Der zuletzt gemeldete Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung war tatsächlich noch deutlicher als ursprünglich angenommen. Helena Melnikov, Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), sieht umso dringenderen Handlungsbedarf.
Hatte das Statistische Bundesamt Ende Juli noch gemeldet, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei im zweiten Quartal 2025 gegenüber dem Vorquartal preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,1 Prozent gesunken, korrigierte es den Wert nun auf minus 0,3 Prozent.
"Reformen statt Stillstand – das muss nun die Devise sein", mahnt Helena Melnikov vor diesem Hintergrund. "Deutschland braucht dringend einen Herbst des Aufbruchs."
Mit der Herabkorrektur der Zahlen zum BIP bestätige das Statistische Bundesamt, was die DIHK in den Konjunkturumfragen seit Monaten aufzeige: "Die deutsche Wirtschaft steckt tiefer in der Krise, als viele wahrhaben wollen", warnt die DIHK-Hauptgeschäftsführerin. "So wie bisher geht es nicht weiter. Die neue Bundesregierung ist mit großen Versprechen gestartet, die Hoffnungen auf Reformen waren entsprechend hoch: Standort stärken, Vertrauen zurückgewinnen, Wirtschaftswachstum wieder möglich machen. Nach fast vier Monaten im Amt ist aber klar, dass die Aufwärmphase vorbei ist. Jetzt braucht es entschlossene Taten."
Produktivität muss schneller wachsen als Sozialausgaben
Als "erste positive Schritte" nennt Melnikov Investitionspakete und Impulse für Infrastruktur und Sicherheit. "Doch das reicht nicht. Spätestens seit dem Stromsteuer-Debakel schwindet das Vertrauen vieler Unternehmen erneut. Jetzt braucht es einen klaren Kurs: Die Abgabenlast muss sinken, der Beschleunigungspakt endlich in die Umsetzung, die Verwaltung modernisiert und der Fachkräftemangel entschlossen angegangen werden", zählt sie die wichtigsten Punkte auf.
"Entscheidend ist, dass Produktivität und Wirtschaftskraft schneller wachsen als die Sozialausgaben. Das gelingt nicht mit Steuererhöhungen, sondern nur mit Strukturreformen." In einer Lage, in der bereits Milliarden an neuen Schulden aufgenommen würden, seien "Steuererhöhungen das völlig falsche Signal", stellt Melnikov klar. "Schon die Diskussion darüber sorgt für einen erheblichen Vertrauensverlust in der Wirtschaft."
Entschlossen und geschlossen handeln
Die Koalition müsse jetzt entschlossen und geschlossen handeln, fordert sie. "Andere Länder zeigen, dass es geht: Schweden hat das Rentensystem generationengerecht umgebaut. Die Niederlande haben Pflege und Gesundheit neu aufgestellt. Dänemark hat mit flexiblen Arbeitsmarktregeln Beschäftigung und Absicherung in Einklang gebracht. Wir brauchen jetzt den Mut für Veränderungen."
Auch in der Energiepolitik stünden wichtige Entscheidungen an, so Melnikov weiter: "Entlastungen bei den Preisen, ein Rahmen für den Bau neuer Gaskraftwerke sowie das Gebäudeenergiegesetz. Wir brauchen mehr Markt statt Staat. Mehr Angebote statt Verbote. Die Unternehmen sind bereit zu investieren, sie wollen wachsen, sie wollen Zukunft gestalten. Aber dafür brauchen sie endlich Rahmenbedingungen, die es zulassen. Deutschland kann mehr, aber nur, wenn die Politik jetzt die Weichen richtig stellt. Dieser Herbst 2025 muss der Herbst der Reformen werden."
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Stefanie KoenigReferentin der Hauptgeschäftsführerin