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Steigende Kreditrisiken können Kreditversorgung der Wirtschaft gefährden

Finanzstabilitätsbericht fordert höhere Resilienz der Kreditinstitute
Grei Finanzstabilitätsbericht

© SOPA Images / Kontributor / LightRocket / Getty Images

Der Finanzstabilitätsbericht 2022 warnt vor einer substanziellen Verschlechterung des makrofinanziellen Umfelds. Hohe Energiekosten und Inflationsraten, schnell steigende Zinsen und geringe Wachstumsaussichten führen zu hohen Abwärtsrisiken. Bisher habe es aber aus Sicht der Bundesbank keine Beschränkung der Kreditversorgung der Wirtschaft gegeben.

Die Bundesbank fordert von den Finanzinstituten, angesichts dieser Risiken aus eigener Kraft ausreichend resilient zu sein. In ihrem kritischen Befund sieht die Bundesbank bei den Banken keine hinreichende Vorsicht. So würden die Kreditrisiken derzeit zu gering eingeschätzt werden. Die Banken sollten stärker die Auswirkungen von Stressszenarien prüfen und angesichts der hohen Unsicherheiten eine höhere Risikovorsorge betreiben und nur vorsichtig Gewinne ausschütten.

Die Bundesbank unterstützt in ihrem Bericht außerdem den Anfang 2022 von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingeführten antizyklischen Kapitalpuffer.

Diesen zusätzlichen Kapitalpuffer sollen die Banken in Zeiten eines übermäßigen Kreditwachstums aufbauen, um mögliche Verluste besser absorbieren zu können. Er darf im Krisenfall explizit aufgezehrt werden. Dadurch soll die Entstehung einer Kreditklemme vermieden werden.

Aus  Sicht der Bundesbank gibt es aber aktuell keinen Anlass, diesen Kapitalpuffer wieder abzubauen. Erst bei signifikanten Verlusten im Finanzsystem oder übermäßigen Einschränkungen der Kreditvergabe sei daran zu denken. „Makroprudenzielle Politik ist keine Konjunkturpolitik,“ sagte Vizepräsidentin Claudia M. Buch bei der Vorstellung des Berichts. Für Anpassungen des antizyklischen Kapitalpuffers sei der Finanzzyklus, nicht der Konjunkturzyklus maßgeblich.

Unternehmensfinanzierung nicht durch prozyklische Aufsichtsmaßnahmen gefährden

Finanzzyklen und Konjunkturzyklen sind nicht voneinander zu trennen, auch wenn es zeitliche Abweichungen geben mag. Aus Sicht der Wirtschaft wirkt der antizyklische Kapitalpuffer nun aber prozyklisch und erschwert die Unternehmensfinanzierung. Im Zuge möglicher weiterer Zinsschritte der Europäischen Zentralbank und der regulatorischen Anforderungen sollte die Bundesbank die Situation gut beobachten, ob nicht doch in den nächsten Monaten eine Kreditklemme auftritt. Der massive Anstieg bei kurzfristigen Krediten im September und Oktober ist eher als Warnsignal denn als Entwarnung zu verstehen.

Der jährliche Finanzstabilitätsbericht der Deutschen Bundesbank erscheint seit 2005. Als Lehre aus der globalen Finanzkrise von 2007/08 haben diese Berichte massiv an Bedeutung gewonnen.

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Porträtfoto Jan Greitens
Dr. Jan Greitens Referatsleiter Unternehmensfinanzierung