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Mehr Steuergerechtigkeit durch das Steueroasen-Abwehrgesetz?

Bundesregierung eröffnet Gesetzgebungsverfahren
Steueroasen

© Thomas Faull / iStock / Getty Images Plus / Getty Images

Die Bundesregierung hat auf der Kabinettssitzung vom 31. März 2021 den Gesetzentwurf eines „Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb und zur Änderung weiterer Gesetze“ (StAbwG) verabschiedet. Das Ziel der Bundesregierung: Mehr Steuergerechtigkeit über Staatsgrenzen hinweg. Hier finden Sie die Details zum geplanten Gesetz.

Nicht kooperative Staaten und Steuergebiete (Steueroasen) sollen durch Abwehrmaßnahmen dazu angehalten werden, internationale Standards im Steuerbereich umzusetzen und Steuervermeidung zu verhindern. Zu diesem Zweck sollen Personen und Unternehmen davon abgehalten werden, Geschäftsbeziehungen in diesen Steueroasen fortzusetzen oder neu aufzunehmen. So soll erreicht werden, dass Staaten und Gebiete, die anerkannte Standards in den Bereichen Transparenz in Steuersachen, unfairen Steuerwettbewerb und bei der Umsetzung der BEPS-Mindeststandards nicht erfüllen, dazu angehalten werden, Anpassungen vorzunehmen.

Anwendungsbereich des Steueroasen-Abwehrgesetzes

Die Vorschriften des StAbwG sollen nach § 1 StAbwG-E auf unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtige natürliche Personen, Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen anzuwenden sein. Soweit das Gesetz auf von einem Steuerpflichtigen unterhaltene Geschäftsbeziehungen oder Beteiligungsverhältnisse abstellt, sollen nach der Entwurfsbegründung auch Personengesellschaften als Steuerpflichtige gelten.

Nach § 2 StAbwG-E findet das Gesetz grundsätzlich auf alle Steuern – einschließlich der Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt sind und durch Bundesfinanzbehörden, oder Landesfinanzbehörden oder Gemeinden verwaltet werden – Anwendung. Explizit vom Anwendungsbereich ausgenommen sind nur die Umsatzsteuer (einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer), Einfuhr- und Ausfuhrabgaben sowie Verbrauchsteuern.

Die Vorschriften des StAbwG sollen ungeachtet möglicherweise entgegenstehender Vorschriften in DBA zur Anwendung gelangen und grds. Vorrang vor den Vorschriften der AO und anderer Steuergesetze haben.

Definition der nicht kooperativen Staaten und Gebiete

Die in den §§ 8 bis 11 StAbwG-E vorgesehenen Abwehrmechanismen sollen nur in Bezug auf bestimmte, nicht kooperative Staaten und Gebiete (Steuerhoheitsgebiete) zur Anwendung gelangen. Ein Steuerhoheitsgebiet soll als nicht kooperativ anzusehen sein, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

  • Es muss sich um ein Steuerhoheitsgebiet handeln, das in der im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Anlage I zur EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke (sog. „schwarze Liste“ der EU) in der jeweils aktuellen Fassung genannt ist (aktueller Stand 7. Oktober 2020: Amerikanisch-Samoa, Anguilla, Barbados, Fidschi, Guam, Palau, Panama, Samoa, Trinidad und Tobago, die Amerikanischen Jungferninseln, Vanuatu und die Seychellen) und
  • Dieses Steuerhoheitsgebiet gewährleistet keine hinreichende Transparenz in Steuersachen (§ 4 Abs. 1 StAbwG-E),
  • betreibt unfairen Steuerwettbewerb (§ 5 Abs. 1 StAbwG-E) oder
  • hat sich nicht zur Umsetzung der Mindeststandards des OECD/G20 BEPS-Projekts gegen Gewinnkürzung und Gewinnverschiebung verpflichtet (§ 6 StAbwG-E) und
  • Das nicht kooperative Steuerhoheitsgebiet im vorgenannten Sinne ist als solches in der vom BMF mit Zustimmung des Bundesrates noch zu erlassenden Rechtsverordnung aufgeführt (§ 3 Abs. 2 bis 4 StAbwG-E).

Deutschland geht über Vorgaben der EU hinaus

Mit dem Steueroasen-Abwehrgesetz geht die Bundesregierung über die von der EU aufgestellten Mindestanforderungen hinaus.

Der Gesetzentwurf enthält folgende Abwehrmaßnahmen:

  • Verbot des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs (§ 8 StAbwG-E)

Aufwendungen aus Geschäftsvorgängen mit Bezug zu Steueroasen können steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden. Eine Ausnahme gilt, wenn die den Aufwendungen entsprechenden Erträge in Deutschland einer (un-)beschränkten Steuerpflicht unterliegen.

  • Verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung (§ 9 StAbwG-E)

Es greift eine verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung, wenn in einer Steueroase eine sog. Zwischengesellschaft ansässig ist. Unternehmen können so Steuerzahlungen nicht mehr umgehen, indem sie Einkünfte auf eine Gesellschaft in einer Steueroase verlagern, weil sämtliche aktive und passive Einkünfte der Zwischengesellschaft der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen.

  • Verschärfte Quellensteuermaßnahmen (§ 10 StAbwG-E)

Zudem kommen verschärfte Quellensteuermaßnahmen zur Anwendung, wenn beispielsweise Zinsaufwendungen an in Steueroasen ansässige Personen mit mehr als 10 Prozent-Beteiligung geleistet werden. Damit wird die beschränkte Steuerpflicht von in Steueroasen ansässigen Personen auf bestimmte Einkünfte (insbesondere für sämtliche Finanzierungsentgelte) erweitert, die außerdem dem Steuerabzug nach § 50a EStG unterworfen werden.

  • Maßnahmen bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen (§ 11 StAbwG-E)

Bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen sollen Steuerbefreiungen und Vorschriften in Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eingeschränkt bzw. versagt werden, wenn diese Bezüge von einer Körperschaft geleistet werden, die in einer Steueroase ansässig ist, oder Anteile an einer in einer Steueroase ansässigen Gesellschaft veräußert werden. Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die Ausschüttungen aus Beträgen resultieren, die bei der ausschüttenden Gesellschaft bereits der inländischen Quellenbesteuerung nach § 10 StAbwG-E unterlegen haben oder das WK/BA-Abzugsverbot nach § 8 StAbwG-E kam bereits zur Anwendung.

Überführung des Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes

Das Gesetzgebungsverfahren dient ferner der Überführung der durch das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz vom 29. Juli 2009 (SteuerHinBekG) in Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz und Abgabenordnung aufgenommenen Regelungen in das zu schaffende Stammgesetz, soweit diese mit den Vorgaben des Rates weiterhin kompatibel sind. Im Übrigen sollen die Vorschriften ersatzlos aufgehoben werden.

Gleiches gilt für die Regelungen der Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung vom 18. September 2009 (SteuerHinBekVO). Auch diese sollen - soweit mit den Vorgaben des Rates kompatibel - im zu schaffenden Stammgesetz aufgehen.

Schließlich soll mit dem Gesetzgebungsverfahren das Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz angepasst werden, um bisher nicht hinreichend umgesetzte Erfordernisse des Standards für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen in deutsches Recht zu überführen.

Anwendungsbeginn des Steueroasen-Abwehrgesetzes

Nach § 13 Abs. 1 StAbwG-E sollen die Vorschriften des StAbwG grds. ab 1. Januar 2022 anzuwenden sein. Abweichend von diesem Grundsatz soll das StAbwG nach § 13 Abs. 2 StAbwG-E in Bezug auf Steuerhoheitsgebiete, die am 1. Januar 2021 noch nicht auf der „schwarzen Liste“ der EU genannt waren, erst ab dem 1. Januar 2023 Anwendung finden.

Es ist davon auszugehen, dass der am 31. März im Kabinett verabschiedete Gesetzentwurf wahrscheinlich in der Woche ab dem 3. Mai 2021 Gegenstand einer Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages sein wird.

Kontakt

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Guido Vogt Referatsleiter Internationales Steuerrecht, Verfahrensrecht