Gutachten spielen eine zentrale Rolle bei technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Entscheidungen. Die öffentliche Bestellung bringt hier Orientierung und Sicherheit: Sie bestätigt besondere Fachkunde und unabhängiges Arbeiten – und schafft Vertrauen bei Gerichten, Behörden und Unternehmen. Für Expertinnen und Experten ist sie eine attraktive Möglichkeit, ihre Kompetenz sichtbar zertifizieren zu lassen und ein neues oder zweites berufliches Standbein aufzubauen. Die Nachfrage nach qualifizierten Sachverständigen steigt, gleichzeitig gehen leider viele erfahrene Fachleute in den nächsten Jahren in den Ruhestand.
Das Wichtigste auf einen Blick
Was ist eine öffentliche Bestellung?
Ein von der IHK verliehenes Qualitätssiegel für besonders sachkundige und persönlich geeignete Expertinnen und Experten.
Für wen ist das interessant?
Für Fachleute, die ihre Expertise sichtbar machen wollen – und für Auftraggeber, die geprüfte Qualität suchen.
Typische Aufgaben:
Gutachten für Gerichte, Behörden, Wirtschaft und Privatpersonen, dazu Beratungen, Prüfungen und Schiedsgutachten.
Wo finde ich Sachverständige?
Im bundesweiten Verzeichnis: www.svv.ihk.de
Was die öffentliche Bestellung auszeichnet
Die öffentliche Bestellung bescheinigt eine besonders hohe fachliche Qualifikation sowie persönliche Zuverlässigkeit und Neutralität. Sie gewährleistet, dass Sachverständige ihre Aufgaben unabhängig, gewissenhaft und unparteiisch erfüllen. Da der Begriff „Sachverständiger“ bzw. "Sachverständige" nicht geschützt ist, bietet die öffentliche Bestellung eine klare Orientierung für Auftraggeber und stärkt die Professionalität des gesamten Sachgebiets.
Für wen eignet sich die Bestellung?
Die öffentliche Bestellung richtet sich an Fachleute, die überdurchschnittliche Expertise in ihrem Gebiet besitzen und regelmäßig gutachterlich tätig sind oder sein möchten. Sie eignet sich gleichermaßen für Selbstständige, Angestellte und freiberuflich Arbeitende, die ihr Profil schärfen, Aufträge erweitern oder ihre berufliche Zukunft neu ausrichten wollen.
Wie werde ich öffentlich bestellte/r Sachverständige/r?
Das Bestellverfahren beginnt bei der jeweils zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK). Es umfasst mehrere Schritte, in denen fachliche und persönliche Eignung nachgewiesen werden.
Verfahrensübersicht
| Schritt | Was bedeutet das? / Was ist nötig? |
|---|---|
| 1. Bedarf und Antrag | Die IHK prüft, ob ein Bedürfnis im Sachgebiet besteht. Erst dann kann ein Antrag gestellt werden. |
| 2. Nachweis der „besonderen Sachkunde“ | Bewerberinnen und Bewerber müssen durch Ausbildung, Berufserfahrung und Referenzgutachten deutlich überdurchschnittliche Fachkenntnisse belegen. |
| 3. Fachliche Prüfung | Ein unabhängiges Fachgremium bewertet die eingereichten Gutachten und führt mündliche, schriftliche oder praktische Prüfungen durch. |
| 4. Prüfung der persönlichen Eignung | Integrität, Unabhängigkeit, Neutralität sowie die Fähigkeit zu gewissenhafter Gutachtenerstellung müssen nachweislich vorliegen. |
| 5. Bestellung und Vereidigung | Nach erfolgreicher Prüfung erfolgt die öffentliche Bestellung und die Vereidigung. |
Hinweis: Die Bestellung ist keine Berufszulassung, sondern eine besondere Qualifikation mit hohen Anforderungen und regelmäßiger Überprüfung.
FAQ - Häufig gestellte Fragen
Wie lange dauert das Bestellverfahren und welche Kosten entstehen?
Das Verfahren dauert meist ein bis anderthalb Jahre.
Für den Antrag und die fachliche Prüfung fallen – je nach IHK und Sachgebiet – insgesamt etwa 1.500 bis 4.000 Euro an.
Gibt es Unterstützung bei der Vorbereitung?
Ja. Viele IHKs bieten persönliche Beratung an. Zusätzlich existiert ein Mentoringprogramm, in dem erfahrene Sachverständige Einblicke in Anforderungen und Praxis geben.
Welche Rolle spielt das Institut für Sachverständigenwesen (IfS)?
Das Institut für Sachverständigenwesen (IfS) unterstützt die IHKs fachlich, etwa durch Stellungnahmen oder Mitarbeit in Prüfungsgremien, und bietet Orientierung zu Anforderungen und Fortbildungen.
Wie finde ich heraus, ob für mein Sachgebiet Bedarf besteht?
Die zuständige IHK informiert darüber, ob ein Sachgebiet aktiv bestellt wird oder ob Engpässe bestehen. Ein kurzer Kontakt genügt.
Wie lange gilt eine Bestellung?
Die Bestellung ist befristet – in der Regel auf fünf Jahre – und wird nur verlängert, wenn besondere Sachkunde und persönliche Eignung weiterhin vorliegen.
Ist die öffentliche Bestellung zwingend erforderlich?
Nein. Gutachterliche Tätigkeiten sind auch ohne Bestellung möglich. Die öffentliche Bestellung gilt jedoch als anerkanntes Qualitätsmerkmal, das insbesondere Gerichte bevorzugt berücksichtigen.
Typische Tätigkeitsfelder & Breite der möglichen Sachgebiete
Öffentlich bestellte Sachverständige sind in unterschiedlichsten Bereichen tätig – von Technik und Bau über Umwelt, Immobilien, Bewertung und Wirtschaft bis hin zu spezialisierten Fachgebieten. Insgesamt bieten die IHKs bundesweit mehr als 250 Sachgebiete an – von Abdichtung und Wärme-/Feuchtigkeitsschutz über Lüftungs- und Klimatechnik bis hin zu Vorbeugender Brandschutz und vielen weiteren Fachrichtungen.
Wer prüfen möchte, ob das eigene Fachgebiet darunter ist, findet die vollständige Übersicht sowie Ansprechpartner im bundesweiten Sachverständigenverzeichnis unter www.svv.ihk.de
Downloads
DIHK-Infobroschüre: "Ihre Bestellung bitte – Lassen Sie sich öffentlich bestellen!" (PDF, 1 MB)
DIHK-Infobroschüre: "Sie stehen da wie bestellt … und mit Sachverstand!" (PDF, 2 MB)
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Veröffentlicht 21.02.2024
Aktualisiert 16.12.2025
Ansprechpartner
Maria Schelske
Referentin Sachverständigenwesen
Axel Rickert
Referatsleiter Kammerrecht und Rechtsaufsicht