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Mehr Geld für die Rüstungsfinanzierung

Deutschland beantragt Ausnahmegenehmigung von Schuldenregeln
Bargeld

Die Rüstungsausgaben sollen durch eine erhöhte Verschuldung finanziert werden

© Max Zolotukhin / Getty Images

Deutschland war das erste Mitgliedsland, welches sich auf den Ausnahmetatbestand im Sekundärrecht der EU beruft und eine Ausnahmegenehmigung für die Rüstungsfinanzierung bei der EU-Kommission beantragt.

Mittlerweile sind elf weitere Staaten – darunter Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Griechenland, Ungarn, Lettland, Polen, Portugal, die Slowakei und Slowenien – dem Beispiel Deutschlands gefolgt und haben offiziell einen Antrag gestellt. Andere haben dies angekündigt.

Ziel des deutschen Antrages ist es, entsprechend der jüngst abgeschwächten Schuldenbremse des Grundgesetzes schnell viel Geld in eine verstärkte Landesverteidigung investieren zu können, ohne gegen die Ausgabenregeln der Europäischen Union zu verstoßen. Deutschlands Staatsschuld liegt derzeit knapp unter der Grenze des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Die neu ins Amt kommende Bundesregierung hat Verbesserungen von ziviler und militärischer Infrastruktur sowie einer gestärkten Wettbewerbs- und Verteidigungsfähigkeit zu ihren Prioritäten gemacht.

Würde die Notfallklausel des Stabilitätspaktes wie beantragt aktiviert, könnte Deutschland seine Verteidigungsausgaben vier Jahre lang (2025-2029) jährlich um bis zu 1,5 Prozent des BIP erhöhen. Normalerweise ist die maximale jährliche Neuverschuldung der Eurozonen-Mitglieder auf drei Prozent beschränkt. Mit erheblich höheren Verteidigungsausgaben als bisher würde Deutschland diese Grenze überschreiten. Als Teil eines umfassenderen Plans zur Beschleunigung der Aufrüstung in der EU hatte die Kommission die Regeländerung jüngst vorgeschlagen. 

Bislang ist nicht klar, wie viele Mitgliedstaaten von der Möglichkeit Gebrauch machen werden, über Rüstungsausgaben ihre Verschuldung stark zu erhöhen, weil dies solide Staatsfinanzen voraussetzt. Wer diese nicht vorweisen kann, dem bleiben nur die Umschichtung von vorhandenen Haushaltsmitteln zulasten anderer Schwerpunkte wie Sozialausgaben oder Investitionen in die Infrastruktur – etwas, das Deutschland unbedingt vermeiden möchte.

Allerdings gilt die Aufhebung oder Schwächung von sichernden "Leitplanken", die von Deutschland selbst in die neuen EU-Fiskalregeln hineinverhandelt worden waren, unter Kritikern mit Blick auf solide Staatsfinanzen – auch als wirtschaftlichem Standortfaktor – in der EU durchaus als problematisch. Die Mindestreduktion eines strukturellen staatlichen Defizits um 0,25 Prozent des BIP sollte ihrer Meinung nach – immer dann, wenn dieses den Wert von 1,5 Prozent des BIP übersteigt und die Schuldenquote über 60 Prozent des BIP liegt – in jedem Fall erhalten bleiben. Das setzt – neben erhöhten Verteidigungsausgaben – strukturelle Einsparungen an anderer Stelle, zumindest in engem zeitlichem Zusammenhang mit den Ausgabenüberschreitungen, voraus. Ein wesentliches Prüfkriterium für die Gewährung der Ausnahmemöglichkeit ist nämlich, dass die erhöhte Verschuldung eines Landes die Tragfähigkeit seiner öffentlichen Finanzen nicht gefährdet. 

Deutschland fordert in dem Schreiben auch eine breitere Definition des Begriffs "Verteidigung": Würde die EU eine der NATO vergleichbare Definition verwenden, fiele es den Mitgliedstaaten leichter, bestehende Schwellenwerte zu erreichen, weil NATO-Verteidigungsausgaben zum Beispiel auch solche mit "doppeltem Verwendungszweck" berücksichtigt werden würden. 

Kontakt

Porträtfoto Malte Weisshaar
Malte Weisshaar Referatsleiter Steuern in der EU | EU-Haushalt | Energiesteuern