Die aggressive US-Handelspolitik unter Präsident Donald Trump hinterlässt tiefe Spuren: Deutsche Unternehmen in den Vereinigten Staaten blicken deutlich pessimistischer in die Zukunft. Das zeigt die aktuelle Sonderauswertung des AHK World Business Outlook (WBO) der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK).
Die aggressive US-Handelspolitik unter Präsident Donald Trump hinterlässt tiefe Spuren: Deutsche Unternehmen in den Vereinigten Staaten blicken deutlich pessimistischer in die Zukunft. Das zeigt die aktuelle Sonderauswertung des AHK World Business Outlook (WBO) der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK).
Grundlage ist eine weltweite Befragung der deutschen Auslandshandelskammern (AHKs), an der sich im Frühjahr 2025 über 4.600 Unternehmen beteiligt haben – darunter mehr als 100 mit Standorten in den USA. Die Erhebung fand zwischen Mitte März und Mitte April statt – also inmitten einer Phase wachsender handelspolitischer Turbulenzen zwischen den USA und ihren Partnern.
"Was wir derzeit beobachten, ist eine regelrechte Zick-Zack-Politik der US-Regierung. Das schürt Unsicherheit, hemmt Investitionen und verunsichert selbst langjährig etablierte Unternehmen", sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier.
Vor diesem Hintergrund setzt die anstehende Reise von Bundeskanzler Friedrich Merz nach Washington nach Einschätzung der DIHK ein wichtiges Zeichen für Dialog und Verständigung. Angesichts der angespannten handelspolitischen Lage komme es jetzt darauf an, klare Signale für Deeskalation zu senden. Zölle und Gegenzölle schafften keine Gewinner – sie belasteten das Vertrauen, verteuerten Produkte und schwächten die Wettbewerbsfähigkeit auf beiden Seiten des Atlantiks.
Unternehmen erwarten deutliche Verschlechterung
Nur noch 14 Prozent der befragten deutschen Unternehmen in den USA rechnen mit einer konjunkturellen Verbesserung in den kommenden zwölf Monaten – im Herbst 2024 lag dieser Wert noch bei 38 Prozent. Gleichzeitig gehen 44 Prozent der Unternehmen aktuell von einer wirtschaftlichen Verschlechterung aus – eine Versechsfachung im Vergleich zur letzten Erhebung (7 Prozent). Das Bild hat sich um 180 Grad gewendet. Wo zuvor noch Hoffnung überwog, herrscht jetzt Ernüchterung. Auch bei den Geschäftserwartungen zeigt sich der Abwärtstrend: Nur noch ein Drittel der Betriebe rechnet mit einer positiven Geschäftsentwicklung, während rund ein Viertel mit einer Verschlechterung rechnet.
Ein zentraler Grund: Die zunehmend unberechenbare US-Handelspolitik. Seit März überschlagen sich in Washington die Ankündigungen zu neuen Zöllen – auf Stahl, Aluminium, Autos und schließlich breitflächig auf EU-Importe. Zwar wurden einige Maßnahmen kurzfristig wieder ausgesetzt, doch das Grundproblem bleibt: Unsicherheit.
"Was die Unternehmen heute vermissen, ist Verlässlichkeit. Die sprunghaften Ankündigungen und Rücknahmen von Zöllen lähmen Investitionsentscheidungen und werfen grundsätzliche Fragen zur Zukunft des Standorts USA auf", so Treier.
Investitionspläne deutlich eingetrübt
Die Unsicherheit zeigt sich insbesondere in der Investitionsbereitschaft der deutschen Unternehmen vor Ort. Nur noch 24 Prozent der deutschen Unternehmen in den USA planen aktuell, ihre Investitionen vor Ort auszuweiten – im Herbst 2024 waren es noch 37 Prozent. Gleichzeitig geben nun 29 Prozent an, ihre Investitionen zurückfahren zu wollen – zuvor lag dieser Wert bei lediglich 18 Prozent.
"Die Handelspolitik der USA zielt darauf, Industrie und Arbeitsplätze ins Land zu holen. Doch sie erreicht aktuell das Gegenteil – sie vertreibt Kapital und Vertrauen", erklärt Treier. Investitionen werden vertagt, andere Märkte werden zunehmend in Betracht gezogen.
Risiken steigen – handelspolitische Unsicherheit als Hauptproblem
Der protektionistische Kurs unter Trump 2.0 hat die Risikolage für deutsche Unternehmen in den USA spürbar verschoben. Wo früher klassische Standortfaktoren wie Fachkräftemangel oder Infrastruktur dominierten, stehen heute handelspolitische Unsicherheiten klar im Vordergrund. Zwei von drei Unternehmen (70 Prozent) sehen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als eines der größten Geschäftsrisiken – im Herbst 2024 lag dieser Wert noch bei 46 Prozent.
Auch Handelsbarrieren gewinnen stark an Bedeutung: 71 Prozent der Unternehmen berichten von Nachteilen durch die Bevorzugung einheimischer Anbieter – eine drastische Steigerung gegenüber nur 21 Prozent im Vorjahr. Damit wird deutlich: Die Rahmenbedingungen werden zunehmend nicht mehr durch strukturelle Faktoren geprägt, sondern durch politische Eingriffe und protektionistische Maßnahmen. "Die Relevanz klassischer Standortfaktoren tritt zunehmend in den Hintergrund – erschwerte Rahmenbedingungen werden heute vor allem durch handelspolitische Hemmnisse verursacht", sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. "Die politischen Risiken sind zur zentralen Geschäftsrealität geworden."
Hinzu kommen weitere Entwicklungen, die das operative Geschäft belasten: 41 Prozent der Unternehmen berichten mittlerweile von gestörten Lieferketten – im Herbst 2024 waren es lediglich 16 Prozent. Rechtsunsicherheit wird ebenfalls häufiger als Risikofaktor genannt – inzwischen von 21 Prozent der Befragten, fast eine Vervierfachung im Vergleich zu Herbst 2024.
US-Kurs mit weltweiter Wirkung
Die Auswirkungen der US-Handelspolitik sind kein rein bilaterales Phänomen: Weltweit erwarten 60 Prozent der deutschen Unternehmen im Ausland negative Folgen durch den derzeitigen Kurs Washingtons.
Auch der Blick in die Zukunft macht wenig Hoffnung: Über 80 Prozent der in den USA tätigen deutschen Unternehmen sehen Handelshemmnisse und -konflikte als eine der größten Herausforderungen für die kommenden fünf Jahre. Von diesen Unternehmen nennen fast alle (97 Prozent) Zölle und Gegenzölle explizit als zentrale Problematik, 63 Prozent sorgen sich zusätzlich über politische Eingriffe in Lieferketten, 21 Prozent über Subventionen und diskriminierende Industriepolitik. Dadurch wird klar: die handelspolitische Ausrichtung der USA wird wohl auf absehbare Zeit ein zentrales Problem für die in den USA aktiven deutschen Unternehmen bleiben.
Verhandlungen nutzen – Standort USA sichern
Zwar sind die sogenannten "reziproken Zölle" auf EU-Importe aktuell ausgesetzt – doch die Frist läuft: Sollte bis zum 9. Juli keine Einigung zwischen den USA und der EU erzielt werden, treten die Maßnahmen erneut in Kraft. Gleichzeitig bleiben die Sektoralen Zölle auf Stahl und Aluminium sowie deren Derivate, als auch auf Autos und Autoteile, eine große Sorge der deutschen Wirtschaft.
"Es braucht jetzt rasch konstruktive und umfassende Verhandlungen – nicht nur zu Zöllen, sondern zur gesamten wirtschaftspolitischen Ausrichtung", fordert Treier. "Nur mit einem verlässlichen Rahmen bleibt der US-Markt für Unternehmen aus Deutschland interessant."