Heizöl-Kraftwerkt mit Umspannwerk und Stromleitung

DIHK-Unternehmensbefragung: Kundenanlage nach dem Energiewirtschaftsgesetz

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) stellt die Rechtsbasis für sogenannte Kundenanlagen nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) infrage. Eine Befragung der DIHK zeigt: Mehr als die Hälfte von 375 Unternehmen betreibt eine Kundenanlage – oft ohne es zu wissen. Die Weiterleitungen reichen von Kleinstmengen bis zu erheblichen Stromanteilen. Die Folge: erhebliche Rechtsunsicherheit für viele Branchen.

Mit dem EuGH-Urteil C-293/23 vom 28. November 2024 geraten die deutschen Regeln zu Kundenanlagen (§ 3 Nr. 24a/b EnWG) unter Druck. Für Unternehmen, die Strom innerhalb ihrer Betriebsnetze weiterleiten, entstehen neue regulatorische Risiken. Die DIHK hat im März 2025 bundesweit 375 Unternehmen befragt. Das Ergebnis: Kundenanlagen sind weit verbreitet, ihre Einordnung häufig unklar und die Praxis äußerst heterogen – einfache regulatorische Anpassungen sind daher kaum möglich. Die Analyse liefert Zahlen, Hintergründe und mögliche nächste Schritte.

Kernaussagen auf einen Blick

  • Kundenanlagen nach EnWG stehen nach EuGH‑Urteil C‑293/23 grundlegend zur Diskussion.
  • Betroffen sind Unternehmen, die Strom hinter dem Netzanschluss an Dritte weiterleiten (zum Beispiel Kantinen, Ladepunkte, vermietete Flächen).
  • Über 50 % der befragten Unternehmen betreiben eine Kundenanlage; ein erheblicher Teil unwissentlich.
  • Verantwortung für die interne Versorgung liegt meist beim Unternehmen (78 %).
  • Regulatorische Optionen reichen von nationaler Anpassung bis zu EU‑Ebene; schnelle, einfache Lösungen sind nicht absehbar.

Kundenanlagen ermöglichen die Weiterleitung von Strom an Letztverbraucher hinter einem Netzanschluss, ohne volle Anwendung der Netzbetreiberpflichten. Der EuGH sieht hierin eine Inkonsistenz mit EU‑Netzpflichten, da Kundenanlagen Merkmale eines Netzes erfüllen und so Pflichten umgangen werden könnten. Als nächste Schritte sind eine Entscheidung des BGH im Ausgangsfall und anschließend gesetzgeberische Klärungen zu erwarten. Eine Änderung der Strommarktrichtlinie auf EU‑Ebene wäre rechtssicher, erfordert jedoch Zeit.

Die DIHK hat im Mai 2025 ermittelt, in welchem Umfang die Unternehmen betroffen sind.

Die Ergebnisse im Detail

  • Stichprobe: 375 Unternehmen (bundesweit)
  • Branchenmix: Industrie 53 %, Dienstleistungen ~20 %, Bau/Immobilien 8 %, Handel 7 %
  • Nutzung (Selbstauskunft):
    • 33,6 % betreiben wissentlich eine Kundenanlage
    • 47,7 % nutzen das Privileg nicht
    • 18,1 % verneinen die Nutzung, leiten aber faktisch Strom an Dritte weiter
  • Weiterleitungsanteile bei unwissentlicher Nutzung:
    • 45 % < 5 %
    • 14,8 % zwischen 5–10 %
    • 6,9 %: 10–20 %
    • 8,5 %: 20–30 %
    • 24,8 %: > 30 %
  • Versorgung innerhalb der Kundenanlage:
    • 78 % Unternehmen selbst
    • 22 % Externe (verbundene Unternehmen/Dienstleister)

Hinweis: Werte beziehen sich auf die Stichprobe und sind nicht repräsentativ für alle Unternehmen.

Die gesamte Umfrage steht hier im PDF-Format zum Download bereit:

Kundenanlage nach dem Energiewirtschaftsgesetz (PDF, 432 KB)

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  • Industrie
  • Klima

Ansprechpartner

Wenz, Niclas

Dr. Niclas Wenz

Referatsleiter für Strommarkt, erneuerbare Energie und nationalen Klimaschutz