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Familienunternehmen im Fokus des Fiskus

DIHK als Sachverständiger zum Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtline
Bild Artikel ATAD

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© hqrloveq / iStock / Getty Images Plus / getty images

Der DIHK hat als Sachverständiger in der Anhörung des Deutschen Bundestages am 3. Mai 2021 die Position der IHK-angehörigen Unternehmen zum Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtline (ATAD) vorgetragen. Hier lesen Sie mehr über die Einschätzung des DIHK und seine erarbeiteten Lösungsvorschläge.

Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hat am 3. Mai 2021 eine Anhörung zum Gesetzentwurf veranstaltet. Der DIHK war als Sachverständiger geladen. Im Rahmen der Anhörung hat er folgende Einschätzungen zum Gesetzentwurf vorgetragen:

Es besteht Handlungsbedarf bei der notwendigen Anpassung der Niedrigbesteuerungsschwelle von 25 Prozent. Mit Blick auf das durchschnittliche Niveau der Unternehmensbesteuerung im internationalen Vergleich (OECD: ca. 23 Prozent, EU: ca. 22 Prozent) sollten Missbrauchsbekämpfungsmaßnahmen nur dann erfolgen, wenn von einem deutlichen Unterschreiten der durchschnittlichen Steuerbelastung ausgegangen werden muss.

Orientierung an OECD bei Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft

Hier könnte an den aktuellen Diskussionsstand auf OECD-Ebene zur Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft (Pillar 2) angeknüpft werden (12,5 Prozent - 15 Prozent).
Zugleich sollten aus Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit die schädlichen Tätigkeiten durch einen Passivkatalog klar definiert werden.

Die Abschaffung der Sondervorschriften für Wegzüge innerhalb des EU-/EWR-Raumes sollte das Zusammenwachsen des Europäischen Binnenmarktes nicht verhindern und mit den EU-vertraglichen Grundfreiheiten vereinbar sein.

Zerschlagung von Unternehmen vermeiden

Mit Blick auf die besondere Problematik eines Besteuerungszugriffs auf in Gesellschaftsanteilen ruhenden stillen Reserven im Rahmen einer fiktiven Ersatzrealisierung hat der DIHK deutlich gemacht, dass eine Steuerzahlung bzw. eine alternative Sicherheitenleistung de facto nur selten möglich sein wird. Weil durch einen Wegzug keine Liquidität geschaffen wird, können derartige Beträge in der Regel nicht aufgebracht werden. Sollte der Fiskus dennoch einen Zugriff vollziehen, müssten Anteile von Familienunternehmen an Dritte veräußert werden, was einer Zerschlagung gewachsener Unternehmensstrukturen gleichkäme.

Angesichts der vielfältigen deutschen Abkommen im Bereich der Rechts-, Amts- und Vollstreckungshilfe sowie des internationalen Informationsaustauschs besteht nach unserer Auffassung regelmäßig kein Vollstreckungsrisiko für den deutschen Fiskus, wenn Anteile nach einem Wegzug in das Ausland veräußert werden und dann erst aufgedeckte stille Reserven zur Besteuerung herangezogen werden.

Neufassung der Wegzugsbesteuerung vonnöten

Der DIHK hat umfassende Vorschläge unterbreitet, wie das Besteuerungsrecht des deutschen Fiskus in diesen Fällen abgesichert werden könnte, ohne dass es eines sofortigen Besteuerungszugriffes im Wegzugszeitpunkt bedarf.

Sinnvoll wäre es vielmehr, eine systematisch kohärente Neuregelung der Wegzugsbesteuerung in einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren gemeinsam mit Wirtschaft, Finanzverwaltung und Politik in Angriff zu nehmen.

DIHK-Stellungnahme auf Grundlage der IHK-Rückmeldungen

Der DIHK hat auf Grundlage der Rückmeldungen der IHK-angehörigen Unternehmen gemeinsam mit den anderen Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft am 30. April 2021 eine Stellungnahme an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages gerichtet.

Von besonderer Bedeutung für viele Unternehmen ist die avisierte Neufassung der sog. „Wegzugsbesteuerung“ in § 6 AStG-E. Diese kommt bei Familienunternehmen zum Tragen, wenn Gesellschafter/innen aus persönlichen oder betrieblichen Gründen (z.B. Tätigkeit für das Unternehmen an ausländischen Standorten) aus Deutschland wegziehen.

„Wegzugsbesteuerung“ für viele Familienunternehmen problematisch

Hier droht die Gefahr, dass die in den Gesellschaftsanteilen ruhenden, mitunter über Jahrzehnte gewachsenen stillen Reserven unmittelbar aufgedeckt und versteuert werden müssen. Dieses verschärft die ohnehin schon herausfordernde Situation für Familienunternehmen bei der notwendigen Internationalisierung im globalen Wettbewerb. Im Ergebnis kann aus der vorgesehenen Verschärfung der Wegzugsbesteuerung für viele Familienunternehmen folgen, dass de facto die internationale Mobilität eines Gesellschafters/einer Gesellschafterin stark eingeschränkt und ggf. sogar unmöglich wird. In nicht wenigen Fällen droht sogar eine Auflösung von über Jahrzehnten gewachsenen traditionellen Unternehmensstrukturen

„Hinzurechnungsbesteuerung“ ist verbesserungsfähig

Bezüglich der Vorschläge zur Hinzurechnungsbesteuerung (vgl. § 8 Absatz 5 AStG-E) sind im Gesetzentwurf keine Anpassungen der sog. „Niedrigsteuergrenze“ enthalten. Es ist davon auszugehen, dass diese ggf. nach Abschluss der Arbeiten des OECD/Inclusive Framework zur „Minimum-Taxation-Initiative“ (Säule 2) vorgenommen werden.

Die Richtlinie (EU) 2016/1164 vom 12. Juli 2016 (Anti-Tax Avoidance Directive, ATAD 1 ), geändert durch die Richtlinie (EU) 2017/952 vom 29. Mai 2017 (ATAD 2), enthält ein Paket von rechtlich verpflichtenden Maßnahmen zur Bekämpfung von sog. Steuervermeidung und aggressiver Steuerplanung. Zwar erfüllt Deutschland bereits heute weitgehend die von der ATAD vorgegebenen Mindeststandards. Gleichwohl besteht nach Auffassung der Bundesregierung in einigen Bereichen noch Anpassungsbedarf. Hierzu hatte die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht (siehe unser Rundschreiben vom 24. März 2021). Mit dem Gesetzentwurf werden Anpassungen im Zusammenhang mit Artikel 5 ATAD (Entstrickungs- und Wegzugsbesteuerung) vorgenommen, die Artikel 9 und 9b (Hybride Gestaltungen) der ATAD umgesetzt sowie die Hinzurechnungsbesteuerung (Artikel 7 und 8 ATAD) reformiert.