Bisherige Grundsätze der Ortsbestimmung
Im zwischenunternehmerischen Bereich (Business-to-Business = B2B) bestimmt sich der Ort einer Leistung grundsätzlich nach dem Empfängerlandprinzip (§ 3a Abs. 2 UStG). Für den Ort der sogenannten "Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen sowie den damit zusammenhängenden Leistungen" gilt eine der zahlreichen Ausnahmen: diese Leistungen werden dort besteuert, wo die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird (Veranstaltungsort), § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG.
Bislang war diese besondere Ortsbestimmung bei Veranstaltungen auf dem Gebiet des Unterrichts und der Wissenschaft, wie zum Beispiel Konferenzen und Seminare, aus deutscher Sicht nur anwendbar, wenn diese Veranstaltungen der Allgemeinheit zugänglich waren, Abschnitt 3a.6 Abs. 13 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE). Bei sogenannten geschlossenen Veranstaltungen mit einem eingeschränkten Teilnehmerkreis, wie zum Beispiel Inhouse-Seminaren, war hingegen die Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG anzuwenden.
Teilnehmerkreis irrelevant
Aufgrund der EuGH-Entscheidung vom 13. März 2019 in der Rechtssache C-647/17 (Srf konsulterna) hat die Finanzverwaltung das Kriterium "der Allgemeinheit offenstehenden" Veranstaltung sowie die zur Unterscheidung dienenden Beispiele nunmehr aus dem Anwendungserlass gestrichen. Das Veranstaltungsortprinzip ist mithin auch bei bislang als geschlossen eingestuften Veranstaltungen anzuwenden.
Ausschluss von Online-Seminaren
Gleichzeitig wurde als neues Kriterium die physische Anwesenheit am Veranstaltungsort für die Anwendung der besonderen Ortsbestimmung aufgenommen. Online-Veranstaltungen werden ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen. Für diese gelten die allgemeinen Bestimmungen, das heißt die Besteuerung ist entsprechend § 3a Abs. 2 UStG im Mitgliedstaat des Kunden (Empfängermitgliedstaat) durchzuführen; im B2B-Bereich greift hier insoweit die Reverse Charge-Regelung (Art. 196 MwStSystSRL, § 13b UStG).
"in allen offenen Fällen" anzuwenden …
Die geänderte Verwaltungsauffassung soll in allen offenen Fällen anzuwenden sein. Fraglich ist insoweit, wie die Finanzverwaltung mit bereits verwirklichten Sachverhalten umgehen will. Betroffene Unternehmen sollten umgehend die umsatzsteuerliche Würdigung ihrer Leistungen überprüfen. Dies betrifft Präsenz- aber auch Online-Veranstaltungen.