Peter Adrian und Helena Melnikov stehen mit verschränkten Armen nebeneinander

„#GemeinsamBesseresSchaffen – jetzt!“

Die Wirtschaft in Deutschland steht an einem Wendepunkt: Hohe Energie- und Rohstoffkosten, langwierige Genehmigungsverfahren, wachsende Bürokratie und zunehmende globalen Herausforderungen gefährden Investitionen, Innovationen und Standortattraktivität. In ihrer Vollversammlung im November 2023 hat die DIHK daher eine Resolution verabschiedet, die mit zehn klaren Forderungen den Weg für einen Neustart der Standort- und Wirtschaftspolitik weist.

Mit ihrem Grundsatzbeschluss „#GemeinsamBesseresSchaffen – jetzt!“ hat die DIHK-Vollversammlung im November 2023 ein deutliches Signal für eine dringend notwendige wirtschaftspolitische Zeitenwende gesetzt. Die Resolution fasst die alarmierende Lage vieler Branchen zusammen – geprägt von strukturellen Schwächen, konjunkturellen Risiken und einer wachsenden Zahl regulatorischer Belastungen. Sie benennt konkrete Baustellen und formuliert zehn zentrale Forderungen an Politik und Verwaltung, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und die Handlungsfähigkeit der Unternehmen schnell und nachhaltig zu stärken.

Eine Wirtschaft im Stresstest

Die deutsche Wirtschaft gerät zunehmend in eine Schieflage. In mehreren Branchen verdichten sich strukturelle Herausforderungen mit schlechteren konjunkturellen Rahmenbedingungen zu krisenhaften Entwicklungen. Ausbleibende Investitionen und negative Geschäftserwartungen zeigen: Der Standort Deutschland verliert an Attraktivität.

Unternehmen berichten von wachsender Frustration angesichts immer neuer Berichtspflichten und regulatorischer Vorgaben – trotz politisch zugesagter Entlastungen. Diese Entwicklungen führen zunehmend zu einer Verlagerung industrieller Produktion ins Ausland.

Belastungen wachsen – Vertrauen schwindet

Hinzu kommen massive Unsicherheiten durch hohe Energie- und Rohstoffpreise, gestiegene Finanzierungskosten sowie tiefgreifende Veränderungen durch Digitalisierung, Dekarbonisierung und den demografischen Wandel. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltspolitik hat die ohnehin bestehende Verunsicherung verstärkt.

Viele Unternehmen bezweifeln inzwischen, dass politische Zusagen zu spürbaren Verbesserungen führen. Vertrauen kann erst wieder entstehen, wenn Veränderungen konkret und praxisnah ankommen – schnell, verlässlich und verständlich.

Politik am Limit: Zu viele Regeln, zu wenig Wirkung

Ein Kernproblem liegt in einem Politikstil, der zu sehr auf Detailsteuerung und kleinteilige Regulierung setzt. Komplexe, teils widersprüchliche Vorschriften überfordern nicht nur Unternehmen, sondern zunehmend auch die Verwaltung selbst. Die Folge: Regelungen, die in der Praxis kaum umsetzbar oder überprüfbar sind.

Die Betriebe wünschen sich dagegen eine Politik, die einfache, nachvollziehbare und wirksame Leitplanken setzt – und ihnen den notwendigen Freiraum lässt, um Lösungen selbst zu entwickeln. Gute Wirtschaftspolitik heißt, Rahmen zu gestalten, nicht jeden Schritt zu regulieren.

Ein neues Verständnis von Vertrauen und Verantwortung

Die Unternehmen sind bereit, Verantwortung zu übernehmen und sich aktiv in die Lösung der großen Zukunftsaufgaben einzubringen. Dafür braucht es jedoch eine Politik, die frühzeitig die Perspektive der betrieblichen Praxis einbezieht und Vertrauen in die Eigeninitiative der Wirtschaft setzt.

In einer Zeit multipler Krisen kann Deutschland nur erfolgreich sein, wenn ein neues Wir-Gefühl entsteht – getragen von gegenseitiger Wertschätzung, Dialog und Vertrauen.

Jetzt das Momentum für eine wirtschaftspolitische Zeitenwende nutzen

So schwierig die Lage auch ist: Sie bietet die Chance, jetzt die Weichen für eine moderne und zukunftsfähige Wirtschafts- und Standortpolitik zu stellen. Notwendig sind mutige Entscheidungen, die kurzfristige Entlastungen ebenso ermöglichen wie langfristige Strukturverbesserungen.

Mit den folgenden zehn Punkten zeigt die DIHK auf, wo angesetzt werden muss, damit Deutschland wieder ein attraktiver, innovativer und wettbewerbsfähiger Standort wird.

Der Resolutionstext im Wortlaut

Der Standort Deutschland verliert an Attraktivität

Die deutsche Wirtschaft gerät zunehmend in eine Schieflage. Einige Branchen haben sogar mit krisenhaften Entwicklungen zu kämpfen. Dabei werden strukturelle Herausforderungen aktuell durch schlechte konjunkturelle Vorgaben verstärkt. Der Standort Deutschland verliert an Attraktivität. Ausbleibende Investitionen und negative Konjunkturerwartungen unterstreichen dies.

Nur mit einem kräftigen Aufbruchssignal kann die Politik bei den Unternehmen wieder Vertrauen zurückgewinnen, das sie in den vergangenen Jahren verloren hat: Zu viele Ankündigungen, zu wenige gute Taten. Entgegen den Entlastungsversprechen sieht sich die Wirtschaft mit mehr Berichtspflichten und Vorgaben konfrontiert. Und weitere Belastungen sind noch auf der Agenda.

Der Frust, immer öfter auch die Verzweiflung, bei vielen Betrieben wachsen – und die Verlagerung von industrieller Produktion ins Ausland nimmt zu. Zudem bringen eine unsichere Energieversorgung, hohe Energie- und Rohstoffkosten sowie tiefgreifende Veränderungen durch Digitalisierung, Dekarbonisierung und durch die demografische Entwicklung ohnehin große unternehmerische Herausforderungen mit sich. Aktuell erhöhen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltspolitik und seine Folgen die Verunsicherung. Das aber verstärkt den Druck in Richtung Reformen.

Die Unternehmen werden in der Breite nur dann wieder mehr Vertrauen in die Politik gewinnen, wenn positive Veränderungen in ihrer Praxis ankommen – schnell und konkret. Dabei geht es zunächst um mehr Vertrauen in die Eigeninitiative. Vor allem sollten sich die politisch Handelnden von der Vorstellung befreien, alles bis ins Kleinste regeln zu wollen. Die Königsdisziplin guter Politik sind einfache, nachvollziehbare Regeln mit guter Wirkung in der Praxis – vor allem in der betrieblichen Realität. Mit Detailsteuerung und sich widersprechenden Vorschriften überfordert der Staat nicht nur die Wirtschaft. Er überfordert nicht zuletzt sich selbst. Es werden Regeln, Pflichten, Vorgaben geschaffen, die am Ende ja auch kontrolliert werden müssen. Und es werden in der Sache Versprechungen gemacht, die in der Praxis oft nicht zu halten sind. Nicht mehr komplizierte Regeln, sondern mehr gute, wachstumsorientierte Politik wünschen sich die Betriebe!

Politik soll Leitplanken und Spielräume definieren, sie soll gute Rahmenbedingungen setzen. Und dann sollte sie das Vertrauen haben, dass die Unternehmen diesen Rahmen ausfüllen. Ein solches Zeichen der Anerkennung wäre wichtig. Gerade angesichts der multiplen Krisen muss die Politik mehr auf das Engagement und die Kreativität im Land setzen – und diese auch ermöglichen. Die Botschaft der Politik muss sein: Wir brauchen euch, wir wollen euch machen lassen, wir setzen auf eure Eigenverantwortung – in den Unternehmen, in der Gesellschaft. Dann können wir Deutschland wirtschaftlich erfolgreich in die Zukunft führen. Dann kann gegenseitiges Vertrauen wieder entstehen. Dann können wir #GemeinsamBesseresSchaffen – jetzt.

Wenn sich jeder auf seine Kernaufgaben konzentriert und die Stärken des anderen schätzt, dann kann ein Projekt erfolgreich sein – das gilt im Unternehmen, das gilt aber auch für unser Land insgesamt. Wir wollen uns als Wirtschaft einbringen in das Lösen von Problemen. Dazu muss Politik aber auch frühzeitig diese Perspektive der betrieblichen Praxis im Dialog berücksichtigen. Wir brauchen für ein erfolgreiches Deutschland ein neues Wir-Gefühl, geprägt von gegenseitigem Vertrauen, Wertschätzung und Dialog.

So schwierig die aktuelle Lage auch ist, sie bietet ein Momentum, jetzt die Zeitenwende in der Wirtschafts- und Standortpolitik einzuläuten. Wir brauchen mutige Weichstellungen jenseits von Populismus und Kleinmut. Weichenstellungen, die kurzfristig Entlastungen ermöglichen, die in der Praxis direkt ankommen und langfristige Maßnahmen, die den Standort Deutschland attraktiver gestalten.

Zehn zentrale Forderungen im Überblick

Relevant im Themenfeld:
Schwerpunkte:
  • Digitalisierung
  • Konjunktur
  • Bürokratie
  • Klima
  • Wachstum
  • Industrie