Mit dem Jahresende läuft die Übergangsphase beim CO₂-Grenzausgleich ("Carbon Border Adjustment Mechanism", kurz CBAM) aus. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht immer noch handwerkliche Schwächen in dem komplexen Instrument und hätte sich mehr Austausch mit der Wirtschaft bei der Folgenabschätzung gewünscht.
In der aktuellen CBAM-Phase müssen die Unternehmen "nur" die direkten und indirekten Emissionen berechnen und dokumentieren, die bei der Produktion importierter Güter aus den Produktgruppen Aluminium, Düngemittel, Eisen & Stahl, Elektrizität, Wasserstoff sowie Zement entstanden sind, und jedes Quartal einen entsprechenden Bericht einreichen.
2026 startet dann die Implementierungsphase mit weitreichenderen Pflichten. Vor allem sind dann die mit CBAM-Produkten verbundenen direkten und indirekten Emissionen mithilfe von Zertifikaten auszugleichen, die über eine zentrale Plattform erworben werden können.
"Der CO2-Grenzausgleich treibt viele deutsche Unternehmen weiter um, insbesondere mit Blick auf das Ende der Übergangsphase Anfang 2026", sagte dazu Sebastian Bolay, DIHK-Bereichsleiter Energie, Umwelt, Industrie, dem "Handelsblatt". "Die EU hatte den CBAM übereilt eingeführt, ohne sich der Komplexität in seiner Gänze bewusst zu sein. Wir hatten davor mit vielen detaillierten Stellungnahmen eindringlich gewarnt."
Nun stellten die Regelungen die betroffenen Unternehmen vor "große Herausforderungen", kritisierte Bolay. "Immerhin: Der neue Import-Schwellenwert von 50 Tonnen relevanter Rohstoffe ist eine spürbare Erleichterung gerade für kleine und mittelständische Unternehmen."
Allerdings seien konzeptionelle Fragen und konkrete Punkte für die Praxis noch offen: "Wird es einen Exportrabatt geben, um die Wettbewerbsfähigkeit beim Export zu erhalten, und mit welchen Gegenmaßnahmen werden Drittstaaten gegen das voraussichtlich WTO-widrige Instrument vorgehen? Auf wie viele Downstream-Produkte wird CBAM ausgeweitet, die aufgrund höherer Inputkosten ebenfalls an globaler Wettbewerbsfähigkeit verlieren?"
Für die deutsche Wirtschaft sei der CBAM weiterhin ein Kosten- und Unsicherheitsfaktor, stellte Bolay klar. "Viele Unternehmen müssen weiter auf Standardwerte zurückgreifen können, wenn die Informationsbeschaffung bei Geschäftspartnern schwierig ist."
Standardwerte im Zweifel ungünstiger
Der sich im Zertifikatehandel ergebende CO2-Preis wird rückwirkend für das Jahr 2026 festgestellt – dadurch entstünden gerade in vielen kleineren Betrieben größere Unsicherheiten bei der Finanzplanung, warnte er. "Gleichzeitig fehlen den Betrieben wichtige Kalkulationsgrundlagen, weil der Verifizierungsprozess der CO2-Emissionen noch nicht final ausgearbeitet ist", so der DIHK-Experte weiter. "Deshalb ist es wahrscheinlich, dass mehr Unternehmen mit Standardwerten operieren müssen, die häufig deutlich ungünstiger ausfallen als reale Werte. Die Kosten steigen dadurch."
Bolays Appell: "Die EU sollte daraus lernen und künftig Folgenabschätzungen im engen Austausch mit der Wirtschaft vornehmen, bevor sie solch komplexe Instrumente einführt."
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Klemens KoberReferatsleiter Handelspolitik, transatlantische Beziehungen und EU-Zollfragen