Mit der Entscheidung werden die länderspezifischen Empfehlungen für Deutschland im laufenden Europäischen Semester offiziell bestätigt. Diese Empfehlungen basieren auf den Angaben des ersten eingereichten mittelfristigen Finanzplans Deutschlands, der festlegt, wie stark die staatlichen Ausgaben für den Zeitraum 2024-2028 maximal wachsen dürfen und an welche politischen Maßnahmen bzw. Ziele diese geknüpft sind. Kern der Empfehlung ist die Festlegung eines sogenannten maximalen Ausgabenpfads, an dem sich die deutsche Haushaltspolitik in den kommenden fünf Jahren orientieren soll. Zugleich hat der Rat einer Verlängerung des fiskalischen Anpassungszeitraums auf sieben Jahre zugestimmt. Damit erhält Deutschland mehr Spielraum, seine öffentlichen Finanzen schrittweise an die europäischen Stabilitätsvorgaben anzupassen.
Neu ist die Aktivierung einer nationalen Ausweichklausel ("escape clause") unter dem Stabilitäts- und Wachstumspakt. Sie erlaubt es Deutschland, vorübergehend höhere Verteidigungsausgaben zu tätigen, ohne dass ein Verfahren wegen eines übermäßigen Defizits eröffnet wird – vorausgesetzt, die Ausgabenabweichung ergibt sich ausschließlich aus diesen zusätzlichen Verteidigungsinvestitionen. Diese Flexibilität gilt für vier Jahre und umfasst ein Volumen von bis zu 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Für alle übrigen Ausgaben bleiben die regulären Haushaltsregeln in Kraft. Neben Deutschland haben 15 weitere Mitgliedstaaten die Zusage erhalten, die nationale Ausnahmeklausel zu nutzen.
Mit der neuen Regelung soll die Verteidigungsfähigkeit Europas gestärkt und gleichzeitig die Schuldentragfähigkeit der Mitgliedstaaten gesichert werden. Für die deutsche Wirtschaft bedeutet dies: Einerseits bleibt der fiskalische Rahmen eng an die europäischen Stabilitätsziele gekoppelt, andererseits schafft die zusätzliche Flexibilität Raum für sicherheitsrelevante Investitionen – auch in der heimischen Industrie und im europäischen Verteidigungssektor.