
Unter anderem gilt es nun, den Personalbedarf von Bundeswehr und Wirtschaft in Einklang zu bringen
© Oliver Helbig / Moment / Getty Images
Unter anderem gilt es nun, den Personalbedarf von Bundeswehr und Wirtschaft in Einklang zu bringen
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Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat die Sicherheitslage in Europa grundlegend verändert. Weitere Krisenherde, etwa im Nahen Osten, verschärfen die weltweit fragile Situation. An diese Entwicklungen müssen sich auch die Unternehmen in Deutschland anpassen.
Besonders schwer wiegen diese zusätzlichen Herausforderungen für die Unternehmen, weil insgesamt die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in verschiedenen Bereichen spürbar nachgelassen hat. In den zurückliegenden Jahren wurden zudem wichtige Weichenstellungen versäumt, die im Grunde für alle Unternehmen hierzulande eine hohe Relevanz haben. Das betrifft die generelle Stärkung der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands oder die Resilienz der Wirtschaft ebenso wie den Ausbau der zivilen und militärischen Infrastruktur. Die Bundesregierung hat reagiert und in ihrem Koalitionsvertrag umfangreiche Maßnahmen zur Beseitigung entstandener Defizite angekündigt. Der Bundestag hat hierfür die Rahmenbedingungen angepasst, unter anderem mit deutlichen Änderungen bei den Möglichkeiten einer Kreditfinanzierung von Investitionen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie sowie ihrer Zulieferbetriebe, wobei dieser Bereich aus Unternehmenssicht richtigerweise sehr weit definiert wird und zivile Aspekte einbezieht. Auch auf EU-Ebene wurden und werden entsprechende Anpassungen vorgenommen.
Für die Unternehmen verschärfen weitere negative Einflussfaktoren die aktuellen Herausforderungen: Die internationalen Entwicklungen führen zunehmend direkt oder indirekt zu Störungen der weltweiten Lieferketten. Der Druck auf die Energiepreise bleibt hoch. Hinzu kommen neue hybride Bedrohungen für die Betriebe und die kritischen Infrastrukturen.
Unternehmen müssen daher intensiver als je zuvor in ihre eigene Resilienz investieren, um sich auch unter schwierigen Bedingungen erfolgreich auf ihren Märkten behaupten zu können. Nationale Herausforderungen wie etwa der notwendige personelle Aufwuchs der Bundeswehr wirken sich unmittelbar auf die Arbeits- und Fachkräftesicherung aus. Veränderungen ergeben sich hier beispielsweise im Zuge aktueller Gesetzgebungsverfahren wie dem Wehrdienst-Modernisierungsgesetz.
Am 27. August 2025 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf für einen "neuen Wehrdienst" beschlossen. Aus Sicht der Unternehmen ist von großer Bedeutung, dass die personelle Stärkung der Bundeswehr den Wettbewerb um Arbeits- und Fachkräfte soweit irgend möglich nicht verschärft. Wehrdienst – ob freiwillig oder möglicherweise irgendwann wieder verpflichtend – muss ganzheitlich und innovativ unter Berücksichtigung der Anforderungen und Bedarfe der Wirtschaft gedacht werden. Die DIHK betont in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf (PDF, 209 KB) die Chancen, die ein moderner Wehrdienst eröffnen könnte. So sollte er auch als Instrument für die berufliche Weiterbildung und Qualifizierung junger Menschen genutzt werden. Weiterbildungsangebote und eine Möglichkeit zum Erwerb beruflicher Kompetenzen würden den Wehrdienst attraktiver gestalten. Wehrdienstleistende mit abgeschlossener Berufsausbildung sollten ihre Fähigkeiten möglichst "passgenau" auch während der Dienstzeit einsetzen können.
Der Markt für Güter der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie unterscheidet sich grundlegend von anderen Märkten: Er ist – aus nachvollziehbaren Gründen – hoch reguliert, und im Wesentlichen sind die Staaten selbst die wichtigsten Nachfrager und Abnehmer der Produkte. Unternehmen dieser Branchen benötigen daher verlässliche Rahmenbedingungen: langfristige Absatzperspektiven, um die Ausweitungen von Produktionskapazitäten betriebswirtschaftlich zu planen, langfristige Lieferverträge abzuschließen und in Forschung und Entwicklung zu investieren.
Mehr Tempo erfordert straffere Prozesse. Mit dem am 23. Juli 2025 verabschiedeten "Gesetz zur beschleunigten Planung und Beschaffung für die Bundeswehr" hat die Bundesregierung reagiert. Befristete Ausnahmeregelungen sollen die Vergabe öffentlicher Aufträge erleichtern und beschleunigen. Zudem wurden innovative, marktverfügbare Lösungen angekündigt, etwa die Förderung von Beschaffungen für und gemeinsam mit Partnerländern.
Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen müssen bei den Reformen berücksichtigt werden. Auch junge Unternehmen, für die komplexe Vergabeverfahren eine besondere Hürde darstellen, gilt es mitzudenken. Gleiches gilt für die Anforderungen bei der Produktion von Gütern mit kurzen Entwicklungszyklen, beispielsweise in der modernen Drohnentechnik. Hier muss es jeweils gelingen, wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten und ein adäquates Sicherheitsniveau in Einklang zu bringen.