Aus dem Stimmungstief vom vergangenen Herbst haben sich die deutschen Unternehmen in der Region Asien-Pazifik herausgekämpft – doch der Gegenwind bleibt spürbar. Dies ergibt eine Sonderauswertung des neuen AHK World Business Outlook (WBO) für die Region Asien-Pazifik.
An der halbjährlichen Umfrage der deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) beteiligten sich im Frühjahr 2025 gut 900 Mitgliedsunternehmen in der Region Asien-Pazifik inklusive Greater China. Der Begriff Greater China umfasst die Volksrepublik China, Hongkong und Taiwan.
Die Geschäftslage deutscher Unternehmen in vielen Ländern dieser Wirtschaftsregion hellt sich der Erhebung zufolge leicht auf, doch der Blick nach vorn ist weiterhin verhalten. Die Region bleibt enorm wichtig, doch der geopolitische Druck nimmt zu – und die Planbarkeit von geschäftlichen Aktivitäten wird schwieriger.
Asien-Pazifik bleibt strategischer Zukunftsmarkt
Asien-Pazifik ist für die deutsche Wirtschaft von herausragender Bedeutung: Rund 40 Prozent des deutschen Außenhandels außerhalb der EU entfallen inzwischen auf diese Region – mehr als mit ganz Amerika zusammen. Zum Vergleich: Der gesamte außereuropäische Handel mit Nord-, Süd- und Mittelamerika liegt bei lediglich 26 Prozent.
"Der asiatische Markt bleibt für viele Unternehmen ein strategischer Zukunftsmarkt – aber das Umfeld wird rauer", warnt Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). "Geopolitik, wirtschaftspolitische Unsicherheit und neue Handelsbarrieren treiben viele Unternehmen zu Investitionsstopps oder sogar zum Rückzug."
In Asien-Pazifik außerhalb von Greater China berichten derzeit 38 Prozent der Unternehmen von einer guten Geschäftslage – drei Prozentpunkte mehr als noch im Herbst 2024. Gleichzeitig ist der Anteil negativer Rückmeldungen mit 15 Prozent weiter rückläufig. Damit zeigt sich eine spürbare, wenn auch verhaltene Erholung.
Besonders positiv fällt das Bild in Sri Lanka (54 Prozent gut) und auf den Philippinen (58 Prozent gut) aus. In Südkorea (17 Prozent gut, 36 Prozent schlecht) sowie in der Volksrepublik China (25 Prozent gut, 29 Prozent schlecht) überwiegt dagegen Zurückhaltung und Skepsis.
Unternehmen in Greater China pessimistischer als zuvor
Noch pessimistischer äußern sich Betriebe in Greater China, also in der Volksrepublik China, Hongkong und Taiwan. Nur 25 Prozent sprechen dort von einer guten Geschäftslage, 27 Prozent sehen sie als schlecht – eine leichte Verschlechterung gegenüber dem Herbst. Auch der Ausblick bleibt verhalten: Nur 27 Prozent der Unternehmen in dieser Teilregion rechnen mit einer Verbesserung, während 16 Prozent eine Verschlechterung erwarten.
In der übrigen Region fällt der Ausblick etwas freundlicher aus: Der Anteil zuversichtlicher Unternehmen ist mit 49 Prozent beachtlich – auch wenn er im Vergleich zum Herbst etwas rückläufig ist. Insgesamt überwiegen hier die positiven Erwartungen die negativen zumeist deutlich. Besonders in Indien und Sri Lanka rechnet jeweils rund zwei Drittel der Unternehmen mit besseren Geschäften. Auch auf den Philippinen bleibt der Optimismus, 65 Prozent rechnen hier mit einer Verbesserung in den kommenden zwölf Monaten, während nur 3 Prozent der Unternehmen mit einer Verschlechterung für ihre Geschäfte rechnen.
Risiko-Verschiebung: Handelsbarrieren und Politik neben Nachfrage
Während im vergangenen Herbst noch 51 Prozent der Unternehmen außerhalb Chinas die schwache Nachfrage als größte Gefahr nannten, sind es nun nur noch 49 Prozent. Damit führt das Nachfragethema zwar immer noch die Risikoliste an, verliert aber etwas an Bedeutung – möglicherweise ein Zeichen dafür, dass sich die Absatzmärkte in Teilen wieder stabilisieren.
Dafür rücken andere Risiken deutlich stärker in den Fokus: So bewerten aktuell 37 Prozent der Unternehmen außerhalb Greater Chinas Handelsbarrieren als Risiko, im Herbst 2024 waren es noch 23 Prozent. Wirtschaftspolitische Unsicherheiten legten dort um 7 Prozentpunkte auf 44 Prozent zu, was die anhaltende Nervosität in der Region widerspiegelt. Und auch Wechselkursschwankungen stufen 41 Prozent der Unternehmen als zentrales Geschäftsrisiko ein.
"Wir sehen eine klare Verschiebung der Risikowahrnehmung – weg von der Marktentwicklung hin zu politisch und währungspolitisch motivierten Störungen", so Volker Treier. "Gerade Handelshemmnisse und politische Eingriffe verändern die Spielregeln des internationalen Geschäfts spürbar."
In Greater China fällt die Risikowahrnehmung noch einmal differenzierter aus: Der Handelskonflikt zwischen den USA und der Volksrepublik China wirft hier seine Schatten voraus. Hier stellt die schwache Nachfrage mit 71 Prozent der das am häufigsten genannte Risiko dar. 43 Prozent nennen Handelsbarrieren als Geschäftsrisiko vor Ort – ein Anstieg um 3 Prozentpunkte im Vergleich zu Herbst 2024.
Investitionen und Beschäftigung: Süd- und Südostasien vorn
In Indien planen aktuell 53 Prozent der Unternehmen, ihre Investitionen vor Ort auszubauen. Auf den Philippinen liegt dieser Anteil bei 44 Prozent. Auch in Vietnam (38 Prozent) und Sri Lanka (33 Prozent) bleibt die Investitionsbereitschaft hoch. Deutlich zurückhaltender zeigen sich Unternehmen in der Volksrepublik China: Nur 16 Prozent wollen dort mehr investieren, während 33 Prozent Kürzungen vorsehen. Ein ähnlich negatives Bild zeigt sich in Südkorea, wo nur 17 Prozent steigende Investitionen planen.
Auch bei den Beschäftigungsabsichten zeigen sich klare Unterschiede: In Indien, auf den Philippinen und in Malaysia wollen jeweils über 40 Prozent der Unternehmen neue Stellen schaffen. In Südkorea plant hingegen eine Viertel der Unternehmen mit einem Abbau an Beschäftigung.
US-Handelspolitik verstärkt Unsicherheit
Besonders die US-Handelspolitik mit potenziellen Gegenmaßnahmen betroffener Länder belastet die Stimmung in den Betrieben der Region. In den Märkten außerhalb Chinas erwarten 61 Prozent der Unternehmen negative Effekte für ihre Aktivitäten, in Greater China sind es sogar 72 Prozent. Der von der US-Regierung ausgerufene "Liberation Day" Anfang April 2025 mit der Ankündigung neuer Strafzölle hat große Verunsicherung geschürt. In Singapur erwarten 93 Prozent der Unternehmen Auswirkungen, in Südkorea sind es 89 Prozent. "Der 'Liberation-Day' hatte für die Negativ-Antworten der Unternehmen einen regelrechten Booster-Effekt", betont Treier. "Die Erwartung einer neuen Eskalationsstufe im globalen Handelskonflikt ist an vielen Orten inzwischen zu Realität geworden."
Globale Herausforderungen: Fragmentierung und Barrieren dominieren
Beim Blick in die Zukunft dominiert ein Thema: Handelshemmnisse. In nahezu allen Märkten zählen sie zu den größten Herausforderungen der kommenden fünf Jahre – besonders in Singapur (89 Prozent), China und Indien (jeweils über 80 Prozent). Ebenfalls zentral sind geopolitische Fragmentierung und die Notwendigkeit, Lieferketten breiter aufzustellen. In Greater China sehen 71 Prozent der Unternehmen das sogenannte "De-Coupling" als drängendes Problem. "Globale Märkte zerfasern – und Unternehmen müssen ihre Lieferketten und Standorte strategisch neu ausrichten", fasst Treier die Ergebnisse zusammen. "Das verlangt Zeit, Kapital und politische Planungssicherheit – beides ist derzeit Mangelware."
Indonesien im Fokus – 100 Jahre EKONID
Indonesien entwickelt sich für die deutsche Wirtschaft zum Stabilitätsanker in einer unruhigen Region. 36 Prozent der Unternehmen vor Ort berichten von einer guten Geschäftslage, fast jedes zweite blickt optimistisch in die Zukunft. Auch bei Investitionen liegt das Land im vorderen Feld der Region.
Ein starkes Zeichen für die gewachsene Partnerschaft: Am 4. Juni feiert die AHK Indonesien (EKONID) in Jakarta ihr 100-jähriges Bestehen. Mit über 400 Mitgliedern ist sie heute die größte europäische Kammer im Land – und wichtiger Brückenbauer zwischen beiden Volkswirtschaften. Begleitet von DIHK-Präsident Peter Adrian werden im Rahmen der Jubiläumsfeier neue Kooperationen mit indonesischen Partnern auf den Weg gebracht – ein klares Bekenntnis zur Zukunft des Standorts.
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