Der EuRH führt in seinem Bericht aus, dass Mikrochips eine entscheidende Rolle für den digitalen und ökologischen Wandel spielen und daher auch einen zentralen Platz in jeglicher Industriepolitik einnehmen müssten. Eine vollständig autonome Produktion von Chips in Europa sei aufgrund der äußerst komplexen und globalen Wertschöpfungskette jedoch nicht realisierbar. Gleichwohl hat die EU den sogenannten Chips Act beschlossen, der 2023 in Kraft trat, um die Versorgung mit Chips trotz Abhängigkeiten zu gewährleisten. Der EuRH legt in seinem Bericht dar, inwiefern dieser Chips Act zur Stärkung der strategischen Autonomie der EU im Bereich der Chip Industrie beigetragen hat.
Der Act sollte eine Strategie aus dem Jahr 2013 fortsetzen, die zur Stärkung der Mikro- und Nanoelektronik-Branche vorgesehen war und basiert maßgeblich auf 3 Säulen:
- Wettbewerbs- und Innovationskapazitäten der EU sicherstellen
- Kriterien für die Anerkennung und Unterstützung festlegen (Beurteilung von Beihilfen)
- Einrichtung eines Koordinierungsmechanismus zur Krisenprävention und Reaktion auf Versorgungsengpässe
Die Autoren des Berichts stellen fest, dass der Chips Act zwar neue Impulse geben konnte, eine Folgenabschätzung und klare Zielvorgaben jedoch fehlten. Gemäß EuRH sei der Chips Act jedoch unter hohem zeitlichem Druck geschrieben worden und umfangreiche Bewertungen vorangegangener Strategien sowie eine Folgenabschätzung hätten daher nicht stattgefunden. Dies sei ein Grund, warum der Chips Act mit ähnlichen Herausforderungen früherer Strategien konfrontiert sein könnte. Aufgrund des Fehlens entsprechender Analysen sei es schwierig festzustellen, ob "der Bedarf der Industrie an herkömmlichen Mikrochips ausreichend berücksichtigt" wurde.
Die Kommission selbst habe, laut Autoren, die Eigenmittel, die ihr zur Verfügung standen, durchaus mit den strategischen Zielen der EU in Einklang gebracht. Mit Blick auf weitere Mittel und die Koordinierung nationaler Investitionen oder Projekte im Rahmen des "Gemeinsame Unternehmen für Chips" habe die Kommission jedoch kein Mandat, diese auf eine europäische Strategie auszurichten oder nur unvollständige Informationen.
Eine dem Zeitplan entsprechende Umsetzung der angekündigten Ziele ist laut EuRH unwahrscheinlich. Während es bei Säule 1 trotz einiger Verzögerungen gute Fortschritte gäbe, seien die unter Säule 2 getätigten Investitionen nicht ausreichend und würden zu langsam erfolgen, um das Ziel von 20 Prozent am Wert der Weltproduktion bis 2030 zu erreichen. Zudem befänden sich die Mechanismen unter Säule 3 noch in der Einführung. Manche Aufgaben könnten schon übernommen werden, andere erst im Laufe der nächsten Jahre.
Allerdings seien auch andere Faktoren für die Mobilisierung von Investitionen verantwortlich. Dabei führt der Bericht an, dass die Branche von einer "relativ geringen Anzahl großer Unternehmen" geprägt ist und einzelne Projekte daher schwerer ins Gewicht fallen. Zudem gäbe es einen intensiven internationalen Wettbewerb.
Abschließend empfiehlt der EuRH der Kommission daher einen Realitätscheck des Chip Act durchzuführen, notwendige Korrekturen vorzunehmen und zeitnah mit der Erarbeitung einer weiteren Strategie anzufangen.