Dass die EU-Kommission den Geltungsbeginn der europäischen Entwaldungsverordnung (EUDR) erneut um zwölf Monate verschieben möchte, stößt in der Wirtschaft auf Erleichterung. Bisher war vorgesehen, mit der Anwendung der Vorschriften Ende 2025 zu starten.
Um die umfassenden Berichtspflichten aus der EUDR zu erfüllen, sollen die betroffenen Unternehmen künftig ein Informationssystem nutzen, das von der EU-Kommission entwickelt, verwaltet und gewartet wird. In einem Brief an die Vorsitzenden des Umweltausschusses des Europaparlaments und des Umweltrates schilderte EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall am 23. September jedoch Probleme mit der Leistungsfähigkeit des Systems.
IT-System Stand heute überfordert
Nach neueren Prognosen werde die voraussichtliche Datenlast deutlich höher ausfallen als angenommen. Sehr wahrscheinlich werde es "zu einer inakzeptablen Verlangsamung des Systems oder sogar zu wiederholten und lang anhaltenden Störungen" kommen, warnte Roswall. Sie schlug deshalb einen Aufschub um weitere zwölf Monate vor. Rat und Parlament müssen dem noch zustimmen.
Nicht nur wegen dieser ganz konkreten IT-Probleme bewertet Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), eine Verschiebung des Geltungsbeginns der EU-Entwaldungsverordnung als "richtig und überfällig". Sie bringe den betroffenen Unternehmen eine dringend notwendige Atempause.
"Zwar wird das Ziel entwaldungsfreier Lieferketten von der Wirtschaft unterstützt, doch die aktuelle Ausgestaltung ist weder praxistauglich noch rechtssicher", so Treier. "Besonders kleine und mittlere Unternehmen sind mit den komplexen Nachweispflichten überfordert, während wichtige Handelspartner zentrale Informationen wie Geodaten teilweise gar nicht bereitstellen wollen."
Verordnung grundlegend nachbessern
Jetzt gelte es, die zusätzlichen zwölf Monate nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, sondern die Verordnung grundlegend nachzubessern – mit praxistauglichen und verhältnismäßigen Regeln. "Dazu gehört die Einführung einer Null-Risiko-Kategorie für Länder mit vernachlässigbarem Risiko sowie die Einführung von praktikablen Alternativen für Fälle, in denen Handelspartner nur eingeschränkt Geodaten bereitstellen", sagt der DIHK-Außenwirtschaftschef. "Nur so kann die EUDR wirksam zum Schutz der Wälder beitragen, ohne funktionierende Lieferketten und ganze Branchen zu gefährden."
Seine Warnung: "Es muss unbedingt verhindert werden, dass wir in einem Jahr erneut unter praxisfernen Rahmenbedingungen vor dem Geltungsstart stehen und Unternehmen – wie in den vergangenen Monaten und auch schon 2024 – wieder in eine Phase erheblicher Unsicherheit geraten."
Kontakt
Olga van ZijverdenReferatsleiterin Grundsatzfragen der Außenwirtschaftspolitik