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Handel mit den USA – Nur ein echter Deal ist ein gutes Ziel

vdLeyen Trump Zolleinigung

Für die Unternehmen kein Grund zur Freude: Der von Ursula von der Leyen und Donald Trump geschlossene Zoll-Deal verringert die Unsicherheiten nicht

© European Commission 2025 / Fred Guerdin

Seit Anfang 2025 erschüttern die USA mit fortlaufenden Zoll-Drohungen das Welthandelssystem und treffen damit auch das Außenhandelsgeschäft deutscher Unternehmen empfindlich. In der Wirtschaft hat es zwar für ein kurzes Durchatmen gesorgt, dass die EU und die USA mit einer grundsätzlichen Einigung eine weitere Zoll-Eskalation erst mal vermeiden. Doch der neue Normalzustand mit hohen Zöllen im US-Geschäft sorgt in den Betrieben weiterhin für hohe Kosten und Belastungen. Worauf müssen sich die Unternehmen nun im Handel mit den USA einstellen – und wie sollte Europa sich strategisch neu positionieren?

New normal: Zölle steigen

Seit dem 7. August gelten neue US-Zollerhöhungen, die klar gegen die Regeln der Welthandelsorganisation WTO verstoßen. So treffen etwa die Schweiz Importzölle von 39 Prozent, Indien und Brasilien von 50 Prozent. Im Vergleich dazu steht die EU mit einem Zollsatz von 15 Prozent besser da. Worauf sich die Wirtschaft einstellen muss: Diese Zölle werden die USA auf absehbare Zeit nicht senken. Sie belasten sowohl den bilateralen Handel als auch die Investitionen signifikant. Zum Vergleich: Anfang 2025 lag der durchschnittliche US-Zollsatz für Einfuhren aus der EU bei knapp 2 Prozent. 

Die Rückmeldungen der jüngsten DIHK-Blitzumfrage unter rund 3.500 deutschen Betrieben zeigen, dass infolge der aktuellen US-Handelspolitik 54 Prozent der Unternehmen mit US-Geschäft künftig weniger Handel mit den Vereinigten Staaten treiben wollen. Auch bei den Investitionen in den USA ist Zurückhaltung spürbar: 26 Prozent dieser Betriebe haben sich aufgrund der Planungsunsicherheit entschieden, ihre Investitionen zu verringern oder vorerst auszusetzen. 

Dabei sind die USA unser wichtigster Exportmarkt und ein bedeutender Investitionsstandort: 2024 belief sich das deutsch-amerikanische Handelsvolumen auf 252 Milliarden Euro, der Investitionsbestand deutscher Unternehmen in den USA auf 529 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der US-Investitionsbestand in Deutschland liegt bei knapp 112 Milliarden Euro. Eine Verschlechterung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen wird sich daher auch unmittelbar negativ auf die Beschäftigung in Deutschland auswirken – rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland hängen direkt vom Export in die USA ab.

Selbstbewusste EU nötig

Um sich im globalen Wettbewerb der Großmächte zu behaupten, muss die EU geschlossen und entschlossen handeln. Nur mit Einigkeit kann sie aus ihrem großen Binnenmarkt die notwendige Verhandlungsstärke schöpfen, um ihre Wirtschaftsinteressen durchzusetzen. Das gilt auch für glaubwürdige Abschreckungsmaßnahmen – etwa in Form von gezielten Gegenzöllen oder anderen Maßnahmen im Rahmen des EU-Instruments gegen wirtschaftlichen Zwang, beispielsweise Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen, Zugang zu öffentlichen Aufträgen und Investitionen oder Einschränkungen im Bereich geistiges Eigentum und Finanzdienstleistungen. 

Wichtig ist jetzt, die Handelsbeziehungen mit den USA durch rechtsverbindliche Detailvereinbarungen in Schlüsselbranchen wie im Automobil-, Pharma- oder Stahlbereich rasch abzusichern. Nur so können Unternehmen ihre Produktion sowie Lieferanten- und Kundenbeziehungen entlang der Wertschöpfungsketten verlässlich anpassen. Die DIHK-Blitzumfrage zeichnet ein klares Bild: Für 77 Prozent der Unternehmen ist die derzeitige handelspolitische Unsicherheit die größte Belastung. Auch wenn der "Deal" eine drastische Eskalation des Handelsstreits mit den angedrohten US-Zollsätzen von 30 Prozent verhindert hat, führt er dennoch bei mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen zu erheblichen Mehrbelastungen im Vergleich zur bisherigen Situation. 

Wirtschaftliche Offenheit statt Abschottung

Jeder vierte Arbeitsplatz hierzulande hängt am Export, in der Industrie ist es sogar jeder zweite. Deutsche Unternehmen sind daher auf offene Weltmärkte angewiesen – und darauf, dass auch die EU offen für Geschäfte mit Drittstaaten bleibt. Die beste Absicherung dafür ist die Welthandelsorganisation (WTO). Sie legt für 166 Staaten Zollhöchstsätze fest, etabliert ein harmonisiertes Zollcode-System und verhindert durch einheitliche Regeln die Diskriminierung von Unternehmen auf Auslandsmärkten. 

Doch die WTO gerät zunehmend unter Druck: Blockaden einzelner Staaten haben dazu geführt, dass seit Längerem keine neuen Handelserleichterungen mehr beschlossen wurden. Ein Zusammenbruch der WTO – auf deren Regeln rund 83 Prozent des Welthandels beruhen – wäre ein wirtschaftliches Desaster. Deshalb sollte die EU verstärkt mit Drittstaaten kooperieren, um die regelbasierte multilaterale Ordnung zu erhalten. Sie darf keine WTO-widrigen Handelsabkommen als neue Grundlage akzeptieren, schon gar nicht mit Partnern, die selbst zur Erosion des Welthandelssystems beitragen. 

Stattdessen sollte die EU mit den im CPTPP-Abkommen zusammengeschlossenen Pazifik-Anrainerstaaten vereinbaren, sich weiterhin gemeinsam an WTO-Recht zu halten. Das würde den Unternehmen wichtige Planungssicherheit geben und ein wichtiges Signal gegen globale Abschottungstendenzen senden. Denn auf dieser Offenheit beruht zu großen Teilen unser wirtschaftlicher Wohlstand. Darüber hinaus braucht es jetzt Tempo bei der Aushandlung und Ratifizierung bilateraler Handelsabkommen. Europa muss wieder zu einem attraktiven Handelspartner für den Rest der Welt werden. 

Allen voran das Abkommen mit Mercosur, aber auch jene mit Indonesien, Indien, der Schweiz, Australien oder Malaysia sind entscheidend für die Diversifizierung unserer Lieferketten und für eine souveräne EU. Wenn Europa dann noch seine wirtschaftlichen Hausaufgaben etwa beim Bürokratieabbau und im Steuerbereich erledigt, ist es besser gewappnet, um seine wirtschaftlichen Interessen weltweit zu verteidigen.

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Mann im Haus der Deutschen Wirtschaft
Klemens Kober Referatsleiter Handelspolitik, transatlantische Beziehungen und EU-Zollfragen

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Porträtfoto von Paul Meyer
Paul Meyer Referatsleiter US-Handelspolitik