Ausbildungsinhalte beschäftigt sowohl junge Menschen bei der Berufswahl als auch die Betriebe beim Ausbilden. Eine Ausbildungsordnung umfasst die Mindestinhalte einer Ausbildung, die zum Ausbildungsabschluss erworben werden müssen. Die Ausbildungsordnungen sind immer technikoffen formuliert, so dass Azubis jeweils auf der derzeitig gängigen Software, Maschine, et cetera ausgebildet werden können, damit sie nach dem Abschluss ihrer Ausbildung gleich ins Team integriert werden können.
Ganze 94 Prozent der Unternehmen geben an, dass durch diese Technikoffenheit die Aktualität der Ausbildungsberufe vor dem Hintergrund der Digitalisierung gewährleistet ist. Nur 4 Prozent der Unternehmen sehen Handlungsbedarf zur Überarbeitung von Berufen, und nur 2 Prozent Bedarf für einen neuen Beruf. Weder bei der Überarbeitung eines bestehenden Berufs noch bei der Kreation eines neuen Berufs zeichnet sich ein klares Bild für einen bestimmten Bedarf ab. Eine kleine Häufung der Nennungen gibt es im IT-Bereich.
Gibt es eigentlich Umwelt- und Klimaberufe?
Aktuell gibt es in Deutschland 324 Ausbildungsberufe. Aktuelle Themen wie Klimaschutz und Nachhaltigkeit gewinnen damit auch an Bedeutung in der Aus- und Weiterbildung. In der Breite der Berufe geht es mit Blick auf betriebliche Aspekte wie Energieeffizienz, Ressourcenverbrauch und Umweltschutz darum, wie Prozesse nachhaltiger gestaltet werden können. Deshalb ist es für Unternehmen wichtig, dass bereits Azubis das dafür benötigte Wissen erwerben.
Perspektivisch werden über die sogenannten "Standardberufsbildpositionen" in jeder Berufsausbildung Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit verankert sein. Die vier umwelttechnischen Berufe, beispielsweise Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft, werden gerade novelliert, um zeitgemäßer und attraktiver zu werden.
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Ulrike FriedrichReferatsleiterin Ausbildungsmarketing und -analysen, Digitalisierung
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