Im Zollstreit mit den USA kommt es nach Einschätzung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) für die Europäische Union vor allem darauf an, sich nicht auseinanderdividieren zu lassen und belastbare Vereinbarungen zu erreichen, die fairen Wettbewerb sichern und Handelskonflikte dauerhaft entschärfen.
"Die EU muss jetzt unbedingt strategisch und geschlossen agieren", betonte DIHK-Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov in mehreren Interviews. "Der Preis auch für unsere europäische Wirtschaft wäre sonst zu hoch."
Das gelte insbesondere auch für den Standort Deutschland, denn: "Der Zoll-Konflikt betrifft unsere Wirtschaft insgesamt – von Aluminiumverarbeitern und Autozulieferern über Chemie, industrielle Spezialanfertigungen oder Pharma- und Medizintechnik bis hin zu Winzern. Darunter sind auch viele erfolgreiche kleine und mittlere Unternehmen unseres Landes."
Keinen überhasteten Minimal-Deal
Deshalb dürfe es "nicht nur einfach einen überhasteten Minimal-Deal geben, der einseitige Maßnahmen akzeptiert und kurzfristigem politischen Druck nachgibt", sagte Melnikov der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" /FAZ) . "Wir brauchen belastbare Vereinbarungen, die fairen Wettbewerb sichern und Handelskonflikte dauerhaft entschärfen. Die Regeln der Welthandelsorganisation WTO dürfen nicht weiter untergraben werden."
Das alles liege auch im Interesse von Beschäftigen auf beiden Seiten des Atlantiks: "In Deutschland hängen 1,2 Millionen Jobs am Export in die USA. Und in den Staaten haben die 6.000 aktiven deutschen Unternehmen rund eine Million Arbeitsplätze geschaffen", so Melnikov.
Branchenlösungen verlockend, aber gefährlich
"Ein Abkommen, das Einzelbestimmungen nur für bestimmte Industrien wie Pharma oder Kfz ermöglicht, mag kurzfristig verlockend wirken – es könnte aber schnell die strategische Geschlossenheit der EU untergraben", warnte Melnikov. "Wer Sonderwege zulässt, riskiert nicht nur eine Spaltung innerhalb Europas, sondern gefährdet auch die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen, die keine eigenen Lobbykanäle in Washington haben."
Ein tragfähiges Abkommen mit den USA müsse "für alle Branchen gelten – transparent, belastbar und WTO-konform", betonte die DIHK-Hauptgeschäftsführerin. "Kommission und Bundesregierung stehen in der Verantwortung, genau das sicherzustellen."