Der Vorschlag, den die Kommission im Rahmen ihrer Strategie "Decent Work Worldwide" im September 2022 veröffentlicht hat, sieht ein Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit vor. Hierfür sollen die nationalen Behörden ermächtigt werden, in Zwangsarbeit hergestellte Waren nach einer Untersuchung vom europäischen Markt zu nehmen. Die Zollbehörden der Europäischen Union sollen entsprechende Produkte an den EU-Außengrenzen sowohl beim Import als auch beim Export identifizieren und stoppen.
Am 16. Oktober werden die zuständigen Ausschüsse im Europäischen Parlament ihre Position zu dem Verordnungsentwurf abstimmen.
Der Entwurf adressiert zwar in erster Linie mitgliedsstaatliche Behörden, Unternehmen sind jedoch mittelbar durch Informationspflichten und gegebenenfalls durch wirtschaftliche Verluste und Strafen erheblich betroffen.
Dabei steht die IHK-Organisation grundsätzlich voll hinter den Zielen des Vorhabens. Sie fördert verantwortungsvolles Unternehmertum nach dem Leitbild der Ehrbaren Kaufleute und verweist darauf, dass deutsche Betriebe im Ausland in der Regel höhere Sozial- und Umweltstandards einhalten als vor Ort üblich.
Kompatibilität mit anderen Nachhaltigkeitsregularien erforderlich
Bei dem vorliegenden Verordnungsentwurf handelt es nur um eine von vielen geplanten und bereits geltenden Gesetzesinitiativen im Bereich Sorgfaltspflichten. Hierzu zählen etwa die EU Directive on Corporate Sustainability Due Diligence (CSDDD), die EU Regulation on Deforestation-free Products und EU Directive on Corporate Sustainability Reporting (CSRD) oder die Conflict Minerals Regulation, um nur einige zu nennen. (Mehr darüber erfahren Sie auch in unserem Schwerpunkt Nachhaltigkeit.)
Ebenso wie die zunehmenden Handelshemmnisse beeinflussen diese und ähnliche Vorschriften zu Umwelt- und Sozialstandards, wie und wo Unternehmen ihre Lieferketten aufbauen können. Vor allem der Mittelstand ist dadurch enorm belastet. Deshalb sollten die Berichtspflichten aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft dringend harmonisiert werden, um unnötigen Mehraufwand zu vermeiden und die Implementierung von Compliance-Maßnahmen zu erleichtern.
Verordnung droht Diversifizierung weiter zu erschweren
Denn die politische Einflussnahme auf Lieferketten wird von den Unternehmen ohnehin als Hindernis bei der notwendigen Diversifizierung wahrgenommen. Schließlich können die mit entsprechenden Vorschriften verbundenen Berichtspflichten sowohl die Kosten als auch den Planungsaufwand der Betriebe empfindlich erhöhen.
So bewerteten im vergangenen Frühjahr zwei von fünf der im Zuge des AHK World Business Outlook befragten 5.100 Mitgliedsunternehmen deutscher Auslandshandelskammern (AHKs) die Zunahme von politischem Einfluss auf Lieferketten als eine der größten Herausforderungen für ihr Geschäft.
Und nach einer Sonderauswertung der aktuellen "Going International"-Umfrage unter rund 2.400 auslandsaktiven Betrieben in Deutschland denkt sogar ein Viertel der großen Unternehmen aufgrund der Pflichten aus dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz über einen Rückzug und den Abbruch von Handelsbeziehungen nach.
Leitlinien für Nachbesserungen
Ein wirksames Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit erfordert Verhältnismäßigkeit, Praxistauglichkeit und Rechtssicherheit. Aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft werden diese Prinzipien im vorliegenden Verordnungsentwurf nicht durchgehend gewahrt. Die nach Auffassung der DIHK wichtigsten Ansatzpunkte:
Verhältnismäßigkeit - Kongruenz zu weiterer Berichtspflichten-Gesetzgebung sicherstellen
- Beweislast bei Behörden belassen
Praxistauglichkeit - Angemessene Fristen definieren
- Frühzeitige Unterstützungsmaßnahmen bieten
Rechtssicherheit - Definitionen enger fassen
- Level Playing Field sicherstellen
- Verordnung frühzeitig evaluieren
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Sobald das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union ihre Positionen verhandelt haben, kann es im Rahmen der Trilog-Verhandlungen der beiden Institutionen und der Kommission in Brüssel zu einem finalen Legislativvorschlag kommen.
Im Oktober hat sich die DIHK auch in einer Stellungnahme zum Verordnungsentwurf der Kommission positioniert. Hier können Sie weitere Details nachlesen:
DIHK-Stellungnahme Verbot Zwangsarbeit (PDF, 294 KB)