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Finanzielle Lage in der Wirtschaft bleibt angespannt

Die Krise nach der Krise trifft vielfach auf leere Kassen
Geschäftsmann berechnet Finanzen mit einem Taschenrechner

Gerade kleinere Betriebe rechnen aktuell mit spitzer Feder

© SrdjanPav / E+ / Getty Images

Auch in finanzieller Hinsicht zeichnen sich weiterhin keine rosigen Aussichten für die Unternehmen ab. Weniger Eigenkapital, Liquiditätsengpässe und Forderungsausfälle machen den Betrieben schwer zu schaffen.

Im Frühjahr 2022 beschreiben 35 Prozent der Unternehmen ihre Finanzierungssituation als problematisch, zu Jahresbeginn waren es knapp 38 Prozent. Nach fast zwei Jahren Pandemie, die stark an den Reserven der Betriebe zehrte, ist der Eigenkapitalrückgang mit 19 Prozent Hauptproblem vieler Unternehmen. Weiterhin berichten auch bedeutend viele Betriebe von Liquiditätsengpässen (15 Prozent), was den anhaltenden und sich verschärfenden Lieferkettenstörungen sowie kräftig steigenden Preisen vor allem für Energie, aber auch für Rohstoffe, Vorprodukte sowie Logistikleistungen geschuldet ist.

Damit geht auch eine leichte Zunahme der Unternehmen einher, die sich Forderungsausfällen gegenübersehen (acht Prozent). Je kleiner das Unternehmen, desto kritischer stellt sich die Finanzlage dar. So berichten 42 Prozent der kleinen Betriebe mit bis zu 19 Beschäftigten von Finanzierungsproblemen im Vergleich zu nur 18 Prozent der Großunternehmen ab 1.000 Beschäftigten.

Grafik zur Konjunktur Frühsommer 2022 Finanzlage

© DIHK

Situation im Dienstleistungsbereich durchwachsen

Im Vergleich der Wirtschaftszweige ist die Finanzlage der überwiegend kleinen und mittelgroßen Dienstleister am schwierigsten. Gleichzeitig zeigt sich aber auch eine Erholung, nachdem nun auch dort weitestgehend Einschränkungen im Geschäftsbetrieb entfallen sind und Corona-Hilfen ausbezahlt werden. Nunmehr berichten 38 Prozent der Dienstleistungsunternehmen von einer problematischen Finanzlage. Zu Jahresbeginn 2022 waren es noch 43 Prozent. Bei den Reisevermittlern, den Gastronomiebetrieben und den Betrieben aus den Bereichen Kunst, Kultur, Erholung sind die Einschränkungen allerdings erst vor wenigen Wochen ausgelaufen. Dementsprechend kritisch ist weiterhin ihre Finanzlage.

Besonders angespannt fällt die Bewertung der Finanzlage im Bereich Verkehr, Logistik und Lagerhaltung aus – nahezu jedes zweite Unternehmen meldet hier Probleme. Häufig treffen in dieser Branche fest vereinbarte Leistungspreise auf sprunghaft gestiegene Energiekosten. Dazu kommen die Knappheiten durch Logistikstörungen wie die Überlastung internationaler Häfen sowie die mangelnde Verfügbarkeit von Containern oder Paletten. Besonders stark geändert hat sich die Situation bei den Unternehmen des Straßengüterverkehrs. Jeder zweite Betrieb berichtet dort über Finanzierungsprobleme, das sind zehn Prozent mehr als noch zu Jahresbeginn.

Unveränderte Lage in Industrie, Bau und Handel

In der Industrie berichtet unverändert ein knappes Drittel der Unternehmen von einer problematischen Finanzlage (31 Prozent). Doch gerade dort fällt das Bild je nach Branche sehr unterschiedlich aus. Steigende Kosten für Energie, Rohstoffe und Vorprodukte führen in einzelnen Industriebranchen zu erheblichen Belastungen. So sehen sich mehr Unternehmen als zu Jahresbeginn in der Chemischen Industrie (29 nach 24 Prozent zu Jahresbeginn 2022), bei den Gummi- und Kunststoffproduzenten (36 nach zuvor 29 Prozent) sowie in der Metallerzeugung und -bearbeitung (41 nach zuvor 35 Prozent) mit finanziellen Herausforderungen konfrontiert.

Bei den Bauunternehmen schätzt rund ein Viertel seine Finanzlage als schwierig ein (28 nach zuvor 27 Prozent), und auch im Handel ist der Anteil der Unternehmen mit Schwierigkeiten bei der Finanzierung fast unverändert hoch (35 nach zuvor 36 Prozent). Im Großhandel und bei den Handelsvermittlern sieht die Finanzlage etwas besser aus. Hier können aber auch deutlich mehr Unternehmen die Kostensteigerungen schneller an die nachgelagerten Wirtschaftsstufen durchreichen: Während drei von fünf Großhändlern die Kostensteigerungen bereits weitergegeben haben, sind es bei den Einzelhändlern erst 45 Prozent. Im Einzelhandel, der aus einer angespannten Pandemielage kommt und der die Risiken steigender Energie- und Rohstoffkosten und steigender Arbeitskosten auf einem Allzeithoch bewertet, berichten deshalb 41 Prozent der Unternehmen von einer problematischen Finanzlage.

Kostendruck aufgrund von Preissteigerungen & Co.

Steigende Preise haben den Unternehmen zuletzt besonders zu schaffen gemacht. In einer Sonderbefragung wurden die Unternehmen in der Frühsommer-Konjunkturumfrage gefragt, von welchen Preissteigerungen sie in besonderem Maße betroffen sind. Am häufigsten nennen sie höhere Einkaufspreise für Energie (79 Prozent) und bezogene Waren (70 Prozent). Von gestiegenen Arbeitskosten sind 57 Prozent der Unternehmen betroffen.

Diese Kostensteigerungen zehren an den Margen und können viele Unternehmen vor ernsthafte Existenzprobleme stellen. Der einzige Ausweg ist oftmals die Weitergabe an die Kunden. Doch nicht immer ist dies möglich: Dem kann eine fehlende Akzeptanz beim Kunden entgegenstehen oder der internationale Wettbewerbsdruck, denn nicht alle Volkswirtschaften sind von den gleichen Preissteigerungen betroffen wie Deutschland. Hinzu kommen auch langfristige Verträge, die eine Anhebung von Preisen – zumindest kurzfristig – nicht erlauben. 

Insgesamt geben knapp drei Viertel der Unternehmen in der Sonderumfrage an, Preise in Zukunft erhöhen zu wollen (34 Prozent) oder das bereits getan zu haben (39 Prozent). 15 Prozent können ihre Kostensteigerungen nicht an die Kunden weitergeben und sechs Prozent haben sich noch nicht entschieden. Lediglich 6 Prozent aller Unternehmen berichten von keinen nennenswerten Kosten- und Preissteigerungen betroffen zu sein. 

Hier gibt es die DIHK-Sonderauswertung zur Finanzierungssituation der Unternehmen im Frühsommer 2022 zum Download:

Finanzlage der Unternehmen bleibt schwierig (PDF, 396 KB)

Kontakt

Portätbild Kathrin Andrae
Dr. Kathrin Andrae Referatsleiterin Öffentliche Finanzen