Die Wachstumsprognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute bleiben auch im Herbst mager. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) erinnert daran, dass vor dem Verteilen das Erwirtschaften steht, und fordert für die Unternehmen "ein Entlastungspaket, das diesen Namen auch verdient".
In ihrer Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2025 gehen die Institute davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr um 0,2 Prozent "kaum mehr als stagnieren" wird. Für 2026 erwarten sie – wie bereits im Frühjahr – ein Plus von 1,3 Prozent, für 2027 einen Zuwachs von 1,4 Prozent.
"Die Lage der deutschen Wirtschaft bleibt ernst", kommentiert DIHK-Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov das Gutachten. Die Wirtschaftsforschungsinstitute gingen für das kommende Jahr nur von einem "mageren" Wachstum aus. "Ein kräftiger Aufschwung ist nicht zu erwarten. Nicht nur die Unsicherheiten aus der US-Zollpolitik, sondern auch die bisher nur halbherzigen Reformschritte der Bundesregierung sorgen für Unverständnis und drücken die Investitionsbereitschaft der Betriebe", schildert sie die Situation.
"Die Unternehmen erwarten, dass sich die Regierung endlich zu einem klaren und langfristig angelegten wirtschaftspolitischen Kurs durchringt, der zügig spürbare Entlastungen bei Abgaben, Energiekosten und Bürokratie einleitet", sagt die DIHK-Hauptgeschäftsführerin. "Ein Einstieg in eine Unternehmenssteuerreform erst ab 2028, eine Strompreisentlastung nur für einzelne Branchen sowie marginale Änderungen beim Lieferkettengesetz reichen bei Weitem nicht aus. Die Wirtschaft braucht ein Entlastungspaket, das diesen Namen auch verdient."
Wesentliche Weichenstellungen in den nächsten Wochen
Die Politik der nächsten Wochen entscheide "maßgeblich darüber, ob die Unternehmen an eine Zukunft am Standort Deutschland glauben und hierzulande wieder investieren", so Melnikov. "Von den 900 Milliarden Euro an jährlichen Investitionen stammen rund 85 Prozent aus dem privaten Sektor – daher ist das Vertrauen der Unternehmen für das Wachstum unabdingbar."
Die aktuelle Diskussion um höhere Steuern, etwa die Erbschaftsteuer, sei "Gift", warnt sie: "Sie schürt zusätzliche Unsicherheit und befördert den Vertrauensverlust in den Standort. Der Konsens innerhalb der Koalition über einen klaren wirtschaftspolitischen Kurs darf nicht durch Verteilungsdebatten überlagert werden."
Die DIHK-Hauptgeschäftsführerin stellt klar: "Vor dem Verteilen muss es um das Erwirtschaften, um Investitionen und – nach drei Jahren Rezession und Stagnation – um positive Wachstumsraten gehen. Die Verbesserung der Standortbedingungen hat dabei absolute Priorität. Deutschland droht ansonsten eine Abwanderungswelle der Unternehmen an attraktivere Standorte. Auch die Insolvenzen sind bereits so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr."
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Dr. Jupp ZenzenReferatsleiter Konjunktur, Wachstum, Unternehmensbefragungen