
Erneuerbare Energien und geeignete Speicher müssen Teil einer Strategie für mehr Versorgungssicherheit sein
© Petmal / iStock / Getty Images Plus
Erneuerbare Energien und geeignete Speicher müssen Teil einer Strategie für mehr Versorgungssicherheit sein
© Petmal / iStock / Getty Images Plus
Die neue Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, Katherina Reiche, hat angekündigt, die Bezahlbarkeit von Energie und Versorgungssicherheit in das Zentrum ihrer Politik zu stellen. Dazu möchte die Bundesregierung kurzfristig die Strompreise senken und neue Gaskraftwerke mit einer Kapazität von 20 Gigawatt ausschreiben, die bis 2030 ans Netz gehen sollen.
Die Elektrifizierung soll – so schon lange der politische Wille – für die Unternehmen in der Regel den Pfad zur betrieblichen Klimaneutralität ermöglichen. Vergessen hat die Politik dabei lange Zeit, dass der Strom dazu aber auch günstiger werden muss. Denn Deutschland ist traditionell Stromhochpreisland. Die schwarz-rote Koalition hat jetzt vor, hier gegenzusteuern: Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß runter, Netzentgelte deckeln, und auch bei den Umlagen soll es weniger werden. Wird dieses Programm zügig umgesetzt, kann es sehr vielen Unternehmen bei den Strompreisen helfen.
Doch neue Kosten stehen an anderer Stelle bereits ins Haus. Zusätzliche Belastungen für die Wirtschaft entstünden unter anderem durch die bis zu 20 Gigawatt an neuen Gaskraftwerkskapazitäten, die die Bundesregierung bis 2030 staatlich gefördert ans Netz bringen will. Zum einen würden dadurch die Preise für Gas und CO2-Zertifikate steigen, weil Kraftwerke beides in großen Mengen nachfragen. Entsprechende Preiserhöhungen würde vor allem die Industrie spüren, die bei Gas und Zertifikaten in direkter Konkurrenz zu Kraftwerken steht. Hinzu kommt, dass die staatliche Förderung, die wahrscheinlich sowohl den Bau als auch den Betrieb umfassen soll, von den Stromverbrauchern per Umlage getragen werden müsste – dies sieht das europäische Beihilferecht so vor. Auch davon wäre die Industrie mit ihrem zumeist nicht kurzfristig flexiblen Stromverbrauch in besonderem Maße betroffen. Denn die Umlage orientiert sich vor allem an den Stunden mit den höchsten Preisen – aus technischen Gründen kann die Industrie ihren Strombezug in solchen Zeiten aber kaum senken.
Kraftwerke erbringen bislang einen großen Teil der sogenannten Systemdienstleistungen , durch die das Stromnetz zuverlässig funktioniert. Dazu gehört zum Beispiel, dass Kraftwerke hoch- oder herunterfahren, wenn die Frequenz im Stromnetz den zulässigen Wert von 50 Hertz verlässt. Durch den Ausbau erneuerbarer Energien mehren sich aber die Stunden, in denen diese die Versorgung vollständig übernehmen. Zwar wird es immer Zeiten geben, in denen Wind und Sonne mangels Verfügbarkeit kaum etwas zur Versorgung beitragen, dennoch muss die Versorgung auch sicher sein, wenn keine oder wenig Kraftwerke am Netz sind. Das ermöglichen Speicher, die bereits marktgetrieben verstärkt ans Netz gehen, aber auch Solar- und Windenergieanlagen. Sie können und müssen dafür künftig verstärkt genutzt werden.
Staatlich geförderte Gaskraftwerke erhöhen die Energiekosten der Wirtschaft und lösen die tatsächlichen Herausforderungen des Stromsystems nicht alleine. Zudem würden ökonomische Risiken der Versorgung durch die Umlage der Stromkosten auf die Verbraucher verlagert – und damit zu einem guten Teil auf die Unternehmen. Sinnvoller ist die Festlegung, dass Stromanbieter ihre vertraglich zugesicherten Lieferungen künftig grundsätzlich nachweisbar absichern müssen. Dies ist europäisch vorgegeben und muss daher ohnehin in deutsches Recht Einzug halten. Wie sich Stromanbieter absichern, ist dabei flexibel: ob klassisch am Terminmarkt, über eigene Kraftwerke und Speicher oder über variable Verträge mit flexiblen Nachfragern – das kann und soll am besten der Markt entscheiden.