Pfadnavigation

Wie sollte die EU auf den "Inflation Reduction Act" reagieren?

IHK-Organisation legt umfangreiche Analyse zum US-Programm vor
E-Auto lädt auf vor Shilouette von Los Angeles

Der IRA hat mit seinen Subventionen etwa für E-Autos hierzulande für viele Diskussionen gesorgt

© stellalevi / iStock / Getty Images Plus

Mit dem im August 2022 unterzeichneten "Inflation Reduction Act" (IRA) wollen die USA den Klimaschutz vorantreiben – teils mit Nachteilen für EU-Unternehmen. Wie die EU auf diese Herausforderung reagieren sollte, hat die IHK-Organisation in einem Impulspapier analysiert.

DIHK-Präsident Peter Adrian

Peter Adrian

© DIHK / Werner Schuering

"Teile des Inflation Reduction Act benachteiligen unsere Unternehmen, und das mitten in der Energiekrise", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian auf Medienanfrage. Trotz zahlreicher Gespräche auf höchster Ebene gebe es noch keine Lösungen, um diese Diskriminierung zu vermeiden.

Adrian: "Die EU muss sich daher weiterhin nachdrücklich dafür einsetzen, europäische Unternehmen bei einer IRA-Förderung der amerikanischen Wirtschaft gleichzustellen."

Europa muss unternehmensfreundlicher werden

Darüber hinaus brauche die EU aber vor allem eine neue Agenda für Wettbewerbsfähigkeit, forderte der DIHK-Präsident. "Wir können im globalen Wettbewerb nur mithalten, wenn die Standortfaktoren in Europa wieder unternehmensfreundlicher gestaltet werden." Statt einer detaillierten Regulierungsagenda, die fortlaufend neue Bürokratie und Berichtspflichten sowie Unsicherheiten für Investoren schaffe, brauche Europa Vereinfachung und Raum für Innovation.

Absage an staatliche Wirtschaftslenkung

Die Europäische Union habe mit ihrem Green-Deal-Industrieplan erste Ideen vorgelegt, berichete Adrian. Einige der vorgeschlagenen Maßnahmen gehen nach seiner Einschätzung allerdings zu stark in Richtung "Managed Trade": "Es wird zu sehr versucht, die Wirtschaft staatlich zu lenken." Anstelle staatlicher Diversifizierungspflichten, Produktionsvorgaben und von mehr Bürokratie sollten vielmehr positive Anreize und branchenübergreifend gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft im Fokus stehen. "Hier können wir von den US-Amerikanern lernen."

Was die IHK-Organisation im Einzelnen vorschlägt, um angemessen und wirkungsvoll auf den IRA zu reagieren, hat sie in einem Impulspapier zusammengestellt:

Bestandteile des IRA benachteiligen deutsche Unternehmen und schwächen gerade inmitten der Energiekrise den Industriestandort Deutschland. Diese Diskriminierung sollte in EU-Verhandlungen klar adressiert werden – auch um einen Subventionswettlauf zu verhindern.

Gleichzeitig ist der IRA ein Weckruf für eine neue Wettbewerbsagenda der EU. Anstelle von Abschottung sollte Europa seine wirtschaftliche Attraktivität durch Verbesserung der allgemeinen Standortbedingungen, wie zum Beispiel durch Bürokratieabbau und enge internationale Partnerschaften, stärken.

Am 16. August 2022 ist der IRA in Kraft getreten. Dieser sieht unter anderem 369 Milliarden US-Dollar in Form von Zuschüssen Steuergutschriften und Darlehen für Investitionen in den Klimaschutz vor. Damit soll unter anderem der Ausbau Erneuerbarer Energieerzeugung gefördert, die Energieeffizienz in Privathaushalten verbessert und Emissionen von Gas- und Kohlekraftwerken sowie landwirtschaftlichen Betrieben, Häfen und Gemeinden reduziert werden.

Für die deutsche Wirtschaft ist es von großer Bedeutung, dass die USA ihr Ambitionsniveau im Bereich Klimaschutz steigern und sich neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit, auch im Vorgehen gegen carbon leakage, ergeben. In diesem Zusammenhang ergeben sich für manche deutsche Unternehmen durch den IRA verstärkte Geschäftschancen, etwa für erneuerbaren Energien und Wasserstoffinfrastruktur insbesondere für bereits in den USA aktive Betriebe, aber auch in punkto Zulieferungen aus Deutschland im Bereich des Maschinenbaus. Die Auslandshandelskammern unterstützen diese Bemühungen.

Gleichzeitig sind bereits jetzt bestimmte Investitionsentscheidungen deutscher Unternehmen auch auf den IRA zurückzuführen, die zulasten des Wirtschaftsstandorts Deutschland und Europas gehen, da die US-Zuschussgewährung an hohe US-Wertschöpfungsanteile gebunden ist. Mit Blick auf bestehende Zuliefererstrukturen und Forschungsstandorte ergeben sich somit Herausforderungen für größere Teile der deutschen Wirtschaft, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, die den Hauptsitz ihrer Produktion an heimischen Standorten haben.

Besonders relevant sind US-Förderprogramme, die klar gegen Welthandelsregeln verstoßen sowie Unternehmen mit Produktion in Deutschland diskriminieren: Käufer neuer Elektroautos erhalten zum Beispiel eine Steuergutschrift von bis zu 7.500 US-Dollar. Bedingung für die Förderung ist die Endmontage in den USA, Kanada oder Mexiko. Hinzu kommen kontinuierlich steigende Lokalisierungspflichten für die in den Autos verwendeten Batterierohstoffen, wobei Ausnahmen für Länder bestehen, die mit den USA Handelsabkommen haben. Die EU hat bisher kein Handelsabkommen mit den USA und dort gibt es derzeit keine politischen Mehrheiten, Drittstaaten neuen Marktzugang zu geben. Insbesondere bei neuen Schlüsseltechnologien wie dem Wachstumsmarkt E-Automobilität, aber auch in anderen Bereichen können durch den IRA so bedeutende Handelsnachteile entstehen und Verlagerungen gerade erst entstehender Wertschöpfungsketten erfolgen.

Zum Vergleich investiert die EU im Allgemeinen und in Deutschland im Besonderen ebenfalls viele Milliarden Euro in grüne Technologien. Aus dem EU-weiten Wiederaufbaufonds "NextGenerationEU" (NGEU) werden 296 Milliarden Euro in Dekarbonisierung investiert. Der wesentliche Unterschied zum IRA liegt in den Nutznießern. Das sind beim IRA nur in den USA gezielt private, vor Ort ansässige Unternehmen. Damit erreichen sie im internationalen Wettbewerb einen direkt spürbaren Wettbewerbsvorteil.

Die US-Lokalisierungspflichten etwa im Automobil- und Batteriebereich sind gegenüber Unternehmen mit Produktion in Deutschland wettbewerbsverzerrend. Da in den betroffenen Branchen große Zuliefererstrukturen mit vielen Arbeitsplätzen bestehen, können Produktionsverlagerungen in die USA bedeutende negative Auswirkungen auf den Industriestandort Deutschland entfalten. Während derzeit etwa die deutschen E-Autoexporte in die USA stark ansteigen, ist durch den IRA eine perspektivische Exportdämpfung von Produkten zu erwarten, deren Produktion in die USA verlagert wird.

In einer aktuellen Umfrage der Deutsch-Amerikanischen Handelskammern (AHK USA) geben 17 Prozent der deutschen Unternehmen in den USA den IRA als einen Grund an, ihre Investitionen dort auszuweiten (hier zur Umfrage auf der Website von AHK USA). Für deutsche Unternehmen, die hierzulande produzieren und ihre Waren in die USA liefern, ergeben sich dadurch also schon jetzt Wettbewerbsnachteile. Die USA sind schließlich der wichtigste Exportmarkt Deutschlands mit einem jährlichen Exportvolumen von 156 Milliarden Euro.

Die EU und USA versuchen seit Jahren gemeinsam, Lücken im Regelwerk der Welthandelsorganisation für Industriesubventionen zu schließen, die durch anhaltende wettbewerbsverzerrende Praktiken unter anderem Chinas den Industriestandorten in Europa und den USA schaden. Diese Bemühungen stört der IRA empfindlich. Es droht ein transatlantischer Subventionswettbewerb, aber auch das Risiko von Nachahmungseffekten: Andere Staaten könnten mit wettbewerbsverzerrenden Steueranreizen versuchen, den globalen Standortwettbewerb zu verschärfen.

Die EU sollte sich in den USA energisch dafür einsetzen, dass europäische Unternehmen bei IRA-Förderungen der dortigen Wirtschaft gleichgestellt werden. Die EU-US IRA Task Force und ein möglicher Rohstoffclub sind wichtige Schritte dazu.

Da eine IRA-Änderung nicht absehbar ist, liegt der Fokus der Verhandlungen auf den Umsetzungsrichtlinien zur Implementierung der Steuergutschriften. Diese sollten so ausgestaltet werden, dass europäische den nordamerikanischen (kanadischen beziehungsweise mexikanischen) Unternehmen gleichgestellt sind.

Auch die Einstufung des Transatlantic Trade and Technologie Councils (TTC) oder des EU-US Zollabkommens aus dem Jahr 2020 als Handelsabkommen durch die US-Seite für die relevanten IRA-Vorgaben wäre wichtig, um europäische Lieferketten im Batteriebereich nicht zu schädigen. Darüber hinaus sollte der TTC globale Zukunftsstandards setzen und weitere Handelshemmnisse gemeinsam abbauen. Abgeschwächt werden sollte auch die IRA-Vorgabe, dass für Installationsteams, die aus mehr als vier Personen bestehen, ein Lehrling in einem amerikanischen Ausbildungsprogramm eingeschrieben sein muss. Hierzu sind Umsetzungsrichtlinien nötig, die ausländische Montageteams auf "IRA"-Baustellen von den Ausbildungsanforderungen ausnehmen. Sie könnten auch vorsehen, dass der Ausbildungsnachweis im Heimatland möglich ist.

Ein transatlantisches Abkommen über die gegenseitige Anerkennung für definierte "Clean Technologies" würde außerdem für die Unternehmen Bürokratie abbauen und den Handel erleichtern. Schließlich sollte sich die EU auch dafür einsetzen, dass die USA eine wieder konstruktivere Rolle bei der WTO-Reform einnimmt und die Blockade des WTO-Berufungsgremiums beendet.

Der IRA ruft nach einer neuen Wettbewerbsagenda der EU. Europa muss seine Hausaufgaben machen, um als Wirtschaftsstandort auch zukünftig bestehen zu können. Wichtig sind dabei pragmatische Ansätze, um die politischen Ziele bei der Defossilisierung zusammen mit den Unternehmen praktisch umsetzbar zu gestalten. Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und Wohlstand in Deutschland und Europa gehen Hand in Hand.

Der international eng vernetzten deutschen Wirtschaft würde dabei neuer Protektionismus, wie etwa Lokalisierungspflichten für EU-Subventionen und die Abschottung des EU-Beschaffungsmarkts nach US-Vorbild, schaden – erst recht angesichts der aktuellen geopolitischen Lage, die eine Diversifizierung und Absicherung von Lieferketten nötig macht. Stattdessen sollte die EU mit wichtigen Handels- und Rohstoffpartnern wie Mercosur, Indien und Indonesien Handelsabkommen abschließen, aber auch mit Partnern in existierenden Handelsabkommen bei Spitzentechnologie beziehungsweise Forschung und Entwicklung wie zum Beispiel Japan enger zusammenarbeiten. Diese Abkommen eröffnen neue Marktchancen, verhindern aber auch Exportverbote für kritische Rohstoffe, die für die Transformation notwendig sind und erhöhen letztlich die Resilienz unserer Unternehmen und der europäischen Volkswirtschaft.

Es ist höchste Zeit für eine neue Strategie, wie Europa im weltweiten Vergleich zu einem innovativen Industriestandort werden kann. Wichtig dabei ist, die horizontalen Standortfaktoren, wieder in den Fokus zu stellen.

Statt einer detaillierten Regulierungsagenda, die fortlaufend neue Bürokratie und Berichtspflichten sowie Unsicherheiten für Investoren schafft, sollten der Bürokratieabbau, auch durch eine stärkere Harmonisierung von steuerlichen Bemessungsgrundlagen, zum Beispiel bei der Mehrwertsteuer, vorangehen und Innovationen in allen Bereichen ermöglicht werden. Generell sollte für jede neu eingeführte Regulatorik eine alte ersetzt werden (One-in-one-out-Prinzip) und ein ganzheitlicher regulatorischer Ansatz voneinander abweichende und widersprüchliche Einzelregulierungen verhindern.

Der Zugang zu gut ausgebildeten Fachkräften (sowohl durch die Ausbildung von Fachkräften vor Ort, aber auch die Erhöhung der Attraktivität von Deutschland für innovative und hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland), leistungsfähiger Infrastruktur, erschwinglichem Kapital für private Investoren und bezahlbarer Energie muss ebenso gewährleistet werden wie die Möglichkeit zu zukunftsträchtiger Forschung und Entwicklung.

Der freie Dienstleistungsverkehr muss EU-weit vorangebracht werden. Insbesondere die Entsendung von Arbeitnehmern in der EU sollte vereinfacht und vereinheitlicht werden. Statt über neue EU-Schulden in den globalen Überbietungswettbewerb für Subventionen einzusteigen, sind in Investitionsanreize in der Breite durch eine wettbewerbsfähige steuerliche Belastung mit modernen Abschreibungsregeln zu ermöglichen.

Besondere Anreize sind insbesondere im Energie- und Technologiebereich nötig. Ziel in diesem Feld muss es sein, Betriebe und Arbeitsplätze in Europa zu halten beziehungsweise aufzubauen und die Technologieführerschaft gerade im Zuge der Klimawende bei Transformations- und Zukunftstechnologien zu gewinnen und auszubauen, zum Beispiel in Deutschland beim Know-how bei Elektrolyseuren.

In Summe bedarf es einer breiten Innovations- und Standortpolitik, die sowohl kleine, junge und mittelständische Unternehmen als auch größere Unternehmen berücksichtigt.

Mit dem "Green Deal Industrial Plan for the Net-Zero Age" hat die EU-Kommission einen ersten Plan vorgelegt, wie eine europäische Antwort auf den IRA aussehen könnte. Ihr Maßnahmenpaket ruht auf vier Säulen: einem berechenbaren und vereinfachten Regelungsumfeld, einem schnelleren Zugang zu ausreichenden Finanzmitteln, verbesserten Qualifikationen und dem offenen Handel für resiliente Lieferketten. Dieser Ansatz unterstreicht, dass mehr Finanzmittel allein nicht reichen, sondern eine umfassende Agenda für Wettbewerbsfähigkeit notwendig ist.

Der Plan der EU-Kommission enthält jedoch in den meisten Säulen in erster Linie eine Auflistung vieler bereits vorher angekündigter Maßnahmen und in geringerem Maße neue Ansätze oder Ideen zu deren effektiver Durchsetzung. Deshalb sollte dieser Plan konkreter und verbindlicher ausgearbeitet werden, um bestehende Standortnachteile wettmachen zu können.

Gleichzeitig sind Maßnahmen der EU-Kommission kritisch zu betrachten, die in Richtung "Managed Trade" und staatliche gelenkte Wirtschaft gehen. Anstelle von staatlichen Diversifizierungspflichten, Produktionsvorgaben und mehr Bürokratie durch Dokumentations- und Meldepflichten, komplexe Tatbestandsvoraussetzungen sowie zusätzliche Prüfungen durch Behörden sollten Anreize und Ermutigungen für mehr Forschung und Entwicklung, Innovation und Produktion für die Unternehmen in Europa im Fokus stehen.

Der Vorschlag der EU-Kommission, Genehmigungsverfahren für Net-Zero Industries durch feste Zeitlimits und "One-Stop-Shops" in der Verwaltung zu beschleunigen, ist aus Wirtschaftssicht ein richtiger Ansatz. Allerdings sollten Genehmigungsverfahren in allen Wirtschaftsbereichen beschleunigt und vereinfacht werden, nicht nur im Bereich der im Net-Zero-Plan adressierten Industrien.

Von Seiten der Unternehmen wird dies seit Jahren gefordert. Während der Pandemie und des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wurden ausgewählte Genehmigungsverfahren erheblich beschleunigt, das sollte die neue Standardgeschwindigkeit sein – auch über "Net-Zero-Industries" hinaus. Zudem sollte die Definition der Net-Zero Industries alle Branchen umfassen, die bei Erhalt von Wertschöpfung und Beschäftigung zur Reduktion von Schadstoffen beitragen können.

Wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) können in strategisch relevanten Bereichen wie kritischer Infrastruktur eine bedeutende Rolle spielen, um auch mit Hilfe staatlicher Förderung Wertschöpfungsketten in der EU aufzubauen, beispielsweise im Bereich Wasserstoff. Die Notifizierung von IPCEI dauert jedoch gegenwärtig zu lange und bremst Innovationen aus. Es ist daher wichtig, wie von der Kommission angekündigt, Best Practices für die Ausgestaltung von IPCEI zu identifizieren und sich zwischen Mitgliedstaaten und EU verlässlich auf ein gemeinsames Vorgehen für die Notifizierungsverfahren zu einigen. Eine Anhebung der Schwellenwerte ohne Notifizierung könnte KMU die Teilnahme an IPCEI ermöglichen beziehungsweise vereinfachen.

Nach dem "Think-Small-First"-Prinzip der EU dürfen strategische Ziele nicht dazu führen, KMU praktisch von Vergabeverfahren auszuschließen. Dies gilt auch für die öffentliche Auftragsvergabe, die nicht mit zusätzlichen Anforderungen überfrachtet werden sollte, weil dies KMU benachteiligt. Zusätzliche Nachhaltigkeitsanforderungen sind nach Ansicht der Mehrheit der Unternehmen nur dann mit Wirtschaftlichkeit und Wettbewerb vereinbar, wenn sie auftragsbezogen sind und vom öffentlichen Auftraggeber einfach kontrolliert werden können.

In direkter Konkurrenz zu ausländischen Beihilfen und Steuererleichterungen, wie im IRA der USA vorgesehen, kann es notwendig sein, vorübergehend ähnliche Programme in Europa aufzusetzen. Die Grenze für nachahmende Maßnahmen und Ausnahmen von regulären Regeln sollte dort sein, wo es innerhalb des Binnenmarkts zu Verzerrungen beziehungsweise Fragmentierungen und wo es in den Außenbeziehungen zu Verletzung von WTO-Regeln kommt.

Abwerbung von Unternehmen oder ineffiziente Förderungen sollten nicht stattfinden, denn sie schaffen dauerhafte Abhängigkeiten und/oder zementieren Technologien beziehungsweise Produktionsverfahren, die im Wettbewerb nicht bestehen können.

Immer sollte geprüft werden, ob eine Förderung strategischer Sektoren unvermeidlich ist, um Klimaziele zu erreichen und dabei die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten sowie Abhängigkeiten zu verhindern. Auch ist zu überprüfen, ob weniger eingriffsintensive Instrumente ähnlich gut wirken und weniger Gefahren der Fehlsteuerung beinhalten. In jedem Fall sollte die Förderung bei marktreifen Technologien überdacht werden.

Gleichzeitig sollten die EU-Mitgliedstaaten zur Stärkung der europäischen Wirtschaft eine tiefere Integration des Binnenmarktes samt nötiger Marktharmonisierung vorantreiben. Als Reaktion auf Steuervergünstigungen für Clean Tech Produkte in anderen Ländern sollte es auch innerhalb der EU möglich sein, eigene Steuervorteile insbesondere bei Abschreibungen zu schaffen, um die Abwanderung von Unternehmen zu verhindern.

Die Möglichkeit, Investitionen durch Steuervorteile anzuregen, ist ein zielgerichtetes Förderinstrument. Eine offene Formulierung bei diesem Instrument gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, durch unterschiedliche Maßnahmen (zum Beispiel Befreiungen oder Änderungen der Bemessungsgrundlage) die gewünschte Lenkungswirkung zu erzielen. Diese müssen sich jedoch in die Steuersystematik der Länder einfügen und dürfen keine Fehlanreize und keine Verzerrungen im Binnenmarkt auslösen.

Der IRA setzt primär auf Tax credits (Steuergutschriften), gegebenenfalls versehen mit einem sogenannten "Direct pay"-Wahlrecht. Dieses besagt, dass der Steuerpflichtige anstelle der steuerlichen Anrechnung eine Erstattung verlangen kann. Wichtig ist dabei, dass sich steuerliche Maßnahmen in die neue Systematik des OECD/IF-Projektes zur Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft (2 Pillar Model) eingliedert, sodass nicht am Ende in anderen Staaten nachbesteuert wird. Im Gegensatz zum IRA sollte jegliche Form von europäischen Steuervorteilen außerdem WTO-konform ausgestaltet sein. Local-Content-Anforderungen, also die Bedingung, dass Produkte, zum Beispiel beim Kauf eines Elektroautos, zu einem hohen Anteil in der EU produziert sein müssen, um von den Steuervorteilen profitieren zu können, müssen vermieden werden.

Europa sollte seine wirtschaftliche Attraktivität durch Bürokratieabbau, Innovationen und enge internationale Partnerschaften stärken. Es sollte als bedeutender Binnenmarkt selbstbewusst auftreten und mit Handelsabkommen die internationale Arbeitsteilung fördern, statt auf Abschottung zu setzen.

Wenn diskriminierende Elemente des IRA nicht in Verhandlungen beseitigt werden können, sollte die EU zusätzlich zu den notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung der Standortattraktivität auch die Möglichkeit schaffen, mit steuerlichen Anreizen reagieren zu können, wenn andernfalls die konkrete Abwanderung von Unternehmen droht. Mit diesem Mix an Maßnahmen kann die EU sich selbst fit machen im globalen Wettbewerb um "Clean Tech"-Produkte und andere Zukunftstechnologien.

Wichtig sind am Ende pragmatische Ansätze, die sowohl die USA als Allianzpartner in Zeiten des Ukraine-Kriegs als auch Europa stärken.

Kontakt

Mann im Haus der Deutschen Wirtschaft
Klemens Kober Referatsleiter Handelspolitik, transatlantische Beziehungen und EU-Zollfragen

Kontakt

Avatar männlich
Thorben Petri Referatsleiter Europäische Wirtschaftspolitik

Kontakt

Porträtfoto Susanne Schraff
Susanne Schraff Pressesprecherin