Der DIHK hat nunmehr in einem gemeinsamen Schreiben der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft erste Anregungen für eine Lösung der Probleme gegenüber dem Bundesfinanzministerium adressiert und dafür geworben, auf Ebene der OECD eine staatenübergreifende Lösung zu erarbeiten.
Remote working kann steuerliche Betriebsstätte auslösen
Wird durch grenzüberschreitendes mobiles Arbeiten eine Betriebsstätte im Ausland begründet, führt dies regelmäßig zu einer beschränkten Steuerpflicht des deutschen Unternehmens nach ausländischem Recht. Daraus ergeben sich für das deutsche Unternehmen umfangreiche Registrierungs- und Deklarationspflichten im Ausland sowie Gewinnabgrenzungserfordernisse, wobei bei Nichtbeachtung Sanktionen drohen. Zudem erwachsen im Ausland lohnsteuerliche Verpflichtungen des deutschen Arbeitgebers und je nach Ausgestaltung des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) eventuell auch des Arbeitnehmers, welche die Implementierung zusätzlicher innerbetrieblicher Prozesse erfordern. So müssen bei allen betroffenen Mitarbeitern die Arbeitstage im Ausland ermittelt, Lohnsteuer im Ausland abgeführt und weitere steuerliche Konsequenzen (einschließlich der Vermeidung einer Doppelbesteuerung) beachtet werden. Zudem kann beim Arbeitnehmer ein hoher administrativer Aufwand entstehen, um Doppelbesteuerungsrisiken zu begegnen. Die grenzüberschreitende mobile Arbeit kann auch zu einer Änderung des Sozialversicherungsstatus führen, was mit komplexen Verfahren bei den ausländischen Behörden verbunden ist.
Die Problematik stellt sich insbesondere in den Fällen, in denen ein ausländischer Staat niedrigere Anforderungen an die Begründung einer Betriebsstätte stellt als Deutschland. Zwar hatte die OECD - um die unbeabsichtigte Begründung von Betriebsstätten während der Pandemie zu vermeiden – die OECD eine rechtlich nicht bindende Empfehlung („Updated guidance on tax treaties and the impact of the COVID-19 pandemic“, 21. Januar 2021) veröffentlicht, wonach die vorübergehende Tätigkeit im Homeoffice infolge der Corona-Pandemie keine Betriebsstätte kreieren solle.
Fachkräftesicherung im Mittelstand durch Remote working?
Bereits heute kann gesagt werden, dass mobiles Arbeiten im Ausland nicht auf die Zeit der Pandemie beschränkt ist. Vielmehr wird die Arbeitsform des „remote working“ gerade mit Blick auf die erforderliche Fachkräftegewinnung und -sicherung zu einem wichtigen Element der betrieblichen Arbeitsorganisation auch für Unternehmen des deutschen Mittelstandes.
DIHK setzt sich für international abgestimmte Regelungen ein
Um Unternehmen die hierfür erforderliche Rechtssicherheit zu ermöglichen, sind dauerhafte und praxisgerechte Regelungen erforderlich. Von zentraler Bedeutung ist dabei einerseits die Festlegung von nachvollziehbaren Kriterien, um zu entscheiden, in welchen Fällen durch grenzüberschreitendes mobiles Arbeiten keine Betriebsstätten kreiert beziehungsweise ab wann Betriebsstätten begründet werden. Andererseits sollte festgelegt werden, dass mobiles Arbeiten außerhalb der betrieblichen Räume nicht automatisch zur Annahme einer Betriebsstätte führt.
Dabei ist zu beachten, dass rein unilaterale, deutsche Regelungen nicht ausreichend sind, vielmehr ist ein international abgestimmtes Vorgehen erforderlich. So sollte zumindest auf Ebene der EU, besser noch auf Ebene der OECD, ein gemeinsames, rechtlich bindendes Verständnis der beteiligten Staaten gefunden werden.
Das BMF hat bereits Verständnis für die hieraus erwachsenden Probleme der deutschen Unternehmen erkennen lassen, welche mit Blick auf die dringend erforderliche Fachkräftegewinnung / -sicherung für den Forschungs- und Produktionsstandort Deutschland von besonderer Tragweite sind. So sollen im neuen Jahr erste Beratungen mit den anderen OECD-Staaten aufgenommen werden.