DIHK-Stellungnahme zur EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung

Die EU-Kommission schlägt mit COM(2025) 80/81/87 Entlastungen bei Nachhaltigkeitsberichterstattung, Sorgfaltspflichten und CBAM vor. Der DIHK befürwortet diesen Kurs – und fordert schnelle Beschlüsse, praxistaugliche Regeln und Planungssicherheit.

Mit dem Omnibus-Paket (COM(2025) 80, 81, 87) will die EU-Kommission Berichtspflichten (CSRD/ESRS), Sorgfaltspflichten (CSDDD) und den CO2-Grenzausgleich (CBAM) schlanker und handhabbarer machen. Für Unternehmen geht es um weniger Bürokratie, klarere Anwendungsbereiche und verlässliche Fristen. Positiv sind u. a. höhere Einstiegsschwellen bei der CSRD, ein Value-Chain-Cap mittels VSME-Standard, Optionen bei der Taxonomie sowie eine 50-Tonnen-Freigrenze beim CBAM. Entscheidend ist jetzt eine zügige Verabschiedung mit praktikablen Übergangsregeln – damit Investitionen in Transformation und Wettbewerbsfähigkeit nicht durch Unsicherheit gebremst werden.

Das Wichtigste in Kürze

  • CSRD: Entlastungen geplant (unter anderem Schwelle 1.000 Mitarbeiter, Streichung sektoraler ESRS), Value-Chain-Cap via VSME.
  • CSDDD: Teilharmonisierung, weniger bürokratische Pflichten, aber weiterhin Anforderungen bei plausiblen Risiken in tieferen Ketten.
  • Taxonomie: Für Teile der Unternehmen freiwillige Berichterstattung; vereinfachte Meldebögen angekündigt.
  • CBAM: 50-Tonnen-Freigrenze, Standardwerte, mehr Anti-Umgehungsregeln – Registrierungspflicht bleibt ein kritischer Punkt.
  • Dringend: schnelle Beschlussfassung, klare Übergangsregeln und Kohärenz zwischen CSRD, CSDDD, Finanzaufsicht und Zollprozessen.

Hintergrund

Umweltrechtliche Anforderungen verursachen häufig hohe Kosten, zusätzliche Melde- und Dokumentationspflichten sowie lange und komplexe Genehmigungsprozesse. Viele Vorgaben gehen auf EU-Recht zurück und werden in den Mitgliedstaaten unterschiedlich umgesetzt, was den Binnenmarkt belastet. Die EU-Kommission hat einen "Umweltomnibus" für Q4/2025 angekündigt und will die Einhaltung der erweiterten Herstellerverantwortung vereinfachen. Darüber hinaus bestehen in weiteren Rechtsakten – etwa EUDR, PPWR, IED, RoHS, WEEE, Einwegkunststoffrichtlinie sowie bei UVP/IE-Verfahren – erhebliche Potenziale für Standardisierung, Entlastung und Klarheit. Die DIHK schlägt konkrete Anpassungen vor, die Umweltschutzziele wahren, aber überbordende Bürokratie vermeiden.

Was für Unternehmen wichtig ist

  • Anwendungsbereich prüfen: Fällt Ihr Unternehmen künftig (erst) ab 1.000 MA unter die CSRD? Prüfen Sie Fristen (vorauss. ab GJ 2027/2028) und bereiten Sie Wesentlichkeitsanalyse, Prozesse und Systeme rechtzeitig vor.
  • Lieferkette fokussieren: Abfragen entlang der Kette straffen und – sobald verfügbar – das VSME-Basismodul als Standard für Datenanforderungen an nicht berichtspflichtige KMU nutzen (Once-only-Prinzip, Schnittstellen zu ERP/Reporting-Tools mitdenken).
  • Taxonomie-Reporting optional nutzen: Wo zulässig, Aufwand reduzieren; gleichzeitig interne Datenhaushalte so strukturieren, dass eine spätere Ausweitung ohne Medienbruch möglich ist.
  • CBAM-Vorbereitung: Importvolumina CBAM-Waren konsolidieren, 50-Tonnen-Grenze je Jahr prüfen, Verfügbarkeit von Emissionsdaten sondieren und Standardwerte als Fallback einplanen; Prozesse mit Zolldienstleistern vereinheitlichen.
  • Prüf- und IT-Planung: Anpassungen an ESRS-Überarbeitung einkalkulieren (Datenmodelle, Kontrollen, Audit-Readiness), aber Investitionen gestaffelt tätigen – abhängig vom Zeitpunkt des Rechtsakts und nationaler Umsetzung.

Forderungen der DIHK

  • Rechtssicherheit: Sanktionen für die "erste Welle" der CSRD rückwirkend aussetzen und klare Übergangsregeln beschließen; Anwendung von geänderten ESRS mit ausreichendem Vorlauf.
  • CSRD fokussieren: Schwellen konsistent und praxistauglich gestalten; Value-Chain-Anforderungen wirksam begrenzen (Tier‑1‑Fokus), VSME-Basis als verbindliches Cap definieren und europaweit kohärent auslegen.
  • Kohärenz sichern: Finanzaufsicht (Leitlinien/Reporting der Institute) auf VSME-Basis abstimmen; internationale Standards (unter anderem ISSB) interoperabel anerkennen; ESEF-Pflichten auf Notwendigkeit prüfen.
  • CSDDD zielgenau: Kernrechte/Verbote klar und messbar definieren; "White List" für Länder mit hohem Schutzniveau; Haftungs- und Sanktionsregime verhältnismäßig und europaweit konsistent.
  • CBAM praxistauglich: Wahlrecht zwischen Registrierung/Zertifikatehandel und einer vereinfachten Zollabrechnung auf Basis von Standardwerten; 50‑t‑Freigrenze zügig beschließen und Methodik der Standardwerte regelmäßig evaluieren.

FAQ

Häufig gestellte Fragen

  • Ab wann gelten die Entlastungen?
    Solange Rat und Parlament die Vorschläge nicht beschlossen und veröffentlicht haben, gelten die aktuellen Pflichten fort. Unternehmen sollten mit Szenarien planen und Übergangsregeln beobachten.
  • Was ist der VSME-Standard und wofür nutze ich ihn?
    Der freiwillige KMU-Standard (VSME) soll ein einheitliches, schlankes Datenset für Nachhaltigkeitsanfragen entlang der Kette liefern – als „Cap“ für Zulieferabfragen und zur Entlastung nicht berichtspflichtiger KMU.
  • Betrifft mich die 50‑Tonnen‑Grenze beim CBAM?
    Zählen Sie die Jahresmengen CBAM-pflichtiger Waren (je Importeur) zusammen. Unter 50 Tonnen werden Importeure ausgenommen. Bei Grenzfällen Prozesse mit Zolldienstleistern frühzeitig klären.
  • Was, wenn Lieferanten keine Emissionsdaten liefern?
    Die Nutzung von Standardwerten ist vorgesehen und reduziert Prüfaufwand. Planen Sie Standardwerte als Fallback ein und dokumentieren Sie Anfragen und Annahmen.
  • Wir haben bereits in Reporting/IT investiert – lohnt das noch?
    Ja. Datenqualität, Prozesse und Governance bleiben wettbewerbsrelevant (Kunden, Banken, Beschaffung). Investitionen sollten modular erfolgen, um Anpassungen an finale ESRS/CSDDD-Zuschnitte effizient umzusetzen.

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DIHK-Stellungnahme zum EU-Nachhaltigskeitsomnibus (PDF, 329 KB)

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Schwerpunkte:
  • Umwelt
  • Bürokratie

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