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Gekommen, um zu bleiben? Fachkräftesicherung mit internationalen Studierenden

Junge Menschen unterschiedlicher Hautfarbe sitzen an einem Tisch und studieren Konstruktionsunterlagen

Für die deutsche Wirtschaft ist es wichtig, dass ausländische Studierende nach ihrem Abschluss im Land bleiben

© skynesher / E+ / Getty Images

Im vergangenen Studienjahr haben sich mehr als 116.000 Studierende aus dem Ausland erstmalig an einer deutschen Hochschule eingeschrieben – ein neuer Rekord. Allerdings zeigt die Statistik, dass nur knapp die Hälfte der internationalen Erstsemester langfristig in Deutschland Wurzeln schlägt. Damit gehen der hiesigen Wirtschaft wichtige Fachkräftepotenziale verloren.

Denn trotz der insgesamt angespannten Wirtschaftslage klagen Unternehmen hierzulande weiterhin über einen Mangel an geeigneten Fachkräften. Insbesondere in den Feldern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik (MINT) ist die Situation angespannt: Schon heute fehlen auf dem Arbeitsmarkt nach Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft gut 55.000 akademisch qualifizierte MINT-Expertinnen und Experten – mit steigender Tendenz. Die Gesamtlücke in diesen Berufsgruppen, also inklusive Facharbeiter, Meister und Techniker, wird sogar auf über 160.000 Stellen beziffert. 

Besonders groß sind die Engpässe in der Informationstechnik, es fehlen aber auch Elektrotechnik-, Maschinenbau- und Bauingenieure. Der Beitrag ausländischer MINT-Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt ist immens: Ohne qualifiziertes Personal mit ausländischer Staatsbürgerschaft würde die MINT-Gesamtlücke mit rund 600.000 offenen Stellen noch deutlich größer ausfallen.

Internationale Studierende als Schlüssel für die Fachkräftesicherung

Das Potenzial internationaler Hochschulabsolventen für die Fachkräftesicherung der deutschen Wirtschaft ist enorm: Pro Jahr schließen derzeit mehr als 50.000 Männer und Frauen aus dem Ausland ihr Studium in Deutschland erfolgreich ab – über die Hälfte davon in einem MINT-Studienfach. Der Wermutstropfen: Obwohl Deutschland laut OECD im weltweiten Vergleich neben Kanada die höchste Bleibequote von internationalen Studierenden verzeichnet, haben zehn Jahre nach Studienbeginn mehr als die Hälfte von ihnen das Land wieder verlassen – obgleich zwei Drittel dieser Gruppe zu Studienbeginn klare Bleibeabsichten geäußert hatten.

Vielfältige Herausforderungen beim Arbeitsmarktübergang

Dies zeigt: Zwar sind ausländische Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt unverzichtbar, dennoch gibt es nach wie vor vielfältige Herausforderungen, um internationalen Studierenden nach ihrem Hochschulabschluss attraktive Bleibe- und Beschäftigungsperspektiven zu eröffnen. 
Neben einem großzügigeren Rechtsrahmen und besserer gesellschaftlicher Integration könnten die Hochschulen hier mit vielfältigen Aktivitäten unterstützen. So sollte diese Studierendengruppe noch enger als bisher begleitet werden – beispielsweise durch internationale Mentoren- oder Buddy-Programme. Einen positiven Beitrag können zudem Lehrformate mit hohem Arbeitsmarktbezug oder integrative Angebote von Fachschaften leisten.

Mehr Sprachkompetenz, frühzeitige Firmenkontakte

Wichtig sind auch die Verbesserung von (fach-)sprachlichen Kompetenzen sowie das Verhindern von Studienabbrüchen. Zudem sollten Bildungsausländer frühzeitig die Gelegenheit erhalten, Praxiserfahrungen in der Wirtschaft zu sammeln. Auch dabei können Hochschulen unterstützen, indem sie Kontakte zu regionalen Unternehmen und Kammern herstellen. Patenprogramme, die etwa gezielte Unterstützung im Bewerbungsprozess bieten, können das gute Ergebnis solcher Kooperationen sein.

IHK-Engagement gegen MINT-Fachkräftemangel

Vor Ort engagieren sich verschiedene IHKs bereits gemeinsam mit regionalen Unternehmen, Hochschulen und weiteren Stakeholdern ganz konkret für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration internationaler Studierender. Mit Bewerbermessen, digitalen Matching-Tools oder Hochschulkooperationen im Rahmen von Förderprojekten setzen sie wertvolle Zeichen gegen den MINT-Fachkräftemangel, die hoffentlich viele Nachahmer finden. Denn nur durch gemeinsame Anstrengungen kann es gelingen, die wertvollen und dringend benötigten Arbeitsmarktpotenziale der internationalen Studierenden noch besser für die deutsche Wirtschaft zu erschließen. 

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Kontakt

Porträtbild Julia Flasdick, Referatsleiterin Fachkräftesicherung | Weiterbildung
Julia Flasdick Referatsleiterin Hochschulpolitik, Forschungs- und Strukturfragen