Leere Einwegbecher

Kommunale Verpackungssteuer: eine neue, zusätzliche Belastung

Trotz politischer Versprechen zum Bürokratieabbau wächst der Aufwand für Unternehmen – besonders durch die neue kommunale Verpackungssteuer. Gastronomie, Handel und Dienstleister sehen sich mit komplizierten Vorgaben, unterschiedlichen Steuersätzen und hohem Verwaltungsaufwand konfrontiert. Der Nutzen für die Umwelt ist umstritten, die Belastung für Betriebe real. Wie können praktikable Lösungen aussehen?

Während Bund und EU Bürokratieabbau versprechen, schaffen Kommunen neue Belastungen: Die Verpackungssteuer breitet sich aus. Nach dem Verfassungsgerichts-Urteil Ende 2024 planen weitere Städte die Einführung.

Dieser Beitrag war 2025 das Thema der Woche im Newsletter der KW 25.

Tübingen macht Schule

Seit 2022 erhebt Tübingen als erste deutsche Stadt eine Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen. Ziel: weniger Müll, mehr Mehrweg. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte die Rechtmäßigkeit. Nun ziehen Heidelberg und Freiburg nach, weitere Kommunen diskutieren.

Das Problem: Jede Stadt entwickelt eigene Satzungen mit unterschiedlichen Steuersätzen. Unternehmen droht ein Flickenteppich verschiedener Regelungen.

Bürokratie-Belastung wächst

Die zusätzliche Steuer trifft Betriebe, die bereits unter der Bürokratielast ächzen. DIHK-Studien zeigen: Gastronomiebetriebe wenden 14 Stunden pro Woche für rund 100 gesetzliche Vorgaben auf. Im Einzelhandel investieren kleine Betriebe 38 Stunden monatlich in bürokratische Pflichten.

Wer zahlt was?

Betroffen sind Verkäufer an Endkunden: Gastronomie, Lebensmittelhandel, Kantinen, Veranstalter. In Tübingen kostet ein Einwegbecher 50 Cent, ein Trinkhalm 20 Cent. Die Steuer kann an Kunden weitergegeben oder selbst getragen werden.

Komplizierte Details

Die Tübinger Satzung umfasst wenige Paragrafen – aber 20 Seiten Auslegungshinweise mit komplizierten Detailregelungen:

  • Pizzakarton: Steuerfrei bei Lieferung, steuerpflichtig bei Abholung
  • Sushi: Mit Besteck steuerpflichtig, ohne steuerfrei
  • Drive-in: Steuerfrei versus Parkplatz mit Gang ins Lokal: steuerpflichtig

Den Nachweis über die Nutzungsart müssen Betriebe führen. Im Zweifel entscheidet die Kommune.

Hoher Aufwand, unklarer Nutzen

Die Regelungen verursachen erheblichen Mehraufwand – für Unternehmen und Verwaltungen. Alle steuerpflichtigen Betriebe müssen erfasst, ihre Angaben geprüft und die Umsetzung kontrolliert werden.

Gleichzeitig ist die Wirkung fraglich. Eine gesetzliche Zweckbindung der Einnahmen für Müllbeseitigung existiert nicht. Zudem werden Verpackungen bereits mehrfach belastet: durch Einwegkunststoff-Fonds, Lizenzentgelte im dualen System und kommunale Gebühren.

Bessere Alternativen gefragt

Weniger Müll ist ein gutes Ziel – der Weg sollte aber praktikabel sein. Statt zusätzlicher Steuerlast braucht es positive Anreize:

  • Ausbau zentraler Rückgabe- und Reinigungsstrukturen
  • Beratung und Schulungen für Unternehmen
  • Smarte Lösungen im Abfallmanagement
  • Informationskampagnen statt Strafsteuern

Die IHK-Organisation setzt sich für pragmatische Lösungen im Dialog mit Politik, Verwaltung und Wirtschaft ein. Koordinierte Maßnahmen sind besser als ein Flickenteppich kommunaler Sonderwege.

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Kontakt

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Dr. Ulrike Regele

Referatsleiterin Handel

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Christoph Petri

Referatsleiter Umwelt- und Rohstoffpolitik

Porträtfoto Jens Gewinnus

Jens Gewinnus

Referatsleiter Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Einkommensteuer