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Erzeugungskriterien für grünen Wasserstoff im Verkehrssektor anpassen

DIHK bezieht Stellung und unterbreitet Verbesserungsvorschläge
Wasserstoff-Tanksäule mit Windrädern im Hintergrund

Die Kriterien für "grünen" Wasserstoff werden zunächst für den Verkehrssektor definiert

© Scharfsinn86 / iStock / Getty Images Plus

Wie genau ist "erneuerbarer Wasserstoff" definiert? Zu dieser für den Markthochlauf sehr bedeutsamen Frage hat die EU-Kommission einen Verordnungsvorschlag vorgelegt, der nach Auffassung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) allerdings noch Verbesserungspotenzial birgt.

Das "Fit for 55"-Paket der EU-Kommission von Mitte 2021 enthält unter anderem den Legislativvorschlag zur Überarbeitung der aktuellen Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Darin ist auch vorgesehen, dass der Einsatz erneuerbarer Energien in der EU ebenfalls für den Verkehrssektor gefördert wird. Insbesondere die Nutzung von Kraftstoffen "nicht biogenen" Ursprungs, also vornehmlich Wasserstoff (H2) und seine Folgeprodukte, soll vorangebracht werden.

In einer delegierten Verordnung, die aktuell von der Kommission bearbeitet wird, werden die Kriterien für die Produktion solcher erneuerbaren Kraftstoffe für den Verkehr definiert. Dabei ist zu erwarten, dass diese Definitionen auch auf andere Sektoren übertragen werden.

Das Thema hat für die deutsche Wirtschaft eine große Bedeutung, denn ein schneller Hochlauf des Wasserstoffmarktes ist für das Erreichen der Klimaziele besonders wichtig. Vor allem für die Industrie wird die Versorgung etwa mit Grünstrom, CO2-neutralem Wasserstoff und seinen Folgeprodukten zu einer entscheidenden Standortfrage.

90-Prozent-Quote für Grünstrom nicht realistisch

In ihrem Rechtsaktsentwurf hat die EU-Kommission für die H2-Erzeugung mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien (EE) allerdings strenge Vorgaben formuliert. Wird der benötigte Grünstrom aus dem allgemeinen Stromnetz entnommen, soll dieses in der entsprechenden Gebotszone einen Anteil von mindestens 90 Prozent EE-Strom aufweisen. Gleichzeitig soll die Produktionsdauer eine mit einem bestimmten Schlüssel errechnete Höchststundenzahl nicht überschreiten dürfen. Dies soll verhindern, dass die H2-Erzeugung zulasten der EE-Quote für andere Anwendungen geht.

Die Anforderung der 90-Prozent-Quote liegt nach Einschätzung des DIHK für die meisten EU-Staaten auch perspektivisch in weiter Ferne. Er plädiert deshalb dafür, sie zunächst abzusenken und dann über ein Stufenmodell schrittweise zu steigern. Alternativ wäre es aus Sicht der Wirtschaft ausreichend, nur das Kriterium zur Volllast-Stundenzahl anzuwenden.

Zeitliche Bilanzierung entspannen

Außerdem spricht sich der DIHK für eine Aufweichung des Zeitkriteriums aus. Während die EU-Kommission einen Nachweis vorsieht, dass der für die H2-Erzeugung eingesetzte EE-Strom in der gleichen Stunde produziert wurde, plädiert der DIHK für eine entspanntere zeitliche Bilanzierung, die etwa auf den Monat abstellt. So könnte auch in Flautephasen grüner Wasserstoff produziert werden. Das würde einerseits den Unternehmen Planungssicherheit in ihren Produktionsprozessen verschaffen, andererseits die Auslastung der Elektrolyseure verbessern – ein entscheidender Faktor für deren Wirtschaftlichkeit.

"Zusätzlichkeit" nicht auf Neuanlagen beschränken

Und: Um zu vermeiden, dass der Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft den EE-Anteil im Stromsektor insgesamt belastet, will die EU festschreiben, dass für die H2-Produktion nur "zusätzlicher" Ökostrom eingesetzt wird. Der DIHK unterstützt, dass grundsätzlich vor allem Neuanlagen dieses Kriterium der Zusätzlichkeit erfüllen. Er plädiert aber dafür, neben repowerten auch ausgeförderte Anlagen einzubeziehen. Andernfalls gingen Erzeugungskapazitäten verloren, die dringend für den Wasserstoffhochlauf benötigt werden.

Die Konsultation zum Rechtsakt ist bereits ausgelaufen. Nachdem die Kommission die finale Ausgestaltung des Textes veröffentlicht, wird dieser formal dem Europäischen Parlament und dem EU-Rat vorgelegt. Beide Institutionen können ihre Zustimmung oder Ablehnung erteilen. Ein Trilog, wie sonst in der europäischen Rechtslegung üblich, erfolgt bei delegierten Rechtsakten nicht.

Die komplette Stellungnahme gibt es hier zum Download:

DIHK-Stellungnahme zu erneuerbarem Wasserstoff (PDF, 130 KB)



Kontakt

Porträtfoto Josephine Möslein
Josephine Möslein Referatsleiterin Europäische Energie- und Klimapolitik