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Rohstoffe immer knapper und teurer

Pandemie beeinträchtigt Produktion und Frachtkapazitäten
Rohstoff Holz - begehrte Mangelware

Der wichtige Rohstoff Holz fehlt derzeit auf vielen Baustellen

© jhorrocks / E+ / Getty Images

Es ist eine weltweit beunruhigende Entwicklung: Um 80 bis 100 Prozent haben sich zuletzt nahezu alle Rohstoffpreise verteuert. Die Betriebe können schwer oder gar nicht mehr einschätzen, ob und wann erforderliche Ressourcen verfügbar sein werden. Lieferzusagen werden nicht mehr eingehalten, berichten Unternehmen. Welche Rohstoffe betroffen sind und welche Folgen der Engpass hat, lesen Sie hier.

Seit Monaten sind bereits die Halbleiter Mangelware – mit massiven Folgen unter anderem für die Autoindustrie. Denn durch den Corona-Nachfrage-Stopp der Autoindustrie haben die Chiphersteller Kapazitäten verschoben. Nun sind auch für eine Reihe von Rohmaterialen erhebliche Preissteigerungen und Lieferausfälle zu beklagen. Besonders betroffen sind Metalle, Mineralien, Kunststoffe sowie Holz.

Zentrale Ursache sind nach überwiegender Meinung die Folgen der Corona-Pandemie: Nachdem Rohstofflieferanten ihre Produktion zunächst nach unten angepasst hatten, kommen sie nun bei schnell anspringender Nachfrage mit den Lieferungen nicht nach. Dazu kommen Lieferverzögerungen und kräftige Preisaufschläge durch fehlende Frachtkapazitäten. Selbst die Blockade des Suez-Kanals wirkt nach.

Ursachen für den Rohstoffmangel im Überblick

• Hohe Nachfrage aus den USA durch die Konjunkturpakete und anziehende Wirtschaft

• Hohe Nachfrage aus Asien (China), etwa in Bezug auf Buntmetalle

• Steigender Bedarf durch E-Mobilität für Lithium und Kobalt, ebenso steigender Bedarf für erneuerbare Energien (Windkraft: Seltene Erden; Photovoltaik: Silizium/Polysilizium)

• Halbleiterboom für Chips sorgen für hohe Nachfrage an hochreinem Silizium und Gallium.

• Durch den Corona-Nachfrage-Stopp der Autoindustrie haben die Chiphersteller sich umorientiert.

• Produktionsausfälle bei Platingruppenelementen in Südafrika (Corona) und Russland (Shutdowns in Bergwerken und der Norilsk-Raffinerie)

• Hohe Umweltauflagen in China, etwa bei Aluminium

• Leere London Metal Exchange (LME) -Lager bezüglich Zinn

• Wiederauffüllen der Lager in der Lieferkette

• Erhöhung der Lagerkapazitäten zur Stärkung der Resilienz 

Zur Situation einzelner Rohstoffgruppen

Unternehmen berichten, dass Zusagen und Vereinbarungen teilweise nicht mehr gehalten werden, die Lieferzeiten verlängerten sich um ein Vielfaches. Verbindliche Preisvereinbarungen werden neu verhandelt. Kleine und mittlere Unternehmen im stahlverarbeitenden Bereich melden eine existenzbedrohende Situation.

Seit der Finanzkrise haben sich insbesondere in China größere Überkapazitäten in der Stahl und Aluminiumproduktion aufgebaut.

Die USA und die EU haben mit Antidumpingmaßnahmen gegen die WTO-widrige staatliche Subventionierung dieser Unternehmen reagiert, um die heimische Wirtschaft zu schützen. Die USA haben 2017 zudem mit sogenannten "232"- Zöllen weltweite Stahl- und Aluminiumimporte in die USA mit Sonderzöllen belegt. Die EU und weitere Staaten bewerten diese wiederum als WTO-illegal und haben vor der Welthandelsorganisation geklagt. Das Urteil wird Ende 2021 erwartet. Außerdem haben sie 2018 gegen die USA Vergeltungszölle erhoben.

Zudem hat die EU Schutzmaßnahmen gegen weltweite Importe dieser Produkte ergriffen, um Umlenkungseffekte und somit eine Stahl-/Aluminiumschwemme in der EU zu verhindern. Diese Maßnahmen laufen bis zum Juni 2021 und sollen aus Sicht der Bundesregierung und weiterer EU-Staaten verlängert werden. Ab Juni 2021 können betroffene Drittstaaten wiederum mit Vergeltungszöllen gegen die EU reagieren. Die verschiedenen EU-Schutzmaßnahmen in diesem Bereich erhöhen somit die Preise für Stahl- und Aluminiumnutzer in der EU.

Die von der EU favorisierte Lösung ist die Abschaffung der 232-Zölle durch die USA, woraufhin die EU ihre Gegenmaßnahmen einstellen könnte. Hierzu ist die EU mit den USA in Gesprächen. Eine für Juni 2021 geplante Ausweitung der Zölle konnte abgewendet werden. In einer Absichtserklärung am 17. Mai 2021 haben sich beide Seiten darauf verständigt, auf die Abschaffung der Zölle bis Ende 2021 hinzuarbeiten.

(Stand: 21. Mai 2021)

Die Verfügbarkeit von Kupfer wird ebenso knapp, eine Erhöhung der Minenkapazität ist nicht absehbar. Der Kupferpreis hat mit 10.400 Dollar je Tonne ein Allzeithoch erreicht, weitere Preissteigerungen werden erwartet (bis 13.000 Dollar je Tonne). Chancen durch Sekundärrohstoffmarkt: Kupfer ist gut recyclingfähiges Material, durch den verstärkten Einsatz von recyceltem Kupfer könnte der Engpass etwas abgefedert werden.

(Stand: 21. Mai 2021)

Der Mangel an Kunststoffen zieht sich durch sämtliche Branchen – von der Lebensmittelverpackung bis hin zu Produkten in der Automobilbranche. Die Preise sind bei einigen Kunststoffen bis zu 60 Prozent angestiegen.

Verschärft wird die Lage hier noch durch eine zuletzt stark gestiegene Kunststoff-Nachfrage. Während der pandemiebedingt gestiegene Bedarf an Verpackungen für Lebensmittel und Medizinprodukte anfangs noch durch eine gesunkene Nachfrage in der Industrie abgefedert werden konnte, ziehen die Bestellmengen dort mittlerweile wieder deutlich an.

Chancen ergeben sich durch den Sekundärrohstoffmarkt: Durch die knappe Verfügbarkeit von Neuware ist ein Anstieg der Nachfrage von Kunststoff-Rezyklaten erkennbar. Für Branchen, die ohne große rechtliche Hürden auf Rezyklate umsteigen oder den jeweiligen Rezyklat-Anteil in den Produkten erhöhen können, kann dies eine gute und verfügbare Alternative darstellen.

Bislang waren Rezyklate im Schnitt 25 Prozent teurer als Neuware, durch die aktuell steigenden Preise nähern sich die Rohstoffe preislich an und können den Rezyklat-Absatz weiter fördern.

(Stand: 21. Mai 2021)

Im Bereich der Holzbranche ist ebenfalls ein rasanter Preisanstieg zu verzeichnen: Im Mai 2020 kosteten 2,4 Kubikmeter Holz 250 Dollar, im Mai 2021 betrug der Preis für 2,4 Kubikmeter Holz bereits 1.645 Dollar). Der Markt wird hier durch die hohe Nachfrage insbesondere in den USA, Exporteinschränkungen in Russland und der Ukraine sowie den jahrzehntealten Nadelschnittholz-Handelsstreit zwischen den USA und Kanada beeinflusst.

Bereits seit 2007 hat Russland für Holzexporte Steuern und Exportquoten eingeführt. Mit der Verordnung Nr. 396 vom 18. März 2021 wird Russland ab dem 1. Januar 2022 Exporte von Nadel- und hochwertigem Laubholz verbieten. Auch grüne Nadelschnittholzexporte sollen durch neue Regulierungen im Jahr 2022 beschränkt werden. Dadurch könnte China schon jetzt vermehrt in Europa Holz nachfragen und die Preise antreiben. 2020 betrug der Anteil Russlands am weltweiten Rundholzhandel mit 15 Millionen Kubikmeter zwölf Prozent.

Handelsexperten bezweifeln, ob die russischen Exportverbote nach WTO-Recht legal sind, sodass die EU dagegen klagen könnte. Da das WTO-Berufungsgremium aber derzeit außer Kraft gesetzt ist, könnte die EU hier keine endgültig bindende Entscheidung erwirken.

Am 11. Dezember 2020 hat die EU den Rechtsstreit um das ukrainische Holzexportverbot aus dem Jahr 2015 gewonnen. Die EU hatte zuvor mithilfe des Streitbeilegungsmechanismus des bilateralen EU-Ukraine-Handelsabkommens gegen die diskriminierende Vorgabe geklagt. Laut Entscheidung des Streitbeilegungspanels verstößt das ukrainische Exportverbot gegen das bilaterale Handelsabkommen, das Exportverbote verbietet. Die Ukraine muss das Exportverbot noch abschaffen.

(Stand: 21. Mai 2021)

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Carolin Herweg Referatsleiterin Internationale Konjunktur

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Christoph Petri Referatsleiter Umwelt- und Rohstoffpolitik