Eine von dem Forschungsinstitut Frontier Economics im Auftrag der DIHK erstellte Studie kommt zu dem Schluss, dass die laufenden und zukünftigen Kosten der Energiewende in Deutschland drastisch steigen könnten. Zwischen 2025 und 2049 summieren sich die Gesamtkosten nach aktuellen Berechnungen auf 4,8 bis 5,4 Billionen Euro. Die Analyse macht deutlich, dass ohne eine grundlegende Neujustierung der Energiepolitik erhebliche Belastungen für Unternehmen, Verbraucherinnen und Verbraucher sowie öffentliche Haushalte drohen.
Energiewende – wichtigste Zahlen auf einen Blick (2025–2049)
Gesamtkosten im Status quo:
Deutschland müsste für die Umsetzung der aktuellen Energiewende-Politik 4,8 bis 5,4 Billionen Euro aufbringen. Diese Summe ergibt sich aus Investitionen, Netzkosten, Betriebskosten und Energieimporten.
Kostenaufteilung im Detail:
- Energieimporte: 2,0 bis 2,3 Billionen Euro – damit größte Einzelkomponente.
- Netzinfrastruktur (Ausbau & Betrieb): rund 1,2 Billionen Euro.
- Neue Erzeugungskapazitäten (CAPEX): 1,1 bis 1,5 Billionen Euro.
- Betriebskosten der Kraftwerke (OPEX): 495 bis 498 Mrd. Euro.
Investitionsbedarf je Jahr:
Um die politisch gesetzten Energie- und Klimaziele zu erreichen, müssen zum Beispiel 2035 rund 113 bis 316 Mrd. Euro investiert werden – mehr als eine Verdopplung gegenüber heute. Derzeit liegen die jährlichen energiewendebedingten Investitionen im Mittel bei 82 Mrd. Euro.
Jährliche Systemkosten:
Ab 2030 steigen die Gesamtkosten für Erzeugung, Netze, Betrieb und Importe auf 212 bis 229 Mrd. Euro pro Jahr – bei ungünstigeren technologischen Lernkurven sogar auf bis zu 257 Mrd. Euro.
Einsparpotenzial durch „Plan B“:
Ein technologieoffener, marktorientierter Ansatz könnte die Gesamtsystemkosten bis 2050 um 530 bis 910 Mrd. Euro senken – das entspricht 11 bis 17 Prozent Kostenreduktion.
Hintergrund und Anlass der Studie
Frontier Economics hat im Auftrag der DIHK bewertet, wie teuer die aktuelle Energiepolitik langfristig wird. Die Analyse zeigt erstmals ein vollständiges Bild aller relevanten Systemkosten der Energiewende: Von Investitionen in Energieerzeugung, Netzen und Infrastruktur bis hin zu Energieimporten und Betriebskosten.
Nach Berechnungen der Studie müssen allein bis 2049 4,8 bis 5,4 Billionen Euro aufgewendet werden, um den eingeschlagenen Weg der Energiewende („Status quo“) fortzuführen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 1,1 bis 1,5 Billionen Euro für neue Erzeugungskapazitäten, rund 1,2 Billionen Euro für den Netzausbau und jährliche Betriebs- und Instandhaltungsaufwände von 495 bis 498 Milliarden Euro im betrachteten Zeitraum. Zusätzlich entstehen 2,0 bis 2,3 Billionen Euro an Kosten für Energieimporte – ein zentraler Kostentreiber des Energiesystems im Status quo.
Zudem zeigt die Studie, dass die jährlich erforderlichen Investitionen in die Energiewende bis 2035 auf 113 bis 316 Milliarden Euro pro Jahr steigen werden. Das entspricht bis zu 40 Prozent der heutigen gesamten privaten Bruttoinvestitionen in Deutschland. Schon heute liegen diese Investitionen nach Studienvergleich im Bereich von 82 Milliarden Euro jährlich, müssen sich aber im Verlauf der kommenden Jahre mindestens verdoppeln.
Grafik: Jährliche Investitionsbedarfe der Energiewende auf Basis einer Meta-Analyse von zehn Studien
Weshalb die Kosten so hoch ausfallen
Ein großer Kostenblock sind die Importe. Trotz ambitionierter Ausbauziele für erneuerbare Energien wird Deutschland auch langfristig erhebliche Energiemengen einführen müssen. Nach Zahlen der Studie summieren sich diese Importkosten bis 2049 auf 2,0 bis 2,3 Billionen Euro, abhängig von den zugrunde gelegten Technologie- und Preisentwicklungen. Diese Kosten beinhalten die Herausforderung, das Energiesystem gegen geopolitische Spannungen und Preisschwankungen abzusichern.
Hinzu kommt der hohe Kapitalbedarf für den Netzausbau. Die Studie beziffert die Netzkosten – also Investitionen und laufenden Betrieb in Übertragungs- und Verteilnetzen – auf insgesamt rund 1,2 Billionen Euro bis 2049. Hintergrund sind zusätzliche Leitungen, die Integration neuer Speicher und eine weitreichende Digitalisierung der Netzinfrastruktur, die erforderlich sind, um volatile Erzeugung aus Wind und Solar zu integrieren.
Auch der Umstieg in der Energieerzeugung auf klimafreundliche Technologien verursacht erhebliche Mehrkosten. Für neue Erzeugungskapazitäten – insbesondere mit Windenergie, Photovoltaik, Wasserstoff und Ersatz fossiler Anlagen – veranschlagt die Studie zusätzliche 1,1 bis 1,5 Billionen Euro (CAPEX) bis 2049. Hinzu kommen weitere 495 bis 498 Milliarden Euro Betriebskosten. Zusammen ergibt sich ein Energiesystem, das strukturell deutlich teurer wird und dessen Finanzierung über Jahrzehnte große Herausforderungen birgt.
Grafik: Gesamtkosten des Energiesystems durch die Energiewende bei einer Fortsetzung des Status quo, 2025-2049
Belastungen für Wirtschaft und Standort
Die wachsenden Kosten treffen insbesondere energieintensive Branchen. Laut Studie sind die Energiepreise in Deutschland bereits jetzt unter den höchsten im internationalen Vergleich. Unternehmen sehen sich mit weiter steigenden Kosten konfrontiert: Schon heute bewerten über ein Drittel aller Unternehmen und die Hälfte aller Industrieunternehmen die Energiewende als nachteilig für ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Parallel sinkt die industrielle Produktion in energieintensiven Branchen. Die Studie verweist auf eine anhaltend rückläufige Produktionsentwicklung (siehe Abbildung 6) und Fälle von Standortschließungen und Verlagerungen in der ersten Jahreshälfte 2025 aufgrund zu hohe Energiekosten im internationalen Vergleich.
Volkswirtschaftlich entsteht damit eine kostentreibende Kombination aus steigenden Energiepreisen, strukturellen Wettbewerbsnachteilen und rückläufiger Wertschöpfung.
Grafik: Reduktion der Systemkosten durch "Plan B" bis 2050
Was jetzt nötig ist
Die Studie zeigt deutlich, dass die Energiewende nur gelingt, wenn sie wirtschaftlich tragfähig gestaltet wird. Ein technikoffener, marktwirtschaftlich ausgerichteter Ansatz – der sogenannte „Plan B“ – kann laut Modellierung die Gesamtsystemkosten bis 2050 um 530 bis 910 Milliarden Euro senken. Durch internationale Kooperationen und flexible Emissionsbudgets wären sogar weit über eine Billion Euro Einsparpotenzial möglich.
Die Zahlen zeigen: Mit der aktuellen Politik ist die Energiewende nicht zu stemmen
Peter Adrian
-- DIHK-Präsident
Ein effizienteres Energiesystem, ein bedarfsorientierter Netzausbau, flexiblere Zeitpfade und ein technologieoffenes Innovationsumfeld könnten die Energiewende nicht nur bezahlbarer, sondern auch resilienter machen.
Downloads
Studie zur Energiewende - Plan B (PDF, 4 MB)
DIHK-Vorschläge für kurzfristige Kostenerleichterungen (PDF, 92 KB)
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Veröffentlicht 03.09.2025
Aktualisiert 16.12.2025
Ansprechpartnerinnen
Fachreferentin
Dr. Ulrike Beland
Referatsleiterin ökonomische Fragen der Energie- und Klimapolitik
Für die Presse
Julia Löffelholz
Pressesprecherin