Die USA erschüttern mit ihrer Zollpolitik das Welthandelssystem und treffen deutsche Unternehmen hart; leider bietet auch der jüngste EU-USA-Deal keine verlässliche Grundlage. Die EU muss jetzt geschlossen agieren.
Dieser Beitrag war 2025 das Thema der Woche im Newsletter der KW 34.
Die USA erschüttern mit ihrer erratischen Zollpolitik das Welthandelssystem und treffen deutsche Unternehmen hart. Der jüngste EU-USA-Deal bringt keine echte Sicherheit – hohe Zölle werden zum neuen Normal.
Zölle als neuer Normalzustand
Seit August gelten neue US-Zollerhöhungen, die klar gegen WTO-Regeln verstoßen. Während die Schweiz 39 Prozent zahlt und Indien sowie Brasilien 50 Prozent, kommt die EU mit 15 Prozent noch glimpflich davon. Zum Vergleich: Anfang 2025 lagen die US-Zölle für EU-Importe bei knapp 2 Prozent.
Die Folgen sind dramatisch: Laut DIHK-Blitzumfrage wollen 54 Prozent der deutschen Unternehmen ihr US-Geschäft reduzieren, 26 Prozent setzen Investitionen aus. Das trifft eine wichtige Wirtschaftsbeziehung: 2024 erreichte das deutsch-amerikanische Handelsvolumen 252 Milliarden Euro, deutsche Investitionen in den USA summierten sich auf 529 Milliarden Euro. 1,2 Millionen deutsche Arbeitsplätze hängen direkt vom US-Export ab.
EU muss geschlossen handeln
Nur mit Einigkeit kann Europa aus seinem großen Binnenmarkt Verhandlungsstärke schöpfen. Glaubwürdige Abschreckung durch gezielte Gegenzölle oder das EU-Instrument gegen wirtschaftlichen Zwang ist nötig – von Einfuhrbeschränkungen bis zu Investitionslimits.
Entscheidend sind jetzt rechtsverbindliche Detailvereinbarungen in Schlüsselbranchen wie Automobil, Pharma und Stahl. Denn 77 Prozent der Unternehmen sehen die handelspolitische Unsicherheit als größte Belastung. Trotz des "Deals" leiden mehr als die Hälfte unter erheblichen Mehrkosten.
Offenheit statt Abschottung
Jeder vierte deutsche Arbeitsplatz hängt am Export, in der Industrie sogar jeder zweite. Deutsche Unternehmen brauchen offene Weltmärkte und eine funktionsfähige WTO, die für 166 Staaten Zollregeln festlegt und 83 Prozent des Welthandels absichert.
Doch die WTO gerät unter Druck. Ein Zusammenbruch wäre ein wirtschaftliches Desaster. Die EU sollte verstärkt mit Drittstaaten kooperieren und die regelbasierte Ordnung stärken – etwa durch Kooperation mit den CPTPP-Pazifikstaaten.
Tempo ist auch bei bilateralen Handelsabkommen gefragt: Mercosur, Indonesien, Indien, Schweiz, Australien und Malaysia sind entscheidend für Lieferketten-Diversifizierung und EU-Souveränität. Kombiniert mit Bürokratieabbau und Steuerreformen wird Europa besser gewappnet sein, seine Interessen weltweit zu verteidigen.
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Veröffentlicht 11.08.2025
Aktualisiert 16.12.2025
Kontakt
Klemens Kober
Referatsleiter Handelspolitik, transatlantische Beziehungen und EU-Zollfragen
Paul Meyer
Referatsleiter US-Handelspolitik