Das OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS („IF“) hat am 14. März 2022 den lang erwarteten Kommentar („Commentary”) [LINK: Commentary] (228 Seiten) sowie detaillierte Beispiele [LINK: Examples] (49 Seiten) zu der im Oktober 2021 vereinbarten globalen Mindeststeuer von 15 Prozent veröffentlicht. Zugleich wurde ein Konsultationsverfahren eingeleitet, um weitergehende Detailprobleme im Rahmen eines sogenannten „Implementation Framework“ noch bis Jahresende zu klären.
Damit sollen Unternehmen und Steuerverwaltungen nun detaillierte und umfassende technische Anleitungen zur Umsetzung und Anwendung der neuen Regelungen bereitgestellt und Hilfestellung bei der Auslegung von technischen Begrifflichkeiten gegeben werden. Hierdurch soll eine konsistente und gemeinsame Auslegung der GloBE-Regeln ermöglicht und die Umsetzung in den betroffenen Steuerverwaltungen als auch in den Unternehmensgruppen erleichtert werden.
Hervorgehoben behandelt wurden dabei u. a.
- Ermittlung des sog. „GloBE“-Einkommens (Article 3)
- zum Beispiel Anforderungen beim Fremdvergleich (Art 3.2.3, Rz. 96 ff.); - Berechnung der sog. „(adjusted) covered taxes“ inkl. steuerlicher Anpassungen (Article 4)
- zum Beispiel post-filing adjustments (Art 4.6, Rz. 119 ff.)
Öffentliche Konsultation zum „Implementation Framework“
Das IF wird nunmehr weitergehende Hilfestellungen („Implementation Framework“) für eine passgenaue Implementierung und administrative Umsetzung durch die nationalen Finanzverwaltungen erarbeiten und sukzessive für einzelne Themenkomplexe bis Jahresende 2022 veröffentlichen. Insbesondere sollen besondere Verwaltungsverfahren, wie zum Beispiel Safe-Harbour-Regelungen oder weitergehende Vereinfachungen bei latenten Steuern (deferred tax assets / DTA) beziehungsweise bei branchenspezifischen Ausnahmen (zum Beispiel Investmentfonds) und multilaterale Überprüfungsverfahren bereitgestellt werden. Hierzu wurde eine öffentliche Konsultation eingeleitet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Implementierung von Mechanismen, die sicherstellen, dass Steuerverwaltungen und multinationale Unternehmen die GloBE-Regeln konsistent und koordiniert umsetzen und anwenden können, während gleichzeitig die Kosten für die Einhaltung minimiert werden.
2-Säulen-Modell – Two-Pillar-Modell
Unter dem Dach der OECD arbeiten zurzeit die Finanzverwaltungen von 141 Staaten an einer Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung, welche bereits zum 1. Januar 2023 in Kraft treten soll. Mit Blick auf die besonderen steuerlichen Herausforderungen einer digitalisierten Wirtschaft wurde im sogenannten OECD/G20-Inclusive Framework on BEPS („IF“) ein 2-Säulen-Modell („Two-Pillar-Model“) entwickelt, welches besteht aus
- einer Neuverteilung der Besteuerungsrechte an Unternehmensgewinnen hin zu Kunden-/Markstaaten (Säule 1) sowie
- der Einführung einer globalen Mindestbesteuerung von großen Unternehmensgruppen mit einem Konzernumsatz oberhalb von 750 Millionen Euro (Säule 2).
Erste Leitlinien zu beiden Säulen wurden bereits am 7. Oktober 2021 in einem „Statement“ der OECD verabschiedet. Die Arbeiten zu Säule 2 wurden seitdem zügig weitergeführt und detaillierte Regelungen bereits am 20. Dezember 2021 auf 70 Seiten in den sogenannten „Model Rules“ veröffentlicht [LINK: Model Rules].
DIHK fordert längere Übergangsfristen für eine passgenaue Umsetzung in den Unternehmen
Angesichts der langwierigen Arbeiten auf OECD/IF-Ebene und dem späten Bekanntwerden der genauen Regelungen wird es nach Einschätzung des DIHK für die betroffenen Unternehmen kaum möglich sein, bis Ende des Jahre 2022 verlässliche Prozesse zur Berechnung und Abführung der neuen Mindeststeuer einzuführen. Da die erforderlichen Daten nicht „auf Knopfdruck“ aus bestehenden Systemen generiert werden können, müssen komplexe Systeme geschaffen und passgenau in die bestehende Software- und Hardwarearchitektur implementiert werden. Der DIHK hat sich daher in seinen Stellungnahmen gegenüber der OECD/IF für eine Verschiebung beziehungsweise erleichterte Regelungen für einen Übergangszeitraum ausgesprochen.
Einigung auf EU-Richtlinie zur Umsetzung der globalen Mindeststeuer erforderlich
Die Europäische Kommission möchte eine einheitliche Umsetzung der globalen Mindeststeuer in den EU-Mitgliedsstaaten durch den Erlass einer zusätzlichen EU-Richtlinie gewährleisten. Hierzu hatte sie bereits zwei Tage nach Veröffentlichung der OECD/IF-Model Rules (20. Dezember 2021) einen entsprechenden Richtlinienentwurf vorgelegt. Ziel der aktuellen französischen EU-Ratspräsidentschaft ist es, die EU-Richtlinie noch vor den französischen Präsidentschaftswahlen (10. April 2022, Stichwahl 24. April 2022) zu verabschieden. Auf dem jüngsten Treffen der EU-Wirtschafts- und Finanzminister (ECOFIN) am 15. März 2022 hatten jedoch einige Staaten (Malta, Schweden, Polen) noch Bedenken geäußert („too early to agree“). Ob die Vorbehalte auf den nächsten Sitzungen (5. April 2022/24. Mai 2022/17. Juni 2022) ausgeräumt werden und die erforderliche Einstimmigkeit erzielt wird, bleibt abzuwarten.