Eine europaweite "Spar- und Investitionsunion", die Banken- und Kapitalmarktfinanzierung leichter zugänglich macht, kann den Unternehmen in Deutschland helfen. Eine Kapitalmarktunion könnte insbesondere die Finanzierung von Gründungen, Unternehmensnachfolgen und Restrukturierungen stärken. Darüber hinaus kann der Kapitalmarkt – im Vergleich zur Kreditfinanzierung – höhere Volumina zur Finanzierung der digitalen Transformation und Dekarbonisierung stemmen. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht bietet der Kapitalmarkt nicht nur die Möglichkeit zur Diversifizierung und damit zur Risikostreuung, sondern ermöglicht auch privaten Anlegern, an den Wertentwicklungen zu partizipieren. Aber nicht nur für etablierte Unternehmen, sondern auch für junge Unternehmen kann der Kapitalmarkt im Rahmen der Wagnisfinanzierung eine wichtigere Rolle in Deutschland spielen. Die Herausforderungen liegen vor allem in der Schaffung möglichst einfacher, einheitlicher und standardisierter Regeln. Diese Regeln sollten die Attraktivität für Investoren erhöhen, aber auch für die Unternehmen kosteneffizient umsetzbar sein.
Zudem sollte die Subsidiarität beachtet werden: Nur dort vereinheitlichen, wo dadurch auch die Situation verbessert werden kann. So sollte die Aufsicht nur für jene Akteure vereinheitlicht werden, die auch europaweit geschäftlich aktiv sind und EU-weit einheitlichen Regeln unterliegen. Eine darüberhinausgehende Zentralisierung der Kapitalmarktaufsicht in Form einer Europäischen Superbehörde für den Kapitalmarkt (Weiterentwicklung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA mit Sitz in Paris) ist nicht sinnvoll. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ließe sich so nicht stärken, weil die relevanten steuerrechtlichen Regelungen auf nationaler Ebene bleiben, die Europäischen Richtlinien national umgesetzt und die Marktstrukturen weiterhin von lokalen Besonderheiten geprägt sein werden. Eine europäische Einlagensicherung darf nicht zu Fehlanreizen führen. Dafür sind einheitliche, etablierte und überwachte Standards in der Bankenaufsicht eine Voraussetzung. Zentralisierungen, zum Beispiel in der Marktinfrastruktur, sollten nicht zu einer Verdrängung von privaten Lösungen führen. Freiwillige Wahlmöglichkeiten bei europäischen Standards, zum Beispiel in der Rechnungslegung, können Unternehmen zusätzliche Optionen schaffen.
Trotz der Förderung der kapitalmarktbasierten Unternehmensfinanzierung darf die überwiegend bankbasierte Finanzierung der KMU nicht geschwächt werden. Angesichts unterschiedlicher Interessen der Marktakteure sollten unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Nutzung des Kapitalmarkts auch unterschiedliche Lösungen gefunden werden, die auch mittelbare Auswirkungen auf nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen beschränken. So sollte zum Beispiel eine sinnvolle Ausweitung der Verbriefungen, die einen positiven Beitrag zur Unternehmensfinanzierung durch Banken und Leasinggesellschaften leisten, nicht dazu führen, dass hierzulande Offenlegungspflichten von KMU in der Kreditbeziehung erhöht werden.