Die geplante Erhöhung der Personalausweisgebühren um 9 Euro lehnt die deutsche Wirtschaft als unzulässige Quersubventionierung ab. Mit der Anhebung soll der Einsatz des Bundesdruckerei-Systems "PointID" finanziert werden – zulasten des Einzelhandels und privater Automatenanbieter.
Auf Grundlage des Ende 2020 verabschiedeten "Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit im Pass-, Ausweis- und ausländerrechtlichen Dokumentenwesen" dürfen seit Mai 2025 ausschließlich digital vorliegende biometrische Lichtbilder für Pass-, Ausweis- und ausländerrechtliche Dokumente genutzt werden. Bürgerinnen und Bürgern steht dabei ausdrücklich die Möglichkeit offen, sichere Passfotos auch außerhalb der Behörde zu erstellen – sofern die entsprechenden Geräte zertifiziert sind. Lassen sie sich vor Ort im Rathaus ablichten, kommt dabei das "PointID"-System der Bundesdruckerei zum Einsatz und es werden 6 Euro zusätzlich fällig.
Im März 2025 beschloss das Bundesinnenministerium (BMI), dass Kommunen PointID kostenlos nutzen dürfen – die vom Kunden für das digitale Foto gezahlten 6 Euro verbleiben bei den Städten und Gemeinden. Die erforderliche Anschaffung von 10.000 Lichtbild-Automaten für 6.000 Kommunen kostet 171 Millionen Euro, die nun solidarisch refinanziert werden sollen: Ein Verordnungsentwurf des BMI sieht vor, hierfür die Gebühr für den Personalausweis von 37 auf 46 Euro zu erhöhen.
Aus Sicht der Wirtschaft entsteht hierdurch ein unfairer Vorteil für PointID gegenüber privaten Anbietern wie Fotofachgeschäften, Drogerien oder Betreibern von Fotoautomaten. Diese Quersubventionierung gefährdet Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen und schadet dem innerstädtischen Einzelhandel. Zudem stellt nur ein funktionierender Wettbewerb unterschiedlicher Systeme sicher, dass die Unternehmen zuverlässig mit den Ausweisdokumenten versorgt werden, die sie für Mobilität, Beschäftigung und viele digitale Verwaltungsprozesse benötigen.
Geschäftsmodell einer ganzen Branche wird infrage gestellt
"Es kann nicht sein, dass der Staat auf dem Rücken von Kunden und Privatwirtschaft die Bundesdruckerei subventioniert und ihr praktisch ein Monopol verschafft", kritisiert Dirk Binding, Bereichsleiter Digitale Wirtschaft, Infrastruktur, Regionalpolitik bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). "Mit dem faktischen Zwang zu 'PointID' werden etablierte Geschäftsmodelle ganzer Branchen infrage gestellt. Fotohändler, Drogerien und Automatenbetreiber stehen dadurch vor existenziellen Herausforderungen."
Für viele Fotofachgeschäfte mache die Passfotoerstellung bis zu 50 Prozent ihres Umsatzes aus, stellt Binding klar. "Ein Rückgang dieser Einnahmen bedroht nicht nur Arbeitsplätze von rund 1.500 Menschen. Er schwächt auch unsere Innenstädte und mindert die kommunalen Gewerbesteuereinnahmen. Am Ende zahlen Wirtschaft und Gesellschaft die Rechnung – für ein System, das längst nicht überall gefragt ist."
Entscheidung zulasten von Jobs, Steuereinnahmen und Bürgerämtern
Rainer Th. Schorcht, geschäftsführender Gesellschafter der Foto Schorcht GmbH, Gütersloh, und Mitglied des DIHK-Handelsausschusses, sieht das ähnlich:
"Mit diesem Gesetz vollzieht das BMI eine 180-Grad-Wendung. Statt Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Anbietern strebt die Politik plötzlich ein Monopol der Bundesdruckerei bei der Erstellung von Passbildern an. Sie vernichtet damit Arbeitsplätze, verhindert Mehrwertsteuereinnahmen und belastet die Bürgerämter mit stressigen Aufgaben."
Für Christoph Werner, Chef der Drogeriemarktkette dm und ebenfalls im DIHK-Handelsausschuss aktiv, steht fest: "Mit der Preisgestaltung für Ausweisdokumente und digitale Passbilder in Bürgerbüros verstößt der Staat gegen die grundsätzlichen Prinzipien von Preistransparenz, Wahlfreiheit und niedrige Gebühren. Wir fordern daher: keine Quersubvention von Passbildautomaten auf Bürgerämtern durch höhere Ausweisgebühren und faire Wettbewerbsbedingungen für private Anbieter."
Die Forderungen der IHK-Organisation im Überblick
Keine Gebührenerhöhung, sofern sie nicht ausschließlich gestiegene Verwaltungs- und Produktionskosten deckt
Keine Quersubventionierung des PointID-Systems über die allgemeinen Ausweisgebühren
Marktkonforme Finanzierung von PointID über die Lichtbildgebühr
Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Lichtbildgebühr, falls die tatsächlichen Kosten über 6 Euro liegen – zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen
Sicherung eines fairen Wettbewerbs für private Anbieter
Die DIHK hat sich gegenüber dem BMI auch in einer Stellungnahme zum Thema geäußert: