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Bürokratie hält viele Betriebe vom internationalen Online-Handel ab

Bundesweite Befragung zum Cross-Border-E-Commerce
Onlineshopping

E-Commerce kann auch im Kleinen den Zugang zu neuen Märkten ebnen

© Oscar Wong / Moment / Getty Images

Der Online-Handel boomt und eröffnet auch über Grenzen hinweg attraktive Geschäftsmöglichkeiten – allerdings treffen Unternehmen im internationalen Vertrieb auch auf zahlreiche Stolpersteine. Die Untersuchung "Cross-Border-E-Commerce" wirft ein Schlaglicht auf die aktuelle Lage, nennt Hürden und zeigt Lösungen auf.

Internationaler Vertrieb ist einfach – das sollte man zumindest für den EU-Binnenmarkt annehmen können. Doch sogar innerhalb der Europäischen Union gibt es große Unterschiede etwa hinsichtlich der Umsatzsteuersätze oder der Anforderungen an Verpackung und Entsorgung. Beim Vertrieb in Drittstaaten kommen noch viele weitere Herausforderungen dazu, von der Zollabwicklung bis hin zur Product Compliance.  

In einer bundesweiten Unternehmensbefragung haben die Industrie- und Handelskammern (IHKs) und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) gemeinsam mit dem bei der Universität Regensburg angesiedelten Institut ibi research untersucht, in welchem Umfang und auf welchen Wegen deutsche Betriebe Waren ins Ausland verkaufen – und mit welchen Hürden sie konfrontiert sind. Dabei ging es auch um die strategischen, operativen und regulatorischen Faktoren, die den unternehmerischen Erfolg im Cross-Border-E-Commerce bestimmen.

Gut vier Fünftel der Unternehmen mit Auslandsvertrieb

Von Januar bis April beteiligten sich rund 440 Vertreterinnen und Vertreter von Industrie- und Handelsunternehmen an der Erhebung. 51 Prozent davon verkaufen Produkte oder Dienstleistungen aktiv grenzüberschreitend; weitere 23 Prozent nehmen immerhin Aufträge aus dem Ausland entgegen. Nur 17 Prozent der Unternehmen sind ausschließlich im Bundesgebiet aktiv und möchten daran auch nichts ändern.

Dabei gibt es allerdings erhebliche Unterschiede je nach Betriebsgröße: Große Firmen (72 Prozent) und Industrieunternehmen (89 Prozent) verkaufen mehrheitlich aktiv im oder ins Ausland, bei den kleinen Unternehmen und im Einzelhandel sind es jeweils nur 39 Prozent.

In diesen Zahlen spiegelt sich auch wider, dass das internationale Online-Geschäft nicht ohne Hürden ist: Die Befragten, die auf Auslandsvertrieb verzichten, verweisen zu je einem Drittel auf hohe Versandkosten und rechtliche Unsicherheiten. Zollabwicklung, Steueraufwand und Zeitmangel sind weitere Faktoren, die die Betriebe abschrecken.

Porträtfoto Ilja Nothnagel

Ilja Nothnagel

© DIHK / Werner Schuering

"27 verschiedene Verpackungs- und Elektroschrottbestimmungen innerhalb der EU und unterschiedliche Umsatzsteuerregelungen in jedem EU-Land, überfordern viele Unternehmen", kommentiert Ilja Nothnagel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung, die Ergebnisse.

"Letztlich sehen sich Unternehmen daran gehindert, den Sprung in internationale Märkte zu wagen. Obwohl diese große Chancen und ein erhebliches Umsatzpotenzial bieten. Gerade auf europäischer Ebene sollte Harmonisierung mehr als nur ein Schlagwort sein, insbesondere im Steuer- und Umweltrecht. Daher sollte die Harmonisierung von Regeln im EU-Binnenmarkt forciert und ein internationales E-Commerce-Abkommen innerhalb der WTO vorangetrieben werden."

Auch Georg Wittmann, Geschäftsführer von ibi research, sieht im Auslandsvertrieb über digitale Kanäle – trotz der einen oder anderen Hürde – "eine Riesen-Chancen für die deutsche Wirtschaft". Unternehmen jeder Größe könnten so ihre Umsätze steigern und auch unabhängiger von einzelnen Märkten und Vertriebskanälen werden. Wittmann: "Ich denke, hier liegt viel Potenzial in den nächsten Jahren."

Grafik Cross-Border-E-Commerce, Hürden

© DIHK

Anrainerstaaten bevorzugt

Wird der Schritte ins Ausland getan, rangieren die Nachbarländer ganz oben: 54 Prozent der befragten Unternehmen zählen Österreich zu ihren fünf umsatzstärksten Absatzmärkten. 37 Prozent nennen die Schweiz, 35 Prozent Frankreich und 26 Prozent die Niederlande. Nicht-EU-Staaten wie die USA und China sind vor allem für Industrieunternehmen wichtige Absatzmärkte.

Grafik Cross-Border-E-Commerce, Auslandsmärkte

© DIHK

Der beliebteste Vertriebskanal für das Auslandsgeschäft ist der eigene Online-Shop, ihn nutzen der Erhebung zufolge 54 Prozent der Betriebe, bei den Einzelhandelsunternehmen sind es sogar 81 Prozent. Immerhin 42 Prozent der Befragten greifen auf einen Außendienst beziehungsweise eine Handelsvertretung zurück. Weitere häufig genutzte Vertriebswege sind etwa Amazon oder Messen (je 20 Prozent) beziehungsweise Auslandsniederlassungen (18 Prozent).

Die Unternehmen, die auf einen eigenen Shop im Web verzichten, begründen dies zu 53 Prozent mit einer ungeeigneten Produkt- und/oder Kundengruppe. 26 Prozent betrachten den Aufwand als zu groß, und 22 Prozent erwarten keine nennenswerte Umsatzsteigerung von einem Online-Shop. Genau Letzteres, also ein höherer Umsatz dank Neukundengewinnung, ist für mehr als 80 Prozent der Unternehmen mit Online-Shop die Hauptmotivation.

Kostentreiber Logistik, Versand und Retourenabwicklung

Für den Versand greifen nicht einmal 10 Prozent der Unternehmen ausschließlich auf nationale Dienstleister in den jeweiligen Ländern zurück. Höher ist die Quote – unter anderem aus Gründen der Akzeptanz, des Preises oder der Zollabwicklung – mit 18 Prozent lediglich in China. Im Durchschnitt nutzen 70 Prozent der Unternehmen nur internationale Versanddienstleister.

Die Lagerhaltung der Befragten erfolgt größtenteils in Deutschland – entsprechend berichten knapp drei Viertel der Befragten, dass die Kosten für Logistik, Versand und Retourenabwicklung im Ausland höher ausfallen als hierzulande. 55 Prozent der Unternehmen nennen zudem die Überprüfung und Umsetzung rechtlicher Vorgaben als Kostenfaktor im Auslandsgeschäft.

Jeder vierte Betrieb geht unvorbereitet ins Ausland

Erstaunlich: 25 Prozent der Umfrageteilnehmer, die aktiv im oder ins Ausland verkaufen, hat sich darauf nicht intensiv vorbereitet. Das gilt mit 40 Prozent vor allem für kleine Betriebe, bei mittleren und großen Unternehmen sind es 16 beziehungsweise 10 Prozent. Als hilfreich würden 54 Prozent der Unternehmen Unterstützungsangebote rund um Zoll und Steuern empfinden, 52 Prozent bei rechtlichen Vorgaben. Nur 24 Prozent sehen keinen Unterstützungsbedarf.  

Grafik Cross-Border-E-Commerce, gewünschte Unterstützungsangebote

© DIHK


Die gesamte Untersuchung mit vielen weiteren spannenden Details etwa über Zahlungsverfahren, Service und Logistik gibt es zum Download auf der Website von ibi research.

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Porträtfoto Ulrike Regele
Dr. Ulrike Regele Referatsleiterin Handel

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Porträtbild Petra Blum, Pressesprecherin
Petra Blum Pressesprecherin

#GemeinsamInternationalHandeln

Einen Mitschnitt der Veranstaltung am 20. Juni, bei der die Studie präsentiert wurde, Hinweise auf DIHK- und IHK-Veranstaltungen zum Thema Cross-Border-E-Commerce und hilfreiche Infos aus den Industrie- und Handelskammern finden Sie auch in unserem Dossier.