Weniger Formulare und Vorschriften
Unternehmerinnen und Unternehmer zum Entlastungsbedarf ...... bei der EU-Bürokratie

Anja Bauer, Albert Bauer GmbH und Bauer Automobile GmbH
Mitte März 2023 hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt, die Berichtspflichten in der EU um 25 Prozent reduzieren zu wollen. Damit hat sie ein wichtiges Signal für eine zukünftig höhere internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa gesetzt. Europäische Unternehmen brauchen aber bereits heute Entlastung von unnötiger Bürokratie.
Das zeigt das Beispiel eines durchschnittlichen Autohandels mit Kfz-Werkstatt: 40.000 verschiedene Teile sind in der Regel auf Lager, die bei Reparaturen in Fahrzeuge aller Art und Modelle eingebaut werden. Aufgrund des deutschen (und zukünftig des europäischen) Lieferkettengesetzes fragen die Auftraggeber an, woher zum Beispiel die Batterie stammt, die im Dienstauto ausgetauscht wurde. Denn es muss sichergestellt werden, dass die Menschenrechte entlang der Lieferkette eingehalten werden. Für die vorrätigen Teile kann ein Unternehmen dies aber nicht bewerkstelligen, wenn die eigentliche Arbeit getan werden soll.
Die Lösung: Die bisherigen Vorschläge der EU-Kommission zur Erreichung dieses 25-Prozent-Ziels greifen zu kurz, weshalb der Bürokratieabbau nach der EU-Wahl ganz oben auf der Agenda stehen muss. Ziel der neuen Legislaturperiode sollte die konsequente Umsetzung des "25-Prozent-Ziels" sein, wobei auch neu entstehende Berichtspflichten durch das europäische Lieferkettengesetz (CSDDD) und damit die Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD) einer weiteren Prüfung unterzogen werden sollten. Zudem bedarf es auch einer besseren Rechtsetzung. Die als europäische Bürokratiebremse konzipierte "One in, one out"-Regel kann bei diesem Vorhaben helfen: Jeder Euro an Belastung, der durch eine neue Vorschrift entsteht, muss dann an anderer Stelle eingespart werden.
Dafür müsste diese Regel aber, anders als bisher, konsequent auf alle Gesetze angewendet werden. Das langfristige Ziel jeder Kommission und jedes EU-Parlaments muss es sein, den Bürokratieabbau zu verstetigen.
... bei Lieferkettenberichtspflichten

Iris Clasvogt-Zajusch, optimum rating GmbH
Aktuell kämpfen viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit Lieferkettenberichtspflichten, von denen sie eigentlich ausgenommen sind. Diese entstehen unter anderem aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung über die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die Taxonomie, die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) und aus den Lieferkettengesetzen, sowohl auf nationaler wie auf europäischer Ebene. Die vom Gesetz direkt betroffenen großen Unternehmen reichen die Beschaffung der Daten in der Lieferkette durch – also auch an kleine Unternehmen.
Von den Unternehmen werden unzählige Zertifizierungen und Daten verlangt. Ein zeit- und kostenintensiver Prozess – erheblicher Bürokratieaufwand und Überforderung kleiner und mittlerer Unternehmen inklusive.
Um dem entgegenzutreten, ist es der richtige Ansatz, ein standardisiertes freiwilliges Datenset auf europäischer Ebene für KMU zu schaffen, mit dem sie Anfragen von berichtspflichtigen Unternehmen oder von Finanzinstitutionen einheitlich beantworten können – und dieses standardisierte Datenset an Stelle von ausführlicheren und individuelleren Fragebögen akzeptiert wird. Dies entlastet KMU nachhaltig und lässt sie konkurrenzfähig bleiben.
... bei der Kassenbon-Pflicht

Tina Risse-Stock, Blumen Risse GmbH & Co. KG
Seit dem 1. Januar 2020 besteht im Einzelhandel die Pflicht, an jeder elektronischen Kasse eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu installieren und sie dann innerhalb eines Monats beim Finanzamt anzumelden. Diese Anmeldung funktioniert bis heute nicht – vier Jahre später! Die einzige Kommunikation dazu: Ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums von 2019, in dem die Unternehmen gebeten werden, von einer Mitteilung in dieser Sache an das Finanzamt abzusehen, bis es eine elektronische Übermittlungsmöglichkeit gibt.
Zudem schafft die Kassenbon-Ausgabepflicht für TSE-Kassen Papiermüll en masse. Abhilfe könnte zwar ein elektronischer Kassenbon schaffen, doch gerade für kleine Unternehmen bedeutet es einen großen finanziellen Aufwand, eine elektronische Bonausgabe einzurichten. Und: Sie müssten für Kunden, die den elektronischen Bon nicht nutzen möchten, weiterhin einen gedruckten Bon zur Verfügung stellen, auch wenn es sich nur um Centbeträge handelt.
Der Einzelhandel braucht praxisnahe Lösungen, die auch für kleine und mittlere Unternehmen umsetzbar sind – und keinen doppelten Aufwand für zwei verschiedene Bonsysteme. Eine pragmatische Regelung wäre es zum Beispiel, dass keine Pflicht besteht, Bons für Kunden auszudrucken, die keine wollen. Eine klare, transparente Kommunikation der Verwaltung ist wichtig – nicht nur in diesem Prozess; sie schafft Planbarkeit und Vertrauen.
... bei Genehmigungs- und Gutachtenpflichten

Christian Andresen, Solar-Energoe Andresen GmbH
Schneckentempo beim Ausbau der Windenergie – eine der großen Herausforderungen für die Energiewende in Deutschland und für die Stromversorgung der Wirtschaft. Ein Grund für die mangelnde Geschwindigkeit: Über die Jahre hat sich eine Vielzahl von Genehmigungen und Gutachten angehäuft, die für die Errichtung eines Windrads in Deutschland eingeholt werden müssen. Dazu zählen etwa Fledermaus- und Vogelgutachten oder auch das sogenannte Eiswurfgutachten.
Frost und Schnee können sich auf den Rotorblättern sammeln und bei etwas wärmeren Temperaturen davon lösen. In dieser Situation können Eisstücke von einem stehenden Rotorblatt abfallen (Eisfall) oder von einem sich drehenden Rotorblatt abgeworfen werden (Eiswurf). Allerdings gilt gleichzeitig die Vorschrift, dass eine Windkraftanlage mit Eisansatz abgeschaltet werden muss und somit gar nicht mit Eis werfen kann. Ein knapp 50-seitiges Gutachten muss dennoch eingeholt werden – gar nicht so leicht, da Gutachterkapazitäten derzeit rar gesät sind.
Eine mögliche Lösung: Um Mensch und Umwelt vor herabfallendem Eis zu schützen, könnten notwendige Vorkehrungen in das bestehende immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren (BImSCHG) aufgenommen werden.
Gutachten müssten dann nur noch im Gefährdungsfall angefordert werden. Doch nicht nur das Eiswurfgutachten verschlingt wertvolle Zeit und Kapazitäten: Allein die Genehmigung des Schwertransports, der die Bauteile zum zukünftigen Windpark bringt, dauert aktuell mehrere Monate.
GemeinsamBesseresSchaffen – jetzt!